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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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Hitzestrahl aus", sagte ich; und eine Zeitlang gab ich mich der Vermutung hin, eine der großen Kriegsmaschinen wäre gegen das Haus angerannt, so ähnlich, wie ich eine gegen den Kirchturm von Shepperton anrennen gesehen hatte.
    Unsere Lage war so wunderlich, so unbegreiflich, daß wir uns drei oder vier Stunden lang, bis es dämmerte, kaum rührten. Zögernd flutete das Licht herein, nicht durch das Fenster, sondern durch eine dreieckige Öffnung zwischen einem Balken und einem Haufen zerbröckelter Ziegel in der Mauer hinter uns. Zum ersten Mal sahen wir in der Dämmerung das Innere der Küche. Das Fenster war durch eine Masse Gartenerde eingedrückt worden, die über den Tisch, auf dem wir saßen, herabrieselte und sich auf unsere Beine Legte. Draußen war der Boden hoch gegen das Haus aufgeworfen. Am oberen Ende des Fensterrahmens konnten wir eine abgerissene Dachrinne bemerken. Der Boden war mit zerbrochenem Gerümpel aller Art dicht bedeckt. Ein Teil der an die Hausmauer grenzenden Küchenwand war eingestürzt; und nun, da das Tageslicht voll hereinsah, wurde es uns klar, daß der größere Teil des Hauses zertrümmert war. Einen lebhaften Gegensatz zu dieser Verwüstung bot der zierliche Anrichtetisch, der nach der Mode blaßgrün gestrichen war und Kupfergeschirr und Zinnkrüge enthielt. Die Tapete war eine Imitation blauer und weißer Ziegel, und ein paar farbige Bögen hingen lose von den Wänden über dem Küchenherd herab. Als die Dämmerung fortschritt, sahen wir durch den Spalt in der Mauer die Gestalt eines Marsmannes, der, wie ich vermute, bei dem noch glühenden Zylinder Wache stand. Bei diesem Anblick krochen wir so behutsam als möglich aus dem Zwielicht der Küche in die Dunkelheit der Waschküche zurück.
    Ganz unvermittelt fiel mir nun die richtige Auslegung der nächtlichen Vorfälle ein.
    "Der fünfte Zylinder", flüsterte ich, "das fünfte Geschoß vom Mars hat dieses Haus gestreift und uns unter seinen Trümmern begraben."
    Einige Zeit blieb der Kurat still, dann flüsterte er:
    "Gott, erbarme Dich unser!"
    Dann hörte ich, wie er still vor sich hinwimmerte.
    Von diesen Lauten. abgesehen, lagen wir ganz still in der Waschküche. Ich wagte kaum zu atmen und saß da, mit meinen Augen unverwandt auf das schwache Licht der Küchentür starrend. Ich konnte gerade noch das Gesicht des Kuraten unterscheiden, eine undeutliche, ovale Fläche; außerdem noch seinen Kragen und seine Manschetten. Draußen begann jetzt ein Hämmern wie auf Metall, dann ein heftiges Geheul, und dann nach einer kurzen Stille ein Zischen wie das Zischen einer Dampfmaschine. Diese zum größten Teil rätselhaften Geräusche setzten sich mit geringen Unterbrechungen fort und schienen womöglich im Lauf der Zeit an Zahl zuzunehmen. Jetzt hörte man ein gemessenes Aufschlagen, und die Erschütterung, die folgte, ließ alles um uns herum erbeben. Das Geschirr in der Speisekammer klirrte und tanzte. Das dauerte lange so fort, Einmal erlosch das Tageslicht völlig, und der geisterhafte Kücheneingang tauchte in vollständige Dunkelheit unter. Viele Stunden lang müssen wir dort schweigend und fröstelnd gekauert haben,, bis endlich unsere ermattete Aufmerksamkeit erlahmte Endlich erwachte ich, von nagendem Hunger gequält. Ich muß wohl annehmen, daß inzwischen der größere Teil eines Tages vergangen war. Mein Hunger war mit einem Male so heftig, daß er mich zum Handeln trieb. Ich sagte dem Kuraten, daß ich nach Nahrung suchen wolle und tastete mich leise nach der Speisekammer durch. Er gab keine Antwort, aber sobald ich zu essen begann, veranlaßte ihn das leise Geräusch, das ich machte, aufzustehen und mir nachzukriechen.
     

2. Was wir von dem zerstörten Haus aus erblickten
     
    Nach dem Essen krochen wir wieder in die Waschküche zurück; dort muß ich wieder eingeschlummert sein, denn als ich erwachte, fand ich mich allein. Das Aufschlagen und die Erschütterung dauerten mit ermüdender Hartnäckigkeit an. Mehrere Male rief ich flüsternd nach dem Kuraten; endlich tastete ich mich nach der Küchentüre hin. Noch war es Tag, und ich bemerkte meinen Gefährten, wie er am andern Ende der Küche vor dem dreieckigen Loch, das auf die Marsleute hinabsah, ausgestreckt lag. Seine Schultern waren in die Höhe gezogen, so daß ich seinen Kopf nicht sehen konnte.
    Ich vernahm ein Gewirr von Geräuschen, die fast an den Lärm erinnerten, der aus einem Lokomotivschuppen tönt. Der Boden schwankte unter den heftigen Schlägen.

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