Der Krieg der Zwerge
lachten. »Danke, dass ihr beiden mich nicht allein habt gehen lassen«, sagte Tungdil ernst.
»Wir haben so viel zusammen erlebt! Denkst du, wir würden unseren Gelehrten im Stich lassen?«, meinte Ingrimmsch erstaunt.
»Und schon gar nicht, wenn er sich an einen Ort begibt, an dem sich der Abschaum der Zwerge aufhält. Du kannst deine Augen nicht überall haben.«
»Der Abschaum«, murmelte Tungdil nachdenklich. »Noch habe ich nichts gesehen und erfahren, was mich die Zwerge Goldhorts weniger achten lässt als unsere.«
Boëndal streckte sich aus und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Du darfst nicht vergessen, dass sie entweder mit gutem Grund ausgestoßen wurden oder ihre Familie denen entspringt, die einmal Unrecht an unserem Volk taten.« Er blickte zu Tungdil. »Das gilt auch für Myr.«
»Die dein Leben gerettet hat«, machte Tungdil ihn gereizt darauf aufmerksam.
Boëndal nickte. »Das habe ich nicht vergessen, und mein Bruder hat einen Eid geleistet, sie zu schützen. Das ändert aber nichts an ihrer Herkunft.«
»Wir haben uns geschworen, zu einer neuen Gemeinschaft im Geborgenen Land zu finden«, erinnerte Tungdil sie an den Eid, den sie auf dem Schwarzjoch nach der Schlacht geleistet hatten. »Zu dieser Gemeinschaft gehören die Freien mit dazu. Sie haben fünf Städte, und die anderen vier werden keinesfalls kleiner sein als Goldhort. Wir brauchen sie, allein schon, um die Sicherheit im Grauen Gebirge zu gewährleisten.« Er hielt dem Blick Boëndals mit zwergischer Entschlossenheit stand. »Wir sind hier, meine Freunde, um mehr über sie und ihre Kultur zu erfahren und zu sehen, ob die Unterschiede zu groß sind.« Kühle sprach aus seinem Blick, als er fortfuhr. »Um ehrlich zu sein, kann ich im Augenblick nur unsere Voreingenommenheit ihnen gegenüber erkennen, die uns voneinander trennt.«
Der Zwilling drehte den Kopf zur Decke. »Wir werden sehen, was Vraccas uns in den kommenden Umläufen noch erkennen lässt«, sagte er ausweichend und schloss die Augen.
Es wird ein hartes Stück Arbeit. Das Biegen von Stahl ist dagegen einfach. Tungdil seufzte, seine Mundwinkel wanderten nach unten. Einerseits freute er sich, nicht ganz allein unter den Freien zu sein, andererseits wünschte er sich etwas mehr Aufgeschlossenheit von seinen Begleitern. Sogar Boëndal, der gemäßigtere der Zwillinge, würde sich nur schwer von einer engeren Zusammenarbeit mit den Geisterzwergen überzeugen lassen. Schon wieder eine Prüfung für mich, Vraccas?, dachte er müde.
»Was unternehmen wir wegen der Feuerklinge?«, fragte Ingrimmsch in das Schweigen hinein. »Soll sie in der Hand der schwarzäugigen Spitzohren bleiben?«
»Wenn Glaïmbar nicht so ein schlechter Kämpfer wäre, müsste ich mir keine Gedanken darüber machen«, gab Tungdil zurück. »Dsôn Balsur wird bald gegen das Heer von Menschen, Elben und Zwergen fallen. Wir werden die Axt zurückbekommen. Jetzt brauchen wir sie nicht, und den Albae bringt sie keinen Vorteil.« Er senkte die Lider. »Aber ich hole mir mein Eigentum wieder.«
»Ho, und schon steht das nächste Abenteuer an. Rate, wer dabei sein wird«, meinte Boïndil fröhlich.
Das Geborgene Land, Dsôn Balsur, 6234. Sonnenzyklus, Frühsommer
Ondori roch das Feuer, das in ihrer Heimat loderte. Es erinnerte sie daran, wie sie selbst in Flammen gestanden hatte. Die Lohen der Feuerklinge hatten Teile ihres Gesichts bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Nun gab es einen zweifachen Grund, eine Maske zu tragen.
Sie befand sich auf der Spitze eines der zahlreichen Wachtürme, in denen einst die Elben der Goldenen Ebene ihre Späher stationiert hatten, und schaute nach Süden, wo dicke, schwarze Wolken in den blauen Himmel stiegen.
Dort lag der Ort der drohenden Niederlage.
Unablässig feuerten die Menschen, Elben und Zwerge mit ihren Schleudern Brandgeschosse in den dichten Wald und verwandelten selbst die toten Bäume mit der Mischung aus Petroleum, Öl, Pech und Schwefel in riesige Fackeln. So brannte eine breite Schneise geradewegs auf den Knochenturm zu, der noch immer in vielen Meilen Abstand zu dem Heer lag. Aber nach dem Waldgürtel folgte eine Ebene, in der sich den Angreifern wenige Hindernisse entgegenstemmen würden.
Die Albin blickte über die Schulter. Auf halber Strecke zwischen der Hauptstadt und dem Wald lag die Festung Arviû; von hier strömten immer neue Albae an die Front, um die Streitmacht des Geborgenen Landes aufzuhalten. Doch auch dieser Strom drohte allmählich zu
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