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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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Kenntnisse auf. Er stellte sie als schiefe, steife Dreifüße dar, ohne Biegsamkeit und Gewandtheit, was irreführend eintönig wirkte. Die Schrift, welche diese Skizze enthielt, hatte einen bedeutenden Ruf, und ich erwähne sie hier nur, um den Leser vor den Eindrücken zu warnen, die sie hervorgebracht haben mag. Dieses Bild glich den Marsleuten, die ich in Aktion sah, um kein Haar mehr als etwa eine Puppe einem menschlichen Wesen. Für meine Begriffe hätte die Schrift ohne das Bild an Wert gewonnen.
    Anfangs. machte mir, wie gesagt, die Greifmaschine nicht den Eindruck einer Maschine, sondern den eines krebsartigen Geschöpfes mit einer funkelnden Deckhaut; der überwachende Marsmann, dessen zarte Fühlfäden ihre Bewegungen leitete, schien einfach der Ersatz der Gehirnteile eines Krebses zu sein. Aber dann bemerkte ich die Ähnlichkeit seiner graubraunen, öligen, lederartigen Oberhaut mit jener der unten umherkriechenden Körper, und jetzt erst ging mir ein Licht über die wahre Natur dieses geschickten Arbeiters auf. Nach dieser Feststellung widmete ich meine Aufmerksamkeit jenen anderen Geschöpfen, den eigentlichen Marsleuten. Ich hatte ja schon einmal einen flüchtigen Eindruck von ihnen gewonnen, und das ursprüngliche Gefühl des Ekels konnte meine Beobachtung nicht mehr trüben. Überdies war ich ja verborgen und regungslos und nicht unter dem Zwang zu handeln.
    Die Marsleute waren, wie ich jetzt sehen konnte, Geschöpfe, deren Bau allen irdischen Begriffen Hohn sprach. Sie hatten ungeheure runde Körper - oder besser gesagt, Köpfe - von etwa vier Fuß Durchmesser. Jeder dieser Körper hatte mitten auf seiner Vorderseite ein Gesicht. Dieses Gesicht hatte keine Nasenlöcher - den Marsleuten scheint in der Tat jeder Geruchssinn gefehlt zu haben - aber es hatte ein Paar sehr großer, dunkelgefärbten Augen und gerade darunter eine Art fleischigen Schnabels. Auf der Rückseite dieses Kopfes oder Körpers - ich weiß kaum, wie ich es nennen soll - befand sich eine einzige straffe, trommelfellartige Fläche, die später anatomisch als Ohr identifiziert wurde, obwohl sie in unserer dichteren Luft fast nutzlos gewesen sein muß. Um die Mundöffnung herum hingen sechzehn zarte, fast peitschenartige Fühler herab, auf jeder Seite zwei Büschel zu vier. Diese Büschel wurden seither von dem ausgezeichneten Anatomen Professor Howes sehr zutreffend "Hände" genannt. Schon als ich diese Marsleute zum ersten Male sah, machte es mir den Anschein, als bemühten sie sich, mit Hilfe dieser Hände sich aufzurichten. Aber infolge des vergrößerten Gewichts in der Erdatmosphäre war es ihnen natürlich unmöglich. Es ist Grund genug für die Annahme vorhanden, daß sie sich auf dem Mars mit ziemlich großer Leichtigkeit auf ihnen fortbewegen konnten.
    Ihr Inneres - es sei mir gestattet, dies hier schon zu bemerken war, wie der anatomische Befund später lehrte, fast ebenso einfach. Den größten Teil nahm das Gehirn ein, das ungeheure Nervenstränge zu den Augen, den Ohren und den Tastwerkzeugen aussendete. Außerdem waren vollständige Lungen, in die sich die Mundhöhle öffnete, das Herz und seine Gefäße vorhanden. Die Störung ihrer Atmung, die durch die dichtere Luft und die größere Anziehungskraft der Erde hervorgerufen wurde, konnte nur zu deutlich an den heftigen Bewegungen der äußeren Haut wahrgenommen werden.
    Und damit ist die Aufzählung der Organe der Marsleute erschöpft. So seltsam es auch einem menschlichen Wesen scheinen mag, das verwickelte Gefüge der Verdauungswerkzeuge, das den Hauptbestandteil unseres Körpers bildet, war bei den Marsleuten überhaupt nicht vorhanden. Sie waren Köpfe, nichts als Köpfe. Sie hatten keine Eingeweide. Sie aßen nicht, brauchten also auch nicht zu verdauen. Statt dessen nahmen sie das frische, lebende Blut anderer Geschöpfe und führten es in ihre eigenen Adern ein. Ich habe selbst gesehen, wie das vor sich ging, und werde es an der geeigneten Stelle mitteilen. Es mag jämmerlich scheinen, aber ich kann es nicht über mich bringen, das ausführlich zu beschreiben, was länger zu beobachten ich nicht aushalten konnte. Dies möge genügen: das einem noch lebenden animalischen Wesen, meistens einem Menschen, entzogene Blut wurde mittels eines kleinen Röhrchens in den Aufnahmekanal eingeführt. Die bloße Vorstellung dieses Vorgangs erscheint uns ohne Zweifel grauenhaft und abstoßend, aber wir sollten uns, denke ich, zugleich erinnern, wie widerwärtig unsere

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