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Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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unmittelbaren Umgebung gab.
Boëndal war den langen Marsch über auf einer Liege entweder hinter einem Pony hergezogen oder bei zu schlechtem Gelände von vier Zwergen getragen worden. Nun schafften sie ihn auf dieser Liege ganz nahe an die heller und heißer werdenden Flammen der Esse.
»Und jetzt?« Ingrimmsch sah auf das bleiche Gesicht seines Zwillings. »Erwacht er gleich?«
Tungdil legte eine Hand auf Boëndals Stirn. Kalt, trocken. »Es hat sich nichts verändert. Die Esse hat ihre Temperatur noch lange nicht erreicht, es wird dauern, bis wir das weiße Feuer zu sehen bekommen.«
»Ja, aber was machen wir dann?«, drängelte Ingrimmsch, nahm die Hand des Kranken und hielt sie fürsorglich fest. »Heißes Bier! Man muss das Bier bestimmt mit einer glühenden Kohle aus der Esse erhitzen und es ihm einflößen«, bot er eine verzweifelte Lösung für das Rätsel an.
»Ich kann es dir nicht sagen, doch ich verspreche, dass wir so bald wie nur möglich nach den Archiven der Fünften und dort nach einem Hinweis suchen.« Er stand auf und winkte die Heilkundige zu sich, damit sie auf den Zwerg Obacht gab, dann klopfte er Boïndil aufmunternd auf das breite Kreuz. »Komm, wir haben noch zu tun.«
Gemeinsam verließen sie die Schmiede. Balyndis blickte ihnen bekümmert hinterher.
In den nachfolgenden Umläufen begann die friedliche Einnahme des Zwergenreiches.
Die Steinmetzen, die aus dem Stamm der Zweiten mitgereist waren, machten sich sogleich an die Ausbesserungsarbeiten in den mitunter stark beschädigten Räumen, und alle packten mit an.
Die Schmiede der Ersten befeuerten die Hochöfen und schufen aus dem glühenden Eisen Beschläge und Platten, um die Eingänge zu sichern oder Verteidigungsvorrichtungen zu schaffen. Das unablässige Klirren der Hämmer durchdrang das Gebirge und erinnerte den Felsen daran, wie lebendig es vor mehr als 6000 Sonnenzyklen in seinem Innern gewesen war.
Die Kunst der Vierten, das Schleifen und Schneiden von Gemmen und Edelsteinen aller Art, wurde noch nicht benötigt, also machten sie sich überall dort nützlich, wo hilfreiche Hände gebraucht wurden, und erforschten mit jedem neuen Sonnenumlauf mehr von den Gängen, Sälen, Hallen und Kavernen.
Doch so sehr Tungdil und die anderen suchten, es fand sich keine Steintafel und kein Pergament, auf dem ein Heilmittel für Boëndal oder auch nur die Legende um die Wirkung des Drachenbrodems geschrieben stand. So verbrachte der eiskalte Zwerg seine Tage und Nächte auf der Liege neben der Esse, ohne dass sich sein Zustand veränderte.
Die Zeit verging dabei wie im Flug, täglich entdeckten sie Vergessenes und staunten über die hohe Handwerkskunst der Fünften, wann immer es um die Bearbeitung von Schätzen ging. Die Ersten, die sich bislang für meisterlich im Umgang mit Gold und anderen Edelmetallen gehalten hatten, gestanden neidlos die Überlegenheit der Zwerge ein, durch deren Gänge sie nun schritten.
Tungdil kam zu dem Entschluss, dass sie hier in den Gängen nichts finden würden, was dem erstarrten Zwilling helfen könnte. So führte er den Trupp an, der in den Norden vordrang, um nach dem Steinernen Torweg und weiteren Geheimnissen zu sehen.
Um genau zu sein, war es auch seine Art der Flucht vor Balyndis, ihrem unwiderstehlichen Lachen, ihrer ganzen freundlichen Art und nicht zuletzt ihrem anziehenden Äußeren.
Allein die Vorstellung, dass Glaïmbar Scharfklinge aus dem Clan der Eisendrücker vom Stamm Borengars Seite an Seite mit Balyndis leben würde, stürzte seine Laune augenblicklich in bodenlose Abgründe der Verzweiflung und schürte ein Gefühl, das ihm nicht geheuer war: Er wünschte dem Zwerg den Tod.
Und kaum dachte er daran, flüsterte ihm ein böser, unsichtbarer Dämon etwas ein. Sein Tod wäre eine feine Sache. Balyndis wäre in einem solchen Fall Witwe und frei in ihrer Entscheidung, wer ihr nächster Gemahl sein sollte.
Tungdil horchte auf. Dass Balyndis' Wahl auf ihn fiele, stand außer Frage.
    Das ist bestens, nicht wahr?, raunte der Dämon und verschwand vorerst aus seinem Kopf. Tungdil erschrak vor sich selbst.
Das verschlossene Gesicht seines Freundes entging Ingrimmsch selbstverständlich nicht, der darauf bestanden hatte, ihn zu begleiten.
»Nun erfährst du eine weitere Seite des Lebens als Zwerg«, sprach er ihn an, während sie rasteten und er sich eine Pfeife stopfte. Sie saßen etwas abseits von der fünfzigköpfigen Gruppe und am steinernen Ufer eines unterirdischen Bachs, niemand konnte sie

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