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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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auf. Die Geschütze der "Thunder Child" donnerten durch den Qualm, eines nach dem andern; ein Geschoß klatschte dicht neben dem Dampfer ins Wasser, prallte in der Richtung der andern fliehenden Schiffe nordwärts und zersplitterte eine Fischerbarke in Zündhölzchen.
    Niemand aber schenkte dem besondere Beachtung. Beim Anblick des zusammenbrechenden Marsmannes stieß der Kapitän auf der Brücke unartikulierte, gellende Laute aus, und die zu einem Haufen beim Steuerrad zusammengedrängten Reisenden schrien wild durcheinander. Und noch einmal schrien sie auf. Denn drüben, jenseits des weißen Tumults, tauchte ein langer schwarzer Rumpf auf; Flammen strömten aus seinen Mittelteilen, und die Ventilatoren und Schornsteine spien Feuer.
    Die "Thunder Child" lebte noch; das Steuer schien noch unversehrt, und ihre Maschinen arbeiteten. Sie schoß geradeaus auf einen zweiten Marsmann los und war noch hundert Yards von ihm entfernt, als der Hitzestrahl seine Wirkung tat. Mit einem heftigen Getöse und unter blendenden Blitzen flogen ihr Deck und ihre Rauchfänge in die Luft. Der Marsmann wankte bei der Heftigkeit des Zündschlages, und im nächsten Augenblick schoß das flammende Wrack mit der ganzen Wucht seines stürmischen Laufes vorwärts, warf den Marsmann nieder und zermalmte ihn wie ein Stückchen Papier. Mein Bruder schrie unwillkürlich auf. Kochende Dampfwolken hüllten alles wieder ein. "Zwei!" jubelte der Kapitän.
    Jedermann jauchzte und schrie; der ganze Dampfer hallte von einem Ende bis zum andern von den wilden Freudenrufen wider, die zuerst vom nächsten und dann von allen den unzähligen Booten und Schiffen aufgenommen wurden, die das offene Meer zu gewinnen suchten. Der Dampf hing viele Minuten hindurch über dem Wasser und hüllte den dritten Marsmann und die Küste vollständig ein. Und während dieser ganzen Zeit arbeitete sich das Dampfboot stetig auf die hohe See hinaus, fort von dem Schauplatz jener Schlacht. Und als sich endlich der Dampf verzogen hatte, da traten die treibenden Wolken des schwarzen Rauches dazwischen, und von der "Thunder Child" konnte nichts mehr gesehen werden; auch der dritte Marsmann war verschwunden. Aber die Panzerschiffe, die seewärts lagen, waren jetzt ganz nahe lind standen der Küste zugekehrt hinter dem Dampfboot.
    Das kleine Fahrzeug fuhr fort, sich seinen Weg seewärts zu erkämpfen; die Panzerschiffe traten langsam gegen die Küste zurück, die noch immer von der gefleckten Rauchwand, halb Dampf, halb schwarzem Gas, in den abenteuerlichsten Gestalten auf- und niederwallend, eingehüllt war. Die Flotte der Flüchtlinge zerstreute sich nach Nordosten; einige Fischerbarken segelten zwischen den Panzerschiffen und dem Dampfboot. Nach einiger Zeit, bevor sie den sinkenden Wolkenzug erreichten, wandten sich die Kriegsschiffe nach Norden, und mit einer unvermuteten Schwenkung verschwanden sie in südlicher Richtung in dem sich immer mehr verdichtenden Abendnebel. Die Küste verblaßte und verschwand endlich völlig in den langen Wolkenzügen, die sich um die sinkende Sonne lagerten.
    Plötzlich scholl aus dem goldenen Nebelschleier des Sonnenuntergangs das Getöse von Geschützen; und schwarze Schatten tauchten auf und nieder. Alles stürzte wieder an das Geländer des Dampfers und spähte nach dem blendenden Feuerherd des Westens; aber es konnte nichts deutlich unterschieden werden. Ein Schwall dichten Rauches stieg schräg auf und verbarg das Antlitz der Sonne. Das Dampfboot keuchte seinen Weg weiter; und bange Erwartung lastete auf allen.
    Die Sonne versank in graue Wolken; der Himmel zuckte auf und verfinsterte sich wieder, und oben zitterte der Abendstern. Es war schon dunkles Zwielicht, als der Kapitän aufschrie und nach aufwärts deutete. Mein Bruder strengte seine Augen an. Aus dem Grau fuhr etwas hoch auf in die Luft, zuckte in reißender Schnelligkeit schief hinüber zu dem glänzenden Licht über den Wolken des westlichen Himmels, ein flacher, breiter und sehr großer Körper; er raste in einer ungeheuren krummen Linie weiter, wurde kleiner, sank dann langsam und verschwand endlich in dem grauen Geheimnis der Nacht. Und während er so dahinflog, ergoß sich die Finsternis über das Land.
     
     

Band 2
     

1. Unterwegs
     
    Während der Ereignisse der letzten Abschnitte hielten ich und der Kurat uns auf der Lauer in dem leeren Haus in Halliford versteckt, in das wir uns geflüchtet hatten, um dem schwarzen Rauch zu entrinnen. Hier will ich den Faden der

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