Der Krieg der Zwerge
hören, und von daher wagte er es, offen zu sprechen. »Ich bin kein guter Redner, Gelehrter, im Gegensatz zu dir.« Er paffte schnell, und der glimmende Span setzte den Tabak in Brand. »Aber ein guter Zuhörer. Dabei muss man nicht zu viel denken.« Die Arme vor der Brust gekreuzt, lehnte er sich gegen den Fels und wartete. »Los. Rede es dir von der Seele.«
»Was denn?«
»Das, was dich bedrückt.« Er tippte mit dem Mundstück gegen Tungdils Kettenhemd. »Raus damit, oder soll ich so lange ihren Namen schreien, bis du den Mund aufmachst?«
Tungdil atmete hörbar aus und schnitt sich von dem getrockneten Pilz und dem Käse ab. »Es ist ungerecht«, lautete sein erster Satz, gefolgt von einer wahren Flut aus Worten, in denen er dem Freund seine inneren Qualen offenbarte. »Ich dachte, ich könnte es ertragen, sie lediglich als Freundin zu haben«, schloss er. »Aber es geht nicht.« Er legte sein Essen hin, der Hunger war ihm gründlich vergangen. Stattdessen nahm er einen tiefen Schluck aus dem Weinschlauch.
»Du wirst ein Säufer, weißt du das?« Boïndil zog schmatzend an der Pfeife. »Du wärst nicht der Erste, der wegen der Liebe im Branntwein ertrinkt«, hielt er ihm das warnende Bild vor Augen. »Ich frage mich, ob mein Bruder und ich nicht Schuld an dem tragen, was du durchleidest.«
»Ihr?« Tungdil wischte sich die dunklen Tropfen, die daneben geronnen waren, aus dem Bart.
Ingrimmsch nickte ernst. »Wir hatten viel Zeit, dich unterwegs, als wir dich ins Reich der Zweiten brachten, auf unser Volk und die Gesetze vorzubereiten. Es scheint, als hätten wir die wichtigsten vergessen oder nicht genügend erklärt. Der Erhalt des Stammes steht an erster Stelle, dann kommt der Clan, dann die Gemeinschaft der Familie. Die Gesetze erhalten … die Ordnung, die uns Geborgenheit und … Sicherheit gibt …«
»Wenn sie gebrochen werden, zerfällt alles«, half ihm Tungdil seufzend, als er die aufkommende Sprachlosigkeit Boïndils bemerkte.
»Genau. Balyndis durfte also nicht anders handeln, verstehst du das?«
»Ich bin bei Menschen aufgewachsen …«
»Auch bei ihnen gibt es sicher von den Familien verabredete Hochzeiten«, brummte Ingrimmsch.
»Mag sein, doch bei den Menschen, die ich kannte, war nur die Liebe entscheidend. Daher dachte ich, es wäre auch bei unserem Volk so.« Er lehnte sich ebenfalls gegen den Stein. »Boïndil, ist es besser, wenn ein anderer die Fünften anführt?«
»Weshalb? Sie haben dich als ihren Anführer angenommen, weil du der Held des Schwarzjochs bist. Du trägst den Gurt von Giselbart Eisenauge, und nur deine Hand verleiht der Feuerklinge die Wirkung, die gegen das Böse notwendig ist.«
»Brauchen sie nicht viel mehr jemanden«, unterbrach Tungdil ihn, »der ihre Traditionen kennt? Der um die Regeln weiß und sein Leben danach ausrichtet? Wir haben uns in einem Gebiet niedergelassen, in dem der Zusammenhalt wichtiger ist als jemals zuvor. Unsere Gemeinschaft ist klein. Ich kann kämpfen, wenn ich gebraucht werde, dazu muss ich nicht ihr Anführer sein.«
Der Zwerg paffte und stieß Rauchkringel zwischen den Lippen hervor; der blaue Dunst löste sich bald auf und verschwand. »Ich weiß, was du meinst, Gelehrter, und deine Worte sprechen einmal mehr für deine Weitsicht.« Er nickte ihm anerkennend zu.
Tungdil schöpfte in der hohlen Hand Wasser aus dem Bach, der neben ihm vorbeiplätscherte, und sog es in den Mund. Es schmeckte unvergleichlich klar, leicht metallisch und dennoch hervorragend. Keine Quelle an der Oberfläche reichte da heran, und es stillte den Durst auf der Stelle. »Ist es unrecht, dass ich mir seinen Tod wünsche?«, fragte er mit gesenkter Stimme und rieb sich mit den feuchten Fingern durchs Haar.
»Wessen Tod? Glaïmbar Scharfklinges?« Ingrimmsch lachte laut. »Sogar ich wünsche ihm den Tod. Er hat dafür gesorgt, dass es meinem besten Freund schlecht geht, und ihm die Liebe seines Lebens genommen.« Er musste wieder lachen, als er Tungdils entsetzten Gesichtsausdruck bemerkte. »Was? Ich bin verrückt, der Kampfrausch und die Sorge um meinen Bruder machen mich irre, hast du das schon vergessen?« Schlagartig kehrte seine Ernsthaftigkeit zurück. »Nein, Tungdil, ich verstehe dich sehr gut. Ich würde Scharfklinge sofort zum Zweikampf fordern, wenn es etwas brächte. Das tut es aber nicht. Chaos schadet unserem Volk, aus einer Tat erwächst die nächste, das Blut würde nicht mehr aufhören zu fließen.« Er klopfte ihm auf den Oberschenkel. »Kopf hoch,
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