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Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)

Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)

Titel: Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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die Fähigkeit besaßen, ihre Gestalten nach Belieben zu verändern. Mal sahen sie größer und mal kleiner aus, mal so füllig wie ein besonders verfressener Oger und mal so spindeldürr wie ein Elb auf Diät. Gemein hatten sie allerdings, dass sie wüste, heulende Geräusche machten und ihre Schlünde immer wieder so weit aufrissen, dass es grotesk wirkte und es schien, als ob sie darin einen Olifanten oder eine mittelgroße Mucklinhöhle verschlingen könnten. Außerdem wirkte ihr immer wieder zerfließendes Antlitz so durchscheinend wie von einer windigen Substanz und schimmerte in einem bläulichen inneren Licht.
    Das sind ganz bestimmt die berüchtigten Kroaks, die Geister des Orklandes
, dachte der Mucklin.
Aber was machen sie außerhalb der Geisterwüste, und warum in aller Welt sind sie so blau?
    Darauf gab es keine Antwort. Doch angesichts dessen, dass die Menschen, Faramon, Fredi und Hermeline das gleiche mitmachten wie er und ihre Bemühungen, die Angreifer, die sie wie Fliegenschwärme umwehten, abzuwehren, ziemlich verzweifelt wirkten, war wenigstens geklärt, dass er nicht mehr schlief. Das hier war ganz und gar echt!
    Die blauen Geister wurden immer zahlreicher und schienen nun auch noch zusehends ungeduldig und wütend zu werden. Zwar hatten sie es noch nicht geschafft, die hilflos wirkenden Zweibeiner zu erwürgen oder zu verschlingen oder was sonst sie mit ihnen vorhatten, doch zogen sie die Schlinge ihrer wabernden, blauen Leiber immer dichter zusammen. Dabei ließen sie ihr Heulen und Stöhnen mittlerweile so laut anschwellen, dass es Neimo und den anderen in den Ohren brummte und sie fürchteten, ihre ohnehin schon wunden Schädel würden jeden Augenblick zerspringen. Wie ein Ozean, in dessen Wellen und Strudeln gierige Raubfische ihre Zähne wetzten, umspülten die geisterhaften Erscheinungen die Gefährten und trachteten danach, ihre Opfer in ihren Fluten zu ertränken. Bei aller Zuversicht: aus diesem Dilemma schien es keinen Ausweg zu geben.
    Plötzlich fühlte Neimo einen unsanften Ruck, als ihn zwei höchst stoffliche Hände packten und seinen Kopf in den Nacken drückten. Er konnte nicht genau erkennen, was für eine Gestalt das war, die an ihn herangetreten war und ihn so furchtbar drangsalierte, da seine Sinne so vernebelt waren wie bei einem richtigen Kater, doch wehrte er sich instinktiv mit aller Gewalt und schlug und trat nach dem Fremden. Allein es half nichts. „Sperr deinen Mund auf – es ist nur zu deinem Besten!“, tönte die Stimme des anderen, und sie klang grauenhaft verzerrt und mit einem tiefen Nachhall rauschend, wie das Echo eines dumpfen Windes, der tief unter der Erde in einer Höhle gefangen war.
    Dann drückte der Angreifer dem kleinen Wesen mit den Fingern der einen Hand gegen die Kiefer, öffnete auf diese Weise seinen Mund einen Spalt weit und flößte ihm anschließend mitder anderen Hand eine ausgesprochen übelriechende, klebrige Tinktur ein.
    „So, das sollte es gewesen sein!“, sagte die Stimme des Peinigers, die von jetzt auf gleich schon gar nicht mehr so unwirklich und fremdartig wirkte. Dann machte er sich von dannen, pirschte sich an den armen Pandialo heran, der wie von der Tarantel gestochen mit den Armen ruderte und sich dabei kaum auf den Beinen halten konnte, und knöpfte sich den schlaksigen Grafen auf die gleiche Weise vor. Und wie Neimo nun erkennen konnte, sah die Gestalt aus wie ein Mensch, mit einem spitzen Hut auf dem Kopf, einem langen Bart und einer Robe als Gewand. Einer Robe, wie sie gemeinhin Zauberer trugen.
    Dann aber erweckte etwas anderes die Aufmerksamkeit des Mucklins. Die blauen Geister verschwanden nämlich, und eine große Erleichterung machte sich in ihm breit. Vor Enttäuschung jammernd und heulend, verblassten die sich windenden und im stetigen Wechselspiel aufblähenden und schrumpfenden Erscheinungen und entfleuchten in Sphären, die wohl niemand außer ihnen – schon gar nicht die Lebenden – zu betreten vermochten (und auch ganz sicher nicht wollten). Bei manchen geschah dies ganz und gar unscheinbar, bei anderen jedoch umso spektakulärer, denn diese explodierten in einem lauten Knall und zerstoben zu blauen Dunstwolken. Bei anderen wiederum sah es so aus, als würden sie sich in ihrem ungestillten Hunger selbst verschlingen.
    Genauso schnell, wie sich Neimos Stimmung gebessert hatte, war es mit seiner Aufmunterung jedoch auch schon wieder vorbei. Ein dumpfes Grollen seines Magens, das klang wie das Röhren einer

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