Der Krieg der Zwerge
»Die Werkzeuge sind nicht das, was ich gewohnt bin, die Esse zieht schlecht und könnte noch heißer sein.« Der Hammerkopf sauste nach unten und brachte das Eisen mehr und mehr in Form. »Unsere Rüstungen werden zwicken, wir haben nicht die Zeit, sie bis ins Letzte anzupassen.«
»Solange sie mich vor den verfluchten Magi schützt, kann sie mir die Haut vom Knochen scheuern«, brummte Ingrimmsch und war damit beschäftigt, die Symbole in ein fertiges Stück zu schlagen. Abschätzend wog er es in der Hand. »Es ist schwer. Wir werden im Kampf langsamer sein als sonst«, warnte er seinen Bruder. »Und der Nächste, der seine Waffe wegwirft, ohne eine zweite dabeizuhaben, bezahlt einen Sack Goldmünzen«, sagte er mit Anspielung auf Boëndal, der bei dem Versuch, Djerůn zu retten, den Krähenschnabel nach dem Reiter geschleudert hatte. »Das ist eine Unsitte.«
Mehr als neun Sonnenumläufe waren sie durch das verschneite Gauragar getrabt. Den Leichnam Djerůns hatten sie zuvor im Kettenhemd samt Helm in der Erde vor Dsôn Balsur vergraben; sie hatten ihm sein Geheimnis gelassen, und sogar Boïndil hatte ein Einsehen gehabt.
Danach waren Tungdil, Ingrimmsch und sein Bruder, Ondori, Rodario und Furgas aufgebrochen, um schnellstmöglich in die Hauptstadt zu gelangen. Narmora würde mit dem Heer reisen und als Schutz bei ihm bleiben, falls die Avatare ihnen unterwegs eine magische Falle stellten.
»Ich hatte sehr wohl noch eine zweite Waffe dabei«, erwiderte Boëndal grinsend und deutete auf ein Handbeil an seinem Gürtel. »Ich werde dir niemals etwas zahlen müssen.« Er deutete mit der Zange auf Tungdil. »Andere dagegen schon, nicht wahr, Gelehrter?«
Tungdil begutachtete den Harnisch, der durch stetes Hämmern entstanden war, rieb sich das erhitzte Gesicht mit etwas Wasser ab und entfernte den grauen Ruß aus seinem lang gewordenen, braunen Bart. Er hörte nur halb hin, seine Gedanken waren entweder auf das Schmieden gerichtet oder auf Balyndis.
In den letzten Tagen war er sehr schweigsam gewesen; er grübelte viel und erkundete seine Gefühlswelt. Die vielen Enttäuschungen machten ihm zu schaffen. Der Verrat von Myr, die ihn dennoch so geliebt hatte, dass sie für ihn gestorben war, Balyndis' Entscheidung gegen ihn und ihre gemeinsame Liebe, die schwindelnden Höhen und unendlichen Tiefen, in die ihn die beiden Zwerginnen gestürzt hatten, verursachten in ruhigen Augenblicken einen Zustand seltsamer Schwermut. Dann gab es nichts, das ihn erfreute, und er konnte nicht anders, als mit seinem Schicksal zu hadern.
Egal, was er anpackte, es war immer mit Schmerz und Unglück verbunden. Manches Mal, aber wirklich nur manches Mal, wünschte er sich, in einem Kampf zu unterliegen und umzukommen, damit er wenigstens in der Ewigen Schmiede von Vraccas seine Seelenruhe fände … »Gelehrter?«, hörte er Boëndal besorgt nachfragen.
Tungdil streifte das Wasser aus dem Bart. »Es ist nichts«, wiegelte er ab und zwang sich zu einem Lächeln. Dann öffnete er die Bändel des Lederschurzes und legte ihn ab. »Ich habe Hunger und Durst auf ein gutes Bier.«
»Ich auch«, stimmte Ingrimmsch seufzend mit ein. »Schade, dass sie hier kein gutes Bier haben.«
Sie verließen die Schmiede und gingen hinüber zu dem Bauernhof, in dem sie sich einquartiert hatten. Schon von weitem rochen sie den Duft von gebratenem Fleisch und frisch gebackenem Brot.
Sie betraten die Stube, in der Furgas auf der schmalen Bank hinter dem Tisch döste. Ondori hatte es sich neben dem Kamin bequem gemacht.
Ihr und ihrem Bogen verdankten sie den Fleischüberfluss, denn obwohl die Dörfler geschworen hatten, dass sich nach dem Wintereinbruch kein Wild mehr in der Umgebung aufhielt, fand die Albin immer ein Ziel, mal ein Reh, dann mehrere Hasen. Sie war eine hervorragende Jägerin, und vermutlich machte sie zwischen den Kreaturen keinen Unterschied. Mensch, Tier, Ork, für sie standen sie alle auf einer Ebene, die sich deutlich unter der einer Albin befand.
Sie hob die Augen nicht, als sie hereinkamen; sie war damit beschäftigt, aus den Knochen und Sehnen der Tiere bewegliche Figürchen zu bauen. Mit ihrem scharfen Messer schnitzte sie die Gebeine in Form und schuf Gesichter. Der Tochter des Bauern fertigte sie sogar eine Knochenflöte an, deren Klang durchaus schön zu nennen war.
Tungdil ahnte, dass sie das, was sie mit den Überresten von Tieren tat, auch mit denen ihrer getöteten Feinde anstellte. Bei der Vorstellung, dass ein Alb oder eine
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