Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)
ich hätte wirklich gerne seine Bekanntschaft gemacht, zumal mir schon mein Vater von ihm und seinen Fähigkeiten erzählt hat.“
Mit seiner Umschreibung von Lotans Zustand hatte der Ork kein bisschen übertrieben. Einige findige Handwerker unter den Takskalls hatten dem alten Zauberer vor dem jüngsten Aufbrechen flugs eine Art Sitz mit einer hohen Lehne gebaut, den sie auf einem der Pferde angebracht und an dem sie den weißbärtigen Menschen festgeschnallt hatten. So war er als einziger der großen Reisegruppe während des vergangenen Tages geritten, während die Gefährten sein Reittier abwechselnd an den Zügeln geführt hatten. Das alles hatte jedoch – ebenso wie die Mühe, die sich die Schamanin Unkra angeblich mit ihm gemacht hatte – nichts daran geändert, dass Lotans Zustand weiterhin mit jeder Stunde immer ernstlicher als besser zu werden schien, denn seine Stirn glühte vor Hitze und regelmäßig warf er sich hin und her wie in einem Fiebertraum, wobei er seltsame Wortfetzen murmelte. Sein Leben hing an einem seidenen Faden, der jeden Augenblick zu zerreißen drohte – soviel war jedem klar.
„Ach ja, und wenn Ihr Mucklins wieder ’mal solch einen Ringkampf wie zuletzt planen solltet – weiht mich vorher ein, dann können wir das Ergebnis unter uns absprechen, und später teilen wir uns den Wettgewinn! Wargzähne, Bulokklauen, Dschagga-Dschagga mit Mehlwurmeinlage – alles, was Euer kleines Herz begehrt, ist dann für Euch drin ...“, dröhnte Glaukor und lachte glucksend, sodass sein umfangreicher Wanst bebte.
Neimo und Fredi erröteten – bis auf die blauen Schwellungen um ihre Augen, die sie sich jüngst gegenseitig zugefügt hatten – und sahen schuldbewusst zum Boden. Da hatten sie sich ja einen schönen Ruf eingebrockt!
„Sie sind zu hingerissen, um ihre Begeisterung in Worte zu fassen“, meinte Sigurd trocken. „Aber wenn Ihr noch weitere Abnehmer für Euren Mehlwurm-Dschagga-Dschagga sucht – unser parfümierter Graf hier ist seit gestern ein glühender Anhänger Eures Gesöffs, wie ich glaube.“
Betreten schaute Pandialo auf, als er hörte, dass von ihm die Rede war. „Zu gütig, die Herren, aber meinen Lebtag rühr ich keinen Alkohol mehr an!“, knurrte er dann mit aufgesetzter Höflichkeit und rieb sich den Kopf, der noch immer verkatert war und schmerzte, wie wenn er eine ganze Nacht in einem Freudenhaus durchgezecht hätte.
Sigurd und Faramon, Piruk und Cord, Alva und Pandialo sowie die drei Mucklins und – nicht zu vergessen – der nach wie vor auf seinem Pferd festgeschnallte Lotan der Heiler nahmen den nächsten Teil der Fahrt fortan alleine auf sich und trabten unverändert in südliche Richtung. Stunden um Stunden durchpflügten sie die felsige Landschaft des südlichen Kontinents unter einem Himmel, der so leer und schwer herniederdrückend wie geschmolzenes Blei wirkte. Es war ein Himmel, der aufgrund seiner grauen Färbung stets Regen versprach, jedoch niemals welchen schenkte.
„Hat man Euch schon von
Bel Helim
erzählt?“, fragte Piruk seine neuen Gefährten im Laufe des Nachmittags. „Noch nicht? Nun, dann werdet Ihr sie wahrscheinlich schon bald mit eigenen Augen sehen oder zumindest das, was noch von ihr übrig geblieben ist. Bel Helim war nämlich eine Stadt, eine der größten und prächtigsten des Volkes der Istari, wie es heißt. Sie war einst der Sitz von
Arcamantor
, dem obersten Schamanen von Chimeira, der Königin der Istari.“
„Und was ist mit dieser Stadt geschehen?“, fragte Hermeline wie immer wissbegierig.
„Nun, meinen Vorfahren gelang es nach vielen Schlachten gegen die Istari, die Stadt einzunehmen und zu zerstören. Eine Ruine ist alles, was noch von ihrer einstigen Größe zeugt. Dennoch machen selbst wir Orks seither stets einen weiten Bogen um diesen Ort, denn es ist unheimlich dort, und manche Zungen behaupten, dass die schrecklichen Zauber Arcamantors nochimmer ihr Unwesen treiben.“ Der Takskall grinste und schien sich darüber zu amüsieren, dass er den anderen mehr oder weniger Angst gemacht hatte. Wobei die Beschreibung
mehr
es wohl passender traf, denn keiner wagte es anschließend, noch eine Frage über jene verrufene, untergegangene Stadt zu stellen. Und dennoch war ihre Neugierde geweckt worden.
Die Gefährten mussten bis zum Abend warten, ehe diese befriedigt werden sollte. Der Himmel leuchtete mittlerweile in einem fahlen Rot, und nur noch eine schmale Linie aus geschmolzenem Gold, die langsam am westlichen
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