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Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Titel: Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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seine Fähigkeiten zog er einen aus Draht geflochtenen Bund mit mehreren Dietrichen hervor, die sich bei anderen Gelegenheiten bereits als höchst praktisch erwiesen hatten. Unvergesslich war zum Beispiel, wie er sich eines Nachts in die Hütte von Tante Petronella – die er nicht sonderlich mochte – geschlichen und ihr eine beinahe lebensgroße Ogerpuppe, die er und seine Freunde aus bemalten Kissen, Stoffresten und einem großen Butterfass gebastelt hatten, neben ihr Bett gelegt hatte. Als Krönung des Ganzen hielt er sich bis zum Morgen in einer Zimmerecke versteckt und wünschte der alten Dame, als ihr Schlaf endlich leichter wurde, mit einigen tief gebrummten und zugleich liebreizend gesäuselten Worten einen wunderbaren Guten Morgen. Ihr Schreien, als sie im Nachthemd nach draußen rannte und das halbe Dorf zusammen trommelte (ganz zu Schweigen von den Gesichtern der Alarmierten, die nicht wussten, ob sie die Alte für verrückt erklären oder selbst Reißaus nehmen sollten), war so köstlich gewesen, dass er diesen Scherz noch Jahre danach in wohliger Erinnerung bewahrte.
    Das Schloss war nicht gerade eines der simplen Sorte, ganz im Gegenteil war es seine Silberlinge wert, wie man sagen konnte, denn es hatte in seinem Innern statt einer gleich zwei Zuhaltungen, die man gleichzeitig betätigen musste, wollte man den Mechanismus überlisten. Geschickte Hände ließen sich davon jedoch nicht abhalten – und geschickt, das war unser nächtlicher Besucher auf jeden Fall, denn schließlich war das wohl der Hauptgrund gewesen, weshalb man ihn für jene wichtige Mission ausgewählt hatte. Mit der linken Hand und dem einen Dietrich bog er jetzt eine der Zuhaltungen zur Seite, während er mit der Rechten und einem weiteren Dietrich die zweite Sperre nach innen drückte. Er musste an der Vorrichtung ein paar Mal ruckeln, und – siehe da! – mit einem metallisch klackenden Geräusch sprang der Riegel zurück und ließ eine gänzlich unversperrte Tür zurück. Sofort darauf bewegte sie sich leicht knarrend ein wenig nach innen und gab den Blick in das Zwielicht des angrenzenden Raumes einen Spaltbreit frei. Na, wenn das keine Einladung war!
    Bisher hatte alles geradezu wie am Schnürchen geklappt, und es gab keinen Grund, anzunehmen, dass sich sein Glück so rasch wenden sollte. So schlüpfte das kleine Geschöpf ohne lange zu zögern durch die Türöffnung hindurch und fand sich daraufhin in einem weiten Gewölbe wieder, das vor Stille und Nachtschwärze gähnte. Obwohl auf den ersten Blick nicht allzu viel zu erkennen war, war ihm eines doch sogleich klar: er hatte den Thronsaal Gâlad-Kalûms tatsächlich gefunden!
    Die andere Seite der Türschwelle befand sich in einem Alkoven, von dem aus eine enge Treppenflucht zum erhöhten Fußboden der Halle hinauf führte. Flugs erklomm das kleine Wesen die wenigen Stufen und erreichte bald darauf die Saalmitte, die ihm einen vorzüglichen Überblick bot.
    Na ja, wenn es sich so umsah, hatte es sich die Halle des zwergischen Königs irgendwie noch ein wenig eindrucksvoller ausgemalt, doch wahrscheinlich war seine Fantasie da zu voreilig gewesen. Immerhin erstrahlte am Boden ein farbenprächtiges Mosaik (farbenprächtig vor allem dann, wenn nicht gerade die Nacht wie Teer darauf klebte), die Decke wurde auch hier von reich verzierten Säulen geschultert, und die marmornen Wände waren dort, wo sie nicht mit erlesenen Wandteppichen verhangen waren, kunstvoll behauen und zeigten eindrucksvolle Fresken, Bildnisse und verschnörkelte Runen. Als hilfreich war auf jeden Fall einzuschätzen, dass in die gegenüber liegende Raumecke ein großer Kamin aus dunklem Marmor eingelassen war und in diesem noch immer ein schwaches Feuer glimmte. Das würde seine Suche ein wenig erleichtern, und außerdem sollte das Knistern der Flammen, die an den Holzscheiten leckten, das ein oder andere unbeabsichtigte Geräusch übertönen.
    Der Eindringling eilte zu der schweren Granittafel, die den großen Raum mit Leichtigkeit beherrschte, legte dort einstweilen seine Fackel ab und begab sich zum Thron des Königs, der aufgrund seiner Größe und seiner auffälligen Beschaffenheit aus Malachit leicht von den anderen Sitzen zu unterscheiden war. Dahinter lagen auf einem gemauerten Sockel die beiden Wahrzeichen der Zwergenherrscher, so leicht zu finden, als hätte man sie eigens für ihn (oder einen anderen Dieb) dorthin gelegt. Der schwere Kriegshammer, dessen Griff einige edle Steine als Intarsien

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