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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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Erscheinung, mindestens aber von roboterhaft kalter Art, greifen die Erde an, um sie zu unterwerfen, richten zuerst unermeßliche Zerstörungen an, bis sie schließlich durch einen kühnen Held, durch das tapfere Militär oder durch einen blinden Zufall vertrieben oder vernichtet werden. Die Bedrohung jedoch bleibt, und darum muß man sich auf die mögliche Wiederkehr der bösen Außenweltler vorbereiten - durch Wohlverhalten bei staatlichen Anordnungen, durch Wachsamkeit und stetes Mißtrauen gegenüber allem Andersartigen, durch konsequente Aufrüstung und andere „Sicherheitsmaßnahmen".
    Das Schema ist nicht nur einfach, sondern leicht übertragbar auf alle möglichen anderen "Eindringlinge" ganz irdischer Art: Neger, Juden, Kommunisten, Ausländer, Asylanten. Und genau diese Übertragungsmechanismen gehören zur Rezeptionsgeschichte und zur Wiederverwendung dieser Story dazu, diese Kontinuität erst hob den "Krieg der Welten" aus der literarischen Einmaligkeit heraus und machte ihn zum Mythos - dem Mythos der Bedrohung von außen, der sich nahtlos in diverse politische Strategien des 20. Jahrhunderts einpassen ließ. Hat Herbert George Wells das gewollt?
    Nun, es steht außer Frage, daß Wells es so jedenfalls nicht wollte. Dem 1866 in Bromley, Kent, geborenen und 1946 gestorbenen humanistischen Schriftsteller und Sozialisten Wells, dessen Romane "Die Zeitmaschine" und "Die ersten Menschen auf dem Mond" neben dem "Krieg der Welten" am bekanntesten wurden, lag alles andere am Herzen, nur nicht die Propagierung eines reaktionären Zusammenstehens gegenüber allem Fremdartigen und Neuen, und dies ist nicht nur aus seiner allgemeinen Lebensgeschichte und der Summe seines literarischen Nachlasses von mehr als 100 Romanen und Erzählungen zu rekonstruieren, sondern geht auch aus dem Text des vorliegenden Romans selbst klar hervor. Daß die so plastischen und anatomisch penibel genauen Bilder seines Romans ihm geradezu davonlaufen würden, hinein in ein Zeitalter der sich explodierend ausbreitenden optischen Medien und der grenzenlosen optischen Repreduzierbarkeit, hinein auch in ein Zeitalter massivster politischer Indoktrination auch durch Bilder, das konnte er nicht voraussehen. Oder doch?
    Die Gefahr der "Auf einen Blick" -Wirkung von Bildern zumindest hat er gesehen, wenn er - in der Gestalt des in der Ichform berichtenden Chronisten des "Kriegs der Welten"- eine fiktive wissenschaftliche Darstellung jener Ereignisse deswegen kritisiert, weil dort ein marktschreierisch verfälschendes Bild der Marsianer zu finden sei: "Für meine Begriffe hätte die Schrift ohne das Bild an Wert gewonnen." Und tatsächlich geht aus vielen Formulierungen des Romans sehr deutlich hervor, daß die grauenvolle Bildlichkeit der Marsinvasion und aller ihrer Begleiterscheinungen lediglich Mittel zum Zweck waren, um psychologische Dispositionen und gesellschaftliche Widersprüche der Menschheit um die Jahrhundertwende darzustellen - als ein warnendes Beispiel. Daß es hier nicht um eine schlichte Sensationsgeschichte ging, zeigt schon die Tatsache der Vorwegnahme des glücklichen Endes der Invasion: der Leser weiß von Anbeginn an, daß die Heimsuchung vorübergehen wird und der Autor hält auch die Gefühle seiner Leser im Zaume: "Und bevor wir sie (die Marsianer) zu hart beurteilen, müssen wir uns erinnern, mit welcher schonungslosen und grausamen Vernichtung unsere eigene Gattung nicht nur gegen Tiere wie den verschwundenen Bison und den Dodo, sondern gegen unsere eigenen inferioren Rassen gewütet hat... Sind wir solche Apostel der Gnade, daß wir uns beklagen dürfen, wenn die Marsleute uns in demselben Geist bekriegen?"
    Schon nach der Landung des ersten Marsgeschosses, als sich Gaffer an der Absturzstelle des ersten Flugzylinders, der Horsell-Weide zu schaffen machen, wird eine Kompanie Soldaten aufgeboten, "welche jene fremdartigen Geschöpfe vor Gewalttätigkeit schützen sollte". Als es dann aber aber doch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt, fragt der Begleiter des Erzählers entsetzt: ,,Wer sind diese Marsleute?", worauf dieser vieldeutig zurückfragt: "Wer sind wir?" Ja selbst die Tatsache, daß die Nahrungsaufnahme der Marsianer mittels einer lnfusion frischen menschlichen Blutes in ihre eigenen Adern vor sich geht, wird von Wells nicht zu einem Gruselspektakel ausgewalzt, sondern sogleich selbstkritisch reflektiert: "Die bloße Vorstellung dieses Vorgangs erscheint uns ohne Zweifel grauenhaft und abstoßend, aber

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