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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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unterstützenden Engländer und Franzosen eine gute Aussicht, daß ein Krieg um Danzig mit der Waffenhilfe Amerikas zur Niederlage Deutschlands führen wird. Ein Grund mehr, 1939 in der Danzig-Frage nicht das kleinste Stückchen nachzugeben.

    Die Frage, die sich hier trotz all der schlimmen Verfolgung der Juden in Deutschland stellt, ist, warum sich US-Präsident Roosevelt und mit ihm offensichtlich die amerikanische Nation nicht mit der gleichen Vehemenz und Strenge gegen die ihnen ebenfalls bekannte Drangsalierung der Juden im Staate Polen wenden, und warum sie die Diktatur in diesem Lande akzeptieren. Es fragt sich auch, warum Botschafter Bullitt seinem polnischen Kollegen gegenüber schon 1938 von der „wahnsinnigen Expansion Deutschlands" redet, wo diese bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal begonnen hat. Diese drei Kriterien Antisemitismus, Diktatur und Expansion hätten die Vereinigten Staaten, wenn es allein darum gegan-

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    cash and carry: Bezahlung bei Abholung, lend and lease: Leih und Pacht 162
    AA, 1940, Nr. 3, Dokument 4

    gen wäre, seit 1919 auch immer wieder zu Auseinandersetzungen mit anderen Staaten zwingen müssen. Doch nichts dergleichen ist geschehen. Der Grund für die amerikanisch-deutschen Differenzen, das kann man hieraus schließen, liegt offensichtlich auch in einer gewissen Deutschlandfeindlichkeit der handelnden Personen.

    Der Irrtum mit der „freien Hand im Osten"

    Das Abkommen von München, die deutsch-britische Freundschafts- und Konsultationsvereinbarung vom 30. September, der Schiedsspruch von Wien, die „Reichskristallnacht" und die noch offenen französisch-italienischen Differenzen führen in den Monaten danach zu einem Hin- und Hergezerre in Europa, bei dem es keine klaren Fronten gibt.

    In Frankreich ist man unzufrieden mit dem Münchener Abkommen, weil man glaubt, dort eine Gelegenheit verpaßt zu haben, Deutschland erneut auf ElsaßLothringen verzichten zu lassen 163
    . In England hat man mit der Hitler-Chamberlain-Erklärung vom 30. September ein Dokument, das Deutschland für alle Zeit verpflichtet, bei neuen Differenzen mit dritten Staaten zuerst die englische Regierung zu konsultieren. England legt Frankreich nahe, ein ähnliches Freundschafts- und Konsultationsabkommen mit Deutschland abzuschließen. Nach einigen Verhandlungen sind die Regierungen in Paris und Berlin im November
    1938 zum Vertragsabschluß bereit. Nun gibt es Sperrfeuer aus Italien, den USA und innerhalb von Frankreich. Der „Duce" Mussolini beansprucht Nizza, Korsika, Tunis und Dschibuti von den Franzosen und versucht folglich, die Deutschen von einer Annäherung an Frankreich abzuhalten. Auf der anderen Seite ist es USPräsident Roosevelt, der alle Staaten – so auch Frankreich – auf einer Pressekonferenz am 15. November, kurz nach der „Reichskristallnacht", rät, sich von Deutschland fernzuhalten. In Frankreich selbst sind es einige Gewerkschaften und die Kommunistische Partei, die auf Weisung Moskaus den Versuch unternehmen, den Besuch des Außenministers von Ribbentrop in Paris und damit die Unterzeichnung eines deutsch-französischen Nichtangriffspaktes zu vereiteln. Trotz aller dagegenlaufenden Bemühungen unterzeichnen die beiden Minister des Äußeren von Ribbentrop und Bonnet am 6. Dezember 1938 in Paris dennoch einen Vertrag, der feststellt,
    ● daß beide Länder keine Fragen territorialer Art mehr offen haben,
    ● daß sie feierlich gegenseitig ihre gegenwärtigen Grenzen anerkennen und ● daß sie in Zukunft alle bilateralen Fragen miteinander beraten wollen, wenn die künftige Entwicklung dieser Fragen zu internationalen Schwierigkeiten führen sollte. 164

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    Deutschland hatte auf Elsaß-Lothringen bereits dreimal verzichtet: in Versailles 1919, im LocarnoVertrag 1925 und nach der Saar-Abstimmung 1935
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    Vertrags-Ploetz, Teil II, Band IV, Seite 160
    Mit dem Hitler-Chamberlain-Freundschafts- und Konsultationspapier und dem ähnlichen Ribbentrop-Bonnet-Vertrag haben sich Hitler, Chamberlain und Daladier auf Gegenseitigkeit verpflichtet, daß sich Deutschland, England und Frankreich zukünftig um friedliche Beziehungen bemühen und in heiklen Fragen konsultieren werden. Dies hätte zu einer Mäßigung der deutschen Außenpolitik in der Zeit danach führen müssen, doch ein Mißverständnis oder eine Irreführung oder beides bewirkt das genaue Gegenteil. Der deutsche Außenminister von Rib-bentrop fuhrt mit seinem französischen Kollegen Bonnet vor und nach der

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