Der Krieg, der viele Vaeter gatte
die französischen Regierungen, sich die Loyalität der großen Mächte England und Italien gegen Deutschland zu erhalten. Dies wird jedoch von nun an schwierig, da beide Staaten in Konflikt geraten und deshalb selbst die Nähe Deutschlands suchen.
Deutschland drücken in dieser Zeit vor allem seine wirtschaftlichen Sorgen. Daneben versucht das Reich, auch das Problem der offenen Grenzen und der fehlenden Verteidigungsfähigkeit zu lösen. Und drittens bemühen sich die Reichsregierungen nach wie vor, den Anschluß Österreichs einzuleiten. Bis 1933 ist dieses noch in gleicher Weise der Wunsch der Regierungen in Berlin und Wien. Als die beiden deutschen Länder 1931 die Gründung einer Zollunion versuchen, stoßen sie auf den vehementen Widerstand der Italiener und Franzosen. Italien hat Angst vor einem Deutschen Reich, das bis zum Brenner und damit an die Südtiroler Grenzen reicht, und Frankreich fürchtet einen Machtzuwachs des deutschen Nachbarn. 1931 vereiteln die Regierungen in Paris und Rom die
Karte 8: Die italienischen Kolonien Erythrea, Ital. Somalia und
ab 1936 Abessinien
deutsch-österreichische Zollunion. 1933 beginnt in Österreich die Diktatur des Kanzlers Dollfuß und somit endet auch der Wunsch aus Wien nach einem Anschluß. Damit befindet sich Österreich unversehens im Lager der Franzosen und der Italiener.
Österreich, bisher der Partner Deutschlands, sucht nun den Schutz Italiens gegen weiteres deutsches Drängen. Italien kann mit seiner Patronage über Österreich damit rechnen, daß Wien in Zukunft keine Forderungen nach Südtirol mehr stellt, und daß Österreich außerdem das Deutsche Reich auf Abstand hält. Frankreich kann fortan wieder mit Italien als Gegner Deutschlands rechnen, und Italien kann sich dieses mit Frankreichs Rückendeckung in Abessmien bezahlen lassen. In der Folgezeit stehen also Frankreich, Italien, England und Österreich in der Abwehr deutscher Anschlußwünsche eng zusammen. Am 17. Februar und 27. September 1934 geben Frankreich, England und Italien in diesem Sinne zwei gemeinsame Garantieerklärungen für die Unabhängigkeit Österreichs von Deutschland ab. Am 17. März des gleichen Jahres schließen Italien und Österreich und in dessen Schlepptau auch noch Ungarn einen Konsultationsvertrag, mit dem sie die Abstimmung ihrer Außenpolitik vereinbaren. Und am 7. Januar 1935 unterzeichnen die Ministerpräsidenten Frankreichs und Italiens die „Römischen Verträge", in denen sie sich ein drittes Mal verpflichten, Österreich gegen deutsche Anschlußwünsche zu verteidigen. Ansonsten stecken die Verträge die Interessen beider Staaten in den Kolonien ab. In einem geheimen Militärvertrag, der den Römischen Verträgen folgt, geben die Franzosen den Italienern außerdem noch freie Hand in Abessinien 50 .
Zu guter Letzt treffen sich am 12. April 1935 Vertreter Englands, Frankreichs und Italiens in Stresa am Ufer des Lago Maggiore, um Österreichs Sicherheit ein weiteres Mal zu garantieren. Die Geschichtsschreibung bezeichnet dieses vorerst letzte Einvernehmen der drei Länder gegen Deutschland als die „Stresa-Front". England, Frankreich und Italien sprechen auf der Konferenz von Stresa über eine Bedrohung Österreichs, die zu der Zeit nicht besteht, und sie übergehen schweigend einen Streit um Abessinien, der sich seit Dezember 1934 zwischen die bisherigen Partner England und Italien schiebt.
Die Italiener glauben seit dem Ersten Weltkrieg, mit ihren Abessinien-Ambitionen keine englischen oder französischen Interessen zu verletzen, doch sie täuschen sich in dieser Hinsicht. Zwischen 1925 und 1934 versucht Italien, im Einvernehmen mit Abessinien und England eine Eisenbahnverbindung zwischen seinen Kolonien Eritrea und Somalia durch Abessinien zu bauen. London willigt ein und läßt sich das mit der Sicherung der ehemals deutschen Erdölkonzessionen im Irak bezahlen. Auch die abessinische Regierung stimmt dem zunächst vertraglich zu, doch hält sie den Vertrag nicht ein.
1934 kommt es zu Grenzstreitigkeiten zwischen Italien und Abessinien und infolge dessen auch zu Auseinandersetzungen zwischen Rom und London. Im Herbst des Jahres 34 beansprucht der abessinische Kaiser Haile Selassi die Oase Wal-Wal im Grenzland zwischen Italienisch-Somalia und Abessinien. Die Grenze dort war bislang nie genau in Karten festgehalten worden. Italien hatte die Oase vor fünf Jahres in Besitz genommen und seitdem besiedelt und befestigt. Italien lehnt die Übergabe ab.
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