Der Krieg der Zauberer, Band 3: Die Rückkehr nach Arthilien (German Edition)
übte fraglos auf nicht wenige Gemüter eine beträchtliche Faszination aus. So erhob sich wiederum ein Gewirr aus tiefen Stimmen, und alle erdenklichen Argumente wurden zwischen jenen, die Jorannagars Vision teilten, und denen, die diese ebenso wie Bamba überhaupt nicht lustig fanden, ausgetauscht. Der Eifer, mit dem die Streitenden zu Werke gingen, steigerte sich binnen kurzer Zeit bis zu einer regelrechten Wut, und bald lagen sogar handfeste Streitigkeiten in der Luft, obgleich Oger gemeinhin dafür bekannt waren, dass sie – ganz anders etwa wie Orks – nur höchst selten die Hand gegen ihresgleichen erhoben. Dann jedoch wurden das Getöse und die Beinahe-Ausschreitungen vom Höhepunkt eines jeden Oger-Things unterbrochen: die Oger, die für die Zubereitung desGrillfleisches zuständig waren, klopften mit Löffeln und Kellen gegen Kessel und Töpfe, veranstalteten damit einen Heidenkrach und verkündeten lauthals, dass das Essen fertig war. Und als der Duft nach gebratenem Lindwurm allen Anwesenden in die Knubbelnase stieg, war urplötzlich jedweder Zorn verraucht, so als ob man ein Feuer kurzum mit einem Schwall Wasser erstickt hätte, und alle schienen sich vorerst wieder lieb zu haben (was natürlich täuschte).
Die einzigen, die eine Sekunde zögerten, sich den Bauch vollzuschlagen (was sie allerdings bald darauf nachholten), waren Bamba und Jorannagar. Bamba hatte nämlich noch ein Wörtchen mit seinem Kontrahenten zu wechseln. „Ah, übrigens, Jorannagar –“, sagte er mit einer gedämpften Stimme, in der von Anfang an Missbilligung und Vorwurf mitschwangen, „wo ist eigentlich dein lieber Bruder Drammnar? Normalerweise fehlt er doch nie, wenn es irgendwo Ärger zu machen gibt, oho!“
Jorannagar schien kurz zu überlegen, ob er sich überhaupt zu einer Antwort bequemen sollte. Aber warum nicht? Bamba würde zweifellos nie sein Freund werden, es gab aber auch keinen Grund, ihn unnötig herauszufordern. So oder so würde Bamba ihn niemals aufhalten können, denn trotz dessen hervorragenden Leumunds, was etwa Stärke und Hilfsbereitschaft anging, würde er innerhalb seines Volkes niemals einen größeren Einfluss gewinnen, dazu war er zum einen zu bequem und zum anderen im Umgang mit Worten – wie die meisten Oger – viel zu tapsig.
„Mein Bruder ist unterwegs zu Unterhandlungen , falls du weißt, was das ist. Unterhandlungen, die sich für uns Oger als große Chance erweisen können. Und außerdem scheint es, dass man ihm einen kleinen Spezialauftrag geben will, für den keiner geeigneter ist als er. Es wäre darum auf jeden Fall besser, du würdest deinen Widerstand gegen unsere Pläne aufgeben, Bamba, und einsehen, dass unser Volk nur durch Mut und nicht durch Untätigkeit zu retten ist!“
„ Deine Pläne, Jorannagar, nur deine und vielleicht die von deinem Bruder, diesem fiesen Mistkerl!“
„Bah! Denk doch, was du willst, am Ende wird allein das Thing entscheiden!“
Oger waren nicht gerade als Wesen bekannt, die es besonders eilig hatten oder besonders schnell zur Sache kamen. Und deshalb wussten die beiden Streithähne, dass es noch eine ganze Weile – vielleicht sogar noch mehrere Tage – dauern würde, bis das Oger-Thing eine Entscheidung treffen würde. Trotzdem war für alterfahrene Teilnehmer bereits absehbar, wohin die Reise gehen würde: jedem einzelnen der mehrheitlich sehr alten, gewaltigen Wesen würde es höchstwahrscheinlich freigestellt werden, ob er sich Jorannagar und seinen unverhohlenen Kriegsplänen anschließen oder aber, wie es Bamba vorschlug, sich wieder gemütlich in die Sümpfe begeben und sich der fröhlichen Jagd auf Lindwürmer und andere Biester, die keiner vermisste, widmen würde. Sollte sich jedoch binnen der nächsten Monde erweisen, dass der Aufrührer mit Hilfe dieses Drachen erste Erfolge erzielen und ein Ruhmeslicht auf sein Volk werfen würde, so würde seine Gefolgschaft zweifellos stetig weiter wachsen. Ein echtes Dilemma.
Bamba kratzte sich derweil an seinem kahlen Schädel und fragte sich, was für Unterhandlungen Drammnar im Auftrag seines Bruders wohl führte und was für einen Spezialauftrag man ihm andienen wollte. So weit er ihn kannte, war dieser nur in einer einzigen Sache gut, nämlich darin, Streit anzufangen, andere Wesen zu vermöbeln und zu allen besonders rücksichtslos und gemein zu sein. Tatsächlich hatte Bamba noch nie einen Oger gesehen, der in ähnlicher Weise furchteinflößend, barbarisch, mies und blutrünstig war. Und
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