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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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dieser irrigen Beurteilung voraus, daß Frankreich die Kriege Deutschlands gegen die Nachbarn in Osteuropa tolerieren werde. Bei der folgenden Besetzung der RestTschechei hält Frankreich aus ganz anderen Gründen still und erweckt damit den Anschein, von Ribbentrop habe die „Zusicherung der freien Hand" in Paris korrekt verstanden. Doch bei dem Angriff gegen Polen kommt Ribbentrops Irrtum voll zum Tragen. Er berät Adolf Hitler falsch, und Frankreich erklärt dem Deutschen Reich drei Tage nach dem deutschen Angriff gegen Polen von sich aus den Krieg.

    Im Falle Polens ist von Ribbentrops Rat jedoch nicht mehr zu verstehen, da ihm Bonnet zuvor mit einem Brief vom 1. Juli mitteilt, daß die Politik der freien Hand

    167
    Paul Karl Schmidt, Seite 32
    168
    Noel, Seiten 246 und 27
    169
    Britisch-Italienisches Abkommen vom 16. April 1938, siehe Churchill Weltkrieg, Seite 115

    sich nicht darauf beziehen könne, Teile eines Nachbarlands mit Militär zu unterwerfen 170
    .

    Ansonsten sind die Monate vor dem Zerfall der Tschechoslowakei und vor dem Einmarsch in die Rest-Tschechei davon geprägt, daß Englands Presse gegen das Abkommen von München zu Felde zieht, und daß Winston Churchill nicht müde wird, gegen das Deutsche Reich zu trommeln. Dementsprechend reagiert die deutsche Presse zunehmend anti-englisch. Im Dezember 1938 und im Januar danach laufen außerdem in England Gerüchte um, von denen niemand weiß, woher sie stammen. Es heißt, Deutschland wollte Holland und die Schweiz erobern, die Ölfelder Rumäniens besetzen, London bombardieren und anderes dergleichen 171
    . So wird die öffentliche Meinung in England schon auf Temperatur gebracht, noch ehe irgendjemand in Deutschland Grund hat, über solches nachzudenken. Im übrigen wird in Deutschland, Frankreich, England, in den USA, in der Sowjetunion und in der Tschechoslowakei um die Wette weiter aufgerüstet.

    Der Zerfall der Tschechoslowakei

    Die Trennung der deutschsprachigen Bevölkerung vom Staat der Tschechen und Slowaken nach der Konferenz von München löst das Problem nicht, das dieser Staat seit seiner Gründung hat. Den Slowaken, Ungarn, Polen und Ruthenen (Ukrainern) sind 1919 in der Vereinbarung von Pittsburgh und im Minderheitenabkommen von Saint-Germain Rechte zugesprochen worden, die sie nun – wie jetzt die Sudetendeutschen – endlich haben wollen.

    Am 4. Oktober 1938 tritt Staatspräsident Beneš, der die Tschechenherrschaft im Vielvölkerstaat der Tschechoslowakei geschaffen hatte, von seinem Amt zurück. Ihm folgt Ministerpräsident General Syrovy, der nun für kurze Zeit die beiden Spitzenämter innehat. Am 29. November 1938 wird Dr. Hacha nach General Syrovy vierter Präsident der Tschechoslowakei. Er ist Verwaltungsjurist und bis dahin ohne politische Tätigkeit und Ambitionen und auch ohne die dem Amt entsprechenden Erfahrungen. Ehe Dr. Hacha als Staatspräsident und Syrovy als Ministerpräsident die Zeit finden, das Land neu zu gestalten, driften die im Staat verbliebenen Völker von selber auseinander. Nach der Abtrennung der Sudetenlande, der Annexion des Teschener Gebiets durch Polen, dem Wiener Schiedsspruch und der Wiedereingliederung der Ungarn in ihr Mutterland gehören nur noch sechseinhalb Millionen Tschechen sowie zwei Millionen Slowaken, knapp eine halbe Million Ruthenen und kleine Minderheiten zum Rest der Tschechoslowakei. Dieser Rumpf soll, so ist es zwischen Tschechen, Slowaken und Ruthenen vereinbart worden, nun zu einem Bundesstaat mit innerer Autonomie für die drei Völker umgestaltet werden.

    170
    Paul Karl Schmidt, Seite 74 und ADAP, Serie D, Band VI, Dokument 602 171
    Henderson, Seite 183
    Am 4. Oktober 1938 beschließen die Ruthenen und am 9. die Slowaken, eigene Landesparlamente aufzustellen und damit ihre Rolle in dem neuen Bundesstaate selber zu gestalten. In Preßburg werden ein provisorischer Landtag und eine vorläufige Landesregierung für die Slowakei und in Užgorod gleichfalls ein solcher Landtag und eine solche Landesregierung für die Karpato-Ukraine gebildet. Die vorläufige Landesregierung für die Slowakei führt ein Monsignore Dr. Tiso, die für die Karpato-Ukraine ebenfalls ein geistlicher Herr, Monsignore Dr. Woloschin. Als die zwei Präsidenten der neuen „Bundesländer" allerdings die ersten Landtagswahlen halten lassen, setzen Schwierigkeiten ein.

    In der Wahl der Ruthenen am 2. Februar 1939 bestätigen 92% der Wähler Woloschin in seinem Amt und die von ihm geforderte innere

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