Der Krieg der Zwerge
Schnee, ehe sie schwächer wurde und verebbte. »Sie machen sich an der Quelle zu schaffen«, lautete seine Einschätzung. »Seht, was sie anrichten.«
Boïndil wischte sich den von den Zweigen gerieselten Schnee von den Schultern, und weil er seinen Helm nicht trug, musste er damit leben, dass sich das Weiß in seinen Nacken gestürzt hatte; dort taute es und rann als eisiges Wasser seinen Rücken hinab. »Wenn es bei dem bisschen Wackeln bleibt, kann es das Geborgene Land ertragen.«
»Es wird besser sein, wenn es erst gar nicht dazu kommt, dass sie die Quelle in irgendeiner Weise beschädigen.« Boëndal schaute auf Furgas und Rodario. »So, ihr beiden Langen. Macht euch nützlich und zeigt uns die Schlupflöcher.«
Furgas deutete nach Norden. »Dort haben wir begonnen, ein neues Kanalsystem zu legen. Die alten Röhren sind eingestürzt, also haben wir die Schächte verbreitert und sie aufgemauert wie ein Gewölbe. Die ersten 500 Schritte sind fertig, sie führen uns von außen bis in die Nähe des Großen Marktplatzes.«
»Habt ihr den Zugang irgendwie verschlossen?« Tungdil prüfte den Sitz seiner Ganzkörperrüstung, sie schuf eine sehr beklemmende Enge; auch der Helm, den er sich überstreifte, schränkte die Sicht sehr ein. Die Zwillinge wirkten ebenso wenig begeistert.
»Ich verstehe nicht, wie das der Topfkopf ausgehalten hat«, kam es hohl unter Ingrimmschs Helm hervor, ein lauter Fluch folgte. »Verdammt, ich habe mir den Bart eingeklemmt. Das Ding reißt mir ganze Büschel aus.«
»Ein Holztor«, sagte Furgas. »Damit keine Tiere nachts in die Stadt kommen. Der Zugang liegt versteckt, sie werden ihn sicherlich nicht gesehen haben.« Er wollte losgehen, aber Ondori schob ihn zurück.
»Lass mich nach vorn«, wies sie ihn an. Sie legte einen Pfeil locker auf die Sehne und pirschte voraus, die anderen folgten ihr mit einem Abstand von zehn Schritten.
»Ihr lieben kleinen Hoffnungsträger des Geborgenen Landes«, sagte Rodario, als sie die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten. »Ihr quietscht, klappert und scheppert, als wolltet ihr unbedingt Aufmerksamkeit erregen. Hat denn keiner einen Tropfen Öl dabei, für die Scharniere?«
»Wo wir gerade beim Wundern waren«, Boïndil schob das Visier hoch, »wie hat es Djerůn geschafft, mit dem ganzen Eisen und Stahl am Leib so leise zu sein?«
»Es wäre gut, wenn ihr sein Geheimnis bald ergründen könntet. Ich geriete ungern in Gefangenschaft der Avatare. Versuchen wir es mal damit.« Rodario bückte sich und rieb etwas Schnee auf eine Gelenkstelle, die daraufhin noch erbärmlichere Geräusche von sich gab. »Holla, welch aufsässiges, kleines …«
Ingrimmsch stieß Rodario grob in den Schnee, und er verschwand in einer glitzernden weißen Wolke. »Haltet mir bloß den Schwätzer vom Leib! Mit seinen Einfällen treibt er uns nur in die Arme des Feindes. Wir sollten ihn zur Ablenkung von der anderen Seite nach Porista schicken.«
Aufgebracht sprang Rodario in die Höhe. »Nun, mein wichtigtuerischer Freund Haudrauf und Schlagtot, genau das werde ich auch tun«, sagte er affektiert. »Ich bin immer noch ein unbescholtener Bürger Poristas, der ein Theater betreibt, da dürfte es wohl nicht schwierig sein, in die Stadt zu gelangen.«
»Sei doch vernünftig«, bat ihn Tungdil. »Bleib bei uns …«
»Vielen Dank, nein.« Rodario ließ nicht mit sich verhandeln, er hob den Arm zum Gruß. »Ich warte auf euch am Großen Marktplatz. Bis dahin habe ich gewiss in Erfahrung bringen können, wie die Lage in Porista ist.« Er wandte sich auf dem Absatz um und stolzierte davon.
»Soll er doch gehen«, brummte Boïndil. »Er würde eh unentwegt plappern.«
Tungdil sah ihm nach. Es passte ihm gar nicht, dass Rodario sich von ihnen trennte; mit seiner unnachahmlichen Redegewandtheit hätte er in einer Notsituation nützlich sein können. Andererseits zweifelte er nicht daran, dass sich der Mime einen Weg bis zum Curiosum plaudern würde, ohne auch nur einmal in den Verdacht zu geraten, ein Spion oder ein Feind der Avatare zu sein.
»Ich bin mir zwar nicht sicher, ob er weiß, was er tut, aber er wird es schaffen«, meinte Furgas grinsend. »Er wird ohne Schwierigkeiten hinter die Mauern gelangen, das sei euch versichert. Wer den Verstand eines aufgebrachten Vaters, dessen Tochter verführt wurde, mit Worten einnebeln kann, der kommt überall durch.« Er ging weiter und folgte den Zeichen, die Ondori ihnen in den Schnee malte.
Fußspuren hinterließ die Albin keine. Mithilfe
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