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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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seit 1920 so gut wie keine Zugeständnisse zur Verbesserung der Lage nach dem Krieg gemacht haben. Alles bisher Erreichte ist durch Eigenmächtigkeit oder durch die Androhung von Gewalt erstritten worden. Chamberlain weiß, daß das so gewesen ist, und daß er nun keine weiteren Zugeständnisse unter Drohung dulden darf.

    Vielleicht denkt sich mancher Engländer an diesem Tag, was Churchill kurz vor Hitlers Amtsantritt am 24. November 1932 in einer Unterhausrede ausgesprochen hat:
    „Wenn die englische Regierung wirklich wünscht, etwas zur Förderung
    des Friedens zu tun, dann sollte sie die Führung übernehmen und die
    Frage Danzigs und des Korridors ihrerseits wieder aufrollen, solange die
    Siegerstaaten noch überlegen sind. Wenn diese Fragen nicht gelöst wer
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    den, kann keine Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden bestehen."

    Der letzte Tag vor Kriegsausbruch, Donnerstag, 31. August

    Das soeben erwähnte mitternächtliche Treffen von Botschafter Henderson und Minister von Ribbentrop wird entgegen beider Absicht zum Desaster. Die Nerven der zwei Männer liegen nach so vielen Verhandlungsnächten in der letzten Woche blank. Henderson überreicht die Antwortnote Chamberlains vom 30. August, 18.50 Uhr. 355
    Er fügt dem Brief zwei mündliche Erklärungen hinzu. Die erste betrifft die beiderseitige Zurückhaltung, die nun erwartet werde. Er sagt, man könne von der polnischen Regierung nur eine völlige Zurückhaltung erwarten, wenn die Provokationen durch die deutsche Minderheit in Polen aufhörten. Es seien Berichte im Umlauf, nach denen die Deutschen in Polen Sabotageakte verübten, die die schärfsten Gegenmaßnahmen seitens der polnischen Regierung rechtfertigten. Von Ribbentrop verliert die Beherrschung und entgegnet, daß die

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    Kern, Seite 82
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    Das folgende Gespräch ist der Niederschrift des Chefdolmetschers, Dr. Schmidt, entnommen. Siehe ADAP, Serie D, Band VII, Dokument 461
    unerhörtesten Sabotageakte von den Polen ausgingen. Im Auswärtigen Amt lägen allein Berichte über 200 Morde an Volksdeutschen in Polen vor. Das Gespräch wird frostig.

    Als zweites nimmt Henderson Bezug auf die deutsche Forderung nach Erscheinen eines bevollmächtigten Vertreters der polnischen Regierung in Berlin. Henderson erklärt, die britische Regierung sei nicht in der Lage, der polnischen zu empfehlen, auf dieses Verhandlungsverfahren einzugehen. Sie schlage der Reichsregierung vor, den normalen diplomatischen Weg einzuschlagen und die deutschen Vorschläge an den polnischen Botschafter zu übergeben. Dann fragt Henderson von Ribbentrop, ob er ihm die Vorschläge schriftlich aushändigen könne. Von Ribbentrop merkt, daß die englische Regierung ihren Einfluß bei der polnischen bisher offensichtlich nicht genutzt hat, um sie zu sofortigen Verhandlungen zu bewegen. 356
    Auch aus Polen ist ja bis zur Stunde kein Verhandlungssignal zu sehen. So kann Ribbentrop sogar vermuten, daß England Polen in der Danzig-Frage freie Hand läßt. Ihm kommt der Verdacht, daß die englische Regierung entgegen aller anders lautenden Beteuerungen in Wirklichkeit kein Interesse mehr daran hat, die Polen zum Einlenken zu bewegen, und daß sie auf Zeit spielt bis Hitler aufgibt oder einen Krieg auslöst. Die Empfehlung Hendersons, den normalen diplomatischen Weg zu beschreiten, klingt nach allem anderen, nur nicht nach englischem Bemühen um eine schnelle Lösung. Von Ribbentrop muß fürchten, daß der „normale Weg" viel Zeit kosten und wieder am Nein der Polen enden wird. Der deutsche Minister reagiert verärgert. Statt daß er den Versuch wagt, Henderson mit Hitlers 16-Punkte-Vorschlag zu überzeugen, verliest er den Hitler-Vorschlag so schnell, daß Henderson nicht alles verstehen und behalten kann. Zum Schluß sagt von Ribbentrop, die Offerte sei nun – da kein Pole in Berlin erschienen sei – überholt und weigert sich, sie schriftlich auszuhändigen. Die britische Vermittlung – soweit sie eine war – ist damit erst einmal gescheitert.

    Henderson verläßt das Auswärtige Amt und eilt, um nichts unversucht zu lassen, in die polnische Botschaft. Er informiert Lipski von dem, was er von Hitlers 16 Punkten aus dem Gespräch mit Ribbentrop behalten hat, daß Deutschland lediglich die Abtretung Danzigs und eine Volksabstimmung im Korridor vorsähen, und daß die Vorschläge insgesamt nicht unvernünftig seien. 357
    Angesichts der äußerst kritischen Lage – so drängt Henderson in aller Schärfe – solle Lipski

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