Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)
und mit dem Bewusstsein, sie vielleicht schon bald wieder gebrauchen zu müssen, an seinem Leib zu tragen. Auch die anderen schienen das zu spüren, denn einerseits waren sie dem Mucklin in den vergangenen Tagen mit einem erhöhten Maß an Respekt begegnet, andererseits schienen sie seine Nähe eine wenig furchtsam zu meiden. Etwas Besonderes zu sein, konnte mitunter die größte Last überhaupt sein.
„Könnt Ihr nicht leiser sein?“, fragte Fredi. „Schließlich habe ich gerade Wache und bin unter anderem verantwortlich dafür, dass der Schlaf meiner Schützlinge nicht gestört wird! Und zu Störungen zählen auch Mucklinzungen, die wieder einmal viel zu locker drauflos plappern!“
„Dann bleib’ hier und erfüll’ deine Pflicht, du unerschrockener Wächter. Ich werd’ mir ein wenig die Beine vertreten und ein paar Beeren und Pilze fürs Frühstück suchen, wenn ich welche finden kann. Ein bisschen Abwechslung tut mir auf jeden Fall gut“, sagte Neimo.
„Oh, darauf hätt’ ich auch Lust! Darf ich ...“ Fredi sprang von dem Stein, auf dem er saß, in die Höhe und schaute Cord mit einem flehenden Blick an, der ihm wie auf den Leib geschneidert war. Und wer hätte einem kleinen Burschen wie ihm, der so steinerweichend dreinschaute, schon etwas abschlagen können?
„Hmmm. Aber bleibt nicht zu lang weg – ich werde ganz sicher nicht nach Euch suchen, wenn es Zeit zum Aufbrechen ist!“, brummte der Barbar.
„Keine Sorge, wir werden überpünktlich zurück sein!“, versicherte Neimo.
„Großes Mucklinehrenwort!“, pflichtete Fredi ihm bei.
„Nicht so schnell! Was von Euren Beteuerungen zu halten ist, haben wir ja schon zur Genüge erfahren! Ich werde Euch begleiten und Euch schön im Auge behalten!“, beschied Hermeline und stemmte die Hände in die Hüften.
„Oh toll, dann wird es ganz sicher noch lustiger“, meinte Fredi und konnte die Enttäuschung in seiner Stimme nicht verhehlen. Die eigene Schwester als Aufpasserin auf den Fersen – was besseres konnte ein Mucklin sich überhaupt nicht vorstellen.
Die drei kleinen Wesen waren noch nicht lange hinfort gehüpft, als sich die ersten zögerlichen Boten des Morgengrauens auf der gezackten Ebene offenbarten. Ein verwaschenes Glühen erhellte den östlichen Horizont und ließ die Kanten der Felszacken scharf hervortreten und wie die gefletschten Zähne von zu Stein gewordenen Raubtieren erscheinen. Bald darauf drang die Sonne in glitzernden Bahnen und bereits mit beachtlicher Kraft durch die frühmorgendlichen Nebelbänke, die von den nördlichen Hochmooren herabkrochen, und verströmte einen Vorgeschmack auf die Hitze, die der neue Tage mit sich bringen würde.
Verdammte Hitze!
, stöhnte Cord innerlich.
Die kocht einem die Birne weich, macht einen träge und wird zweifellos noch einmal mein Untergang sein!
Der Barbar erhob sich gerade, um die anderen so ganz allmählich zu wecken, als es geschah: eine Vielzahl kräftig gebauter, grimmiger Gestalten schälte sich aus dem feuchten Dunst, der sie umlagerte, und zog rasch einen undurchdringlichen Kreis um sie. Die Angreifer besaßen grüne Gesichter, in denen gelbe Zähne blitzten, und richteten einen Wald aus Speeren und Schwertern auf die Gefährten, die somit unweigerlich in der Falle saßen.
„Überfall!“, rief Cord aus voller Kehle und zückte sein riesiges Schwert.
Als ob ich es geahnt hätte!
, schalt er sich innerlich selbst.
Kaum einen Wimpernschlag später standen Sigurd, Faramon, Alva, Pandialo und Cord Rücken an Rücken dicht beieinander und richteten ihre kümmerlich wenigen Schwerter und Bogen der Überzahl der Angreifer entgegen. Und bei allem Mut und Geschick, die sie besaßen – das Zahlenverhältnis sprach eindeutig gegen sie.
„Endlich bekomm’ ich mal ein paar von Euch Orks zu Gesicht“, meinte Sigurd. „Auch wenn ich mich nicht erinnern kann, dass wir Euch eingeladen hätten.“
„Ein paar ist gut – das sieht mir nach mindestens Hundert aus!“, erwiderte Pandialo in einem nervösen Wimmerton.
„Sie haben sich zwischen den Felsen angeschlichen, und ich Blödmann habe sie nicht gehört!“, presste Cord zwischen den Zähnen hervor. Noch immer war er, der im Norden Arthiliens als hervorragender Kundschafter gerühmt worden war, über seine eigene Nachlässigkeit untröstlich.
„Ich schlage vor, dass Ihr jetzt langsam Eure Waffen niederlegt, denn unsere Leute werden leicht nervös, wenn man sie reizt! Und übrigens könnt Ihr froh sein, dass wir Euch
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