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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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ein Friede des Rechts auf der Grundlage der 14 Punkte
    Wilsons sein würde. Was uns statt dessen jetzt in den Friedensbedingungen
    geboten wird, widerspricht der gegebenen Zusage, ist für das deutsche
    Volk unerträglich und auch bei der Aufbietung aller Kräfte unerfüllbar.
    Gewalt ohne Maß und Grenzen soll dem deutschen Volk angetan werden.
    Aus solchem aufgezwungenen Frieden müßte neuer Haß zwischen den
    Völkern und im Verlauf der Geschichte neues Morden erwachsen. ..." 79

    Doch die Macht der Sieger zwingt zur Unterschrift. England droht, bei Verweigerung der Unterzeichnung des Vertrags die Blockade der deutschen Häfen für die Einfuhr von Nahrungsmitteln und Rohstoffen nach Deustchland und nach Österreich-Ungarn wieder aufzunehmen. Trotz des im November 1918 geschlossenen Waffenstillstands hatte England seine Seeblockade aus dem Kriege bis Mitte Mai 1919 aufrecht erhalten und damit den Waffenstillstand bis dahin permanent gebrochen. Die englische Regierung hatte auch das Ersuchen der deutschen Reichsregierung, wenigstens Weizen, Fette, Kondensmilch und Medikamente während des Waffenstillstands vom Embargo auszunehmen, abgelehnt 80 . Dadurch beklagen Deutschland und Restösterreich bereits bis zum März 1919 fast eine Million Hungertote. Beide Staaten können eine Wiederaufnahme der Seeblockade durch die Briten nur zwei Monate danach angesichts der Hungersnot im Lande nicht riskieren. Zudem droht Frankreich, das nun weitgehend entmilitarisierte Deutschland mit Truppen zu besetzen. In dieser ausweglosen Lage unterzeichnet die Deutsche Delegation in Versailles unter Zwang am 28. Juni 1919 den Vertrag.

    Eine Mantelnote zum Vertrag stellt zunächst die Sicht der Sieger dar. Sie lautet:
    „Nach Ansicht der alliierten und assoziierten Mächte war der Krieg, der
    am 1. August 1914 zum Ausbruch kam, das größte Verbrechen gegen die

    Binder, Seite 120 Deighton, Seite 26
    Menschheit und gegen die Freiheit der Völker, das eine sich für zivilisiert
    ausgebende Nation jemals mit Bewußtsein begangen hat. Während langer
    Jahre haben die Regierenden in Deutschland getreu der preußischen
    Tradition die Vorherrschaft in Europa angestrebt. ... Das Verhalten
    Deutschlands ist in der Geschichte der Menschheit fast beispiellos. Die
    furchtbare Verantwortung, die auf ihm lastet, läßt sich in der Tatsache zu
    sammenfassen, daß wenigstens sieben Millionen Tote in Europa begraben
    liegen, ... Darum haben die alliierten und assoziierten Mächte nachdrück
    lich erklärt, daß Deutschland als grundlegende Bedingung des Vertrags ein
    Werk der Wiedergutmachung bis zur äußersten Grenze seiner Leistungs
    fähigkeit vollbringen muß. ..." 81
    Mit dieser Mantelnote stoßen die „alliierten und assoziierten Mächte" die Deutschen aus der Gemeinschaft der zivilisierten Völker aus. Das wird Folgen haben.

    Der Versailler Vertrag enthält neben aller Unbarmherzigkeit vier besondere Artikel, die sich für die Siegerstaaten als Bumerang erweisen werden. Zuerst ist da die Präambel. Sie beginnt mit dem Satz:
    „Die Vereinigten Staaten von Amerika, das Britische Reich ... (es folgen
    die Aufzählung der weiteren Siegermächte) einerseits und Deutschland
    andererseits ... sind über folgende Bestimmungen übereingekommen: ..."
    Dieses „übereingekommen" beruht auf dem puren Zwang der Stärkeren. Das unterlegene Deutschland ist hier nicht „übereingekommen", auch wenn es das nun unterschreiben muß. Das falsche Wort zu Anfang des Vertrages soll verbergen, daß es sich hierbei um die völlig einseitige Willenserklärung der Sieger handelt. Solches war bei den großen Friedensschlüssen nach den napoleonischen Kriegen und – wie schon erwähnt – nach dem Krieg von 1870-71 nicht mehr üblich und nicht praktiziert. Es stellt einen Rückfall in die Zeiten dar, in denen nur die Eigeninteressen der Stärkeren und nicht der Ausgleich zwischen den zerstrittenen Parteien die Norm der Friedensschlüsse war. Als Adolf Hitler 20 Jahre später mit den dann Unterlegenen gleich verfährt, wird das in Deutschland als ein „Heimzahlen in gleicher Münze" ohne große Skrupel akzeptiert.

    Zum zweiten bestimmt der Versailler Vertrag mit Artikel 8, daß alle Unterzeichner – also auch die Sieger – ihre Armeen „auf ein Mindestmaß herabsetzen". Artikel 8 legt zudem fest, daß das Deutsche Reich als erstes abzurüsten hat, und daß dies die Voraussetzung für den Abbau der Flotten und Armeen der anderen Staaten ist. Der Artikel 8 wird

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