Der Krieg der Welten
erstickenden Qualm entgangen war. Wir gingen durch den Bushey Park, sahen das Wild unter den Kastanienbäumen und einige Männer und Frauen, die von weither nach Hampton eilten. Das waren die ersten Leute, die wir sahen. So kamen wir nach Twickenham.
Als wir über die Straße blickten, sahen wir, daß das Gehölz jenseits von Ham und Petersham noch brannte. Twickham war sowohl vom Hitzestrahl wie auch vom schwarzen Rauch verschont geblieben, und so fanden wir hier schon mehr Leute, von denen aber niemand uns Neues mitteilen konnte. Zum größten Teil waren sie in derselben Lage wie wir: sie benutzten die augenblickliche Ruhe vor den Marsleuten, um weiter zu fliehen. Ich gewann den Eindruck, daß viele Häuser noch von eingeschüchterten Menschen bewohnt waren, die zu erschreckt waren, um nur die Kraft zur Flucht aufzubringen. Aber auch auf dieser Straße hatte offensichtlich eine Massenflucht stattgefunden. Um halb neun kamen wir bei der Richmond Bridge an. Wir eilten selbstverständlich so rasch wie möglich über die ungedeckte Brücke, dennoch bemerkte ich einige rote Gegenstände, die ein paar Fuß entfernt von mir den Fluß hinabtrieben. Ich wußte nicht, was diese Gegenstände bedeuteten - ich hatte keine Zeit, sie genau zu untersuchen - aber ich legte ihnen eine viel grauenhaftere Bedeutung zu, als sie verdienten. Hier auf der Surreyseite sah ich wieder schwarzen Staub, der einmal Rauch gewesen war, und Leichen - einen großen Haufen beim Eingang zum Bahnhof - aber nirgends war ein Marsmann zu sehen, bis wir uns ziemlich nahe bei Barnes befanden.
Wir sahen in der verdüsterten Ferne eine Gruppe von drei Leuten, die eine Seitenstraße hinab dem Fluß zuliefen; sonst aber schien alles verödet. Im oberen Hügelviertel brannte die Stadt Richmond lichterloh; außerhalb Richmonds war keine Spur von schwarzem Rauch zu entdecken. Plötzlich, als wir uns schon Kew näherten, kamen uns Leute entgegengelaufen, und nicht hundert Yards von uns entfernt sahen wir einen Marsmann über die Hausdächer aufragen. Angesichts dieser Gefahr standen wir wie versteinert da, und hätte der Marsmann herabgeblickt, wären wir rettungslos verloren gewesen. Wir waren so entsetzt, daß wir nicht wagten, weiterzugehen, sondern uns seitwärts wandten und in dem Verschlag eines Gartens versteckten. Leise vor sich hin weinend verkroch sich der Kurat und weigerte sich, noch einen Schritt zu tun. Aber ich hatte mich so darauf versteift, Leatherhead zu erreichen, daß ich mir keine Rast erlaubte; und im Zwielicht wagte ich mich wieder hinaus. Ich schlug mich durch ein Gebüsch und dann entlang dem Grundstück eines großen Hauses und kam so auf die Straße, die nach Kew führte. Den Kuraten ließ ich im Verschlag, aber er hastete mir eilends nach.
Dieser zweite Aufbruch war das Aberwitzigste, was ich je unternahm. Denn es war offenbar, daß die Marsleute hier um uns herumschwärmten. Kaum hatte der Kurat mich eingeholt, als wir entweder dieselbe Kriegsmaschine, die wir früher gesehen hatten, oder eine andere in ziemlich großer Entfernung über die Wiesen auf Kew Lodge zu laufen sahen. Vier oder fünf kleine schwarze Gestalten flohen über die grünlichgraue Fläche und im Nu war mir klar, daß der Marsmann sie verfolgte. Mit drei Schritten war er mitten unter ihnen und sie stoben nach allen Richtungen auseinander. Er gebrauchte nicht den Hitzestrahl, um sie zu vernichten, sondern las sie, einen nach dem andern, auf. Ich glaubte zu erkennen, wie er sie in den großen metallischen Behälter schleuderte, der hinter ihm vorragte, so wie ein Tragkorb über der Schulter eines Arbeiters hängt. Zum ersten Male kam mir jetzt der Gedanke, daß die Marsleute noch andere Zwecke verfolgten als die Vernichtung der besiegten Menschheit. Wir standen einen Augenblick lang wie versteinert, dann kehrten wir um und flüchteten uns durch ein Tor in einen von Mauern umgebenen Garten.
Glücklicherweise fanden wir einen Graben, in den wir mehr hineinstürzten als hinabstiegen, und hier hielten wir uns versteckt. Bis nicht die Sterne am Himmel standen, wagten wir kaum flüsternd miteinander zu sprechen.
Ich glaube, daß es gerade elf Uhr nachts wurde, ehe wir genug Mut faßten, um erneut aufzubrechen. Dieses mal jedoch wagten wir uns nicht mehr auf die Straße hinaus, sondern schlichen an Hecken entlang oder durch Baumpflanzungen hindurch; dabei spähten wir scharf nach den Marsleuten aus, die in der Dunkelheit rings um uns herum zu schwärmen schienen. Der
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