Der Krieg der Zwerge
wir anders denken, oder ob es eine Prüfung für unseren Glauben ist.«
Tungdil hielt seine Verwunderung nur schwer im Zaum. Er hatte den Zwilling eher dem Lager zugerechnet, das niemals an der alten Ordnung rütteln würde. Und dann eine solche Frage! »Ich kann es dir nicht beantworten.« Er nahm einen Schluck und machte eine unachtsame Bewegung. Der brennende Schmerz erinnerte ihn an die Löcher in seinem Leib, und er stellte den Krug fluchend ab. »Sind wir vorerst einfach glücklich darüber, dass wir Unterstützung bekommen. Alles andere ergibt sich schon.«
Boïndil wischte sich den Mund ab und rülpste laut. »Was denkst du, wie groß ihr Reich ist, Gelehrter? Zehn Meilen? Fünfzig Meilen? Und wie viele Kämpfer kann uns Gemmil schicken?« Er schenkte sich Bier nach und füllte auch Tungdils Humpen auf. »Ich sage, es werden nicht mehr als dreihundert.«
»Das würde vielleicht ausreichen. Wir könnten uns darauf beschränken, die Orks mitsamt ihrer Sturmleitern in die Tiefe zu stürzen und ihnen mit Steinen die Schädel zu knacken.« Er stieß mit Ingrimmsch an. »So oder so, nach dem Gefecht gegen uns wird es keine mehr von ihnen geben …«
»Bis auf die Schweineschnauzen in Toboribor«, hakte Boïndil nach. »Sie sind viel zu weit von uns entfernt, als dass wir einen raschen Ausflug zu ihnen unternehmen könnten. Dann wird Prinz Mallen das Vergnügen ganz allein haben.«
»Du würdest am liebsten dorthin, nicht wahr? Ich bin ehrlich gespannt, wann deine Kampfgier einmal versiegt«, bemerkte Tungdil kopfschüttelnd, wenn er es auch nicht ganz ernst meinte. »Selbst wenn du ein alter zahnloser Zwergengreis von siebenhundert Zyklen geworden bist, sehe ich dich immer noch in die Schlacht ziehen.«
»Ich werde keine siebenhundert Zyklen erleben, Gelehrter. Ich werde früher den Tod finden, dafür wird ein Pfeil sorgen oder eine Axt oder ein Speer.« Er sagte dies in einer abgeklärten Weise, die Tungdil einen Schauder über den Rücken trieb. »Damit du das nicht falsch verstehst, ich sehne mich nicht nach dem Sterben, das ist vorbei. Nach dem Verlust meiner Smeralda, da wäre ich am liebsten ebenfalls auf der Stelle gestorben, aber jetzt danke ich Vraccas für jeden Sonnenumlauf, den ich erlebe. Aber wenn mein Leben endet, soll es heldenhaft und glorreich sein, wie es Bavragor vergönnt war.« Er prostete Tungdil zu und leerte den Humpen bis auf den Grund. »Auf Bavragor Hammerfaust und alle, die für die Feuerklinge und das Geborgene Land starben!«, rief er laut.
»Mögen wir ihnen im kommenden Kampf nicht folgen«, setzte Tungdil hinterher und trank aus. Ich gebe die Feuerklinge nicht auf. Er hatte sich bereits einen Plan zurechtgelegt. Nach der Schlacht würde er mit langen Grundnetzen zurückkehren und den Weiher abfischen. Lag die Axt irgendwo auf dem Boden des Gewässers, würde er sie finden. Und wenn nicht, besaßen sie die Albae, und deren Reich stand vor dem Fall. Er zweifelte nicht daran, die Feuerklinge zurückzubekommen. Aber ihren Verlust konnte er in nächster Zeit nicht rückgängig machen. Dabei brauchten wir sie nötig. Das Bier, das ihm zuvor noch gemundet hatte, schmeckte plötzlich bitter.
Das Geborgene Land, im Südwesten Urgons, Hauptstadt Dreigipfelburg , 6234. Sonnenzyklus, Frühling
»Du hast mir die Augen für die Hinterhältigkeit der Zwergenstämme geöffnet, und dafür danke ich Palandiell.« König Belletain saß aufrecht in seinem Bett, ein Stapel aus Kissen stützte den Oberkörper. Er trug ein weites Gewand aus Purpurflachs anstelle der leichten Lederrüstung.
Die drei Heiler wichen nicht von seiner Seite, sie tupften unablässig an der offenen Stelle am Schädel herum, die Schwämmchen sogen sich mit trüber, rosafarbener Flüssigkeit voll.
Er deutete auf die Männer und lachte verächtlich. »Da, die Krähen. Sie kreisen um mich wie um Aas und hoffen, dass ich bald ihre Beute werde.« Einen, der ihm zu nahe stand, stieß er kraftvoll weg. Der Heiler strauchelte, Schale und Schwämmchen fielen zu Boden. »Verfluchte Krähen!«, schrie er sie an, und sein Gesicht bekam eine rötliche Färbung. »Kra, kra, kra«, er flatterte mit den Armen, »aber ich bin noch kein faulendes Fleisch. Ich bin der stolze Aar Urgons, ihr werdet mich nicht bezwingen.«
Er hat den Verstand verloren. Der Zwerg ließ sich nichts anmerken. Umso besser. Sein krankes Hirn wird es mir leicht machen, ihm Dinge einzuflüstern.
Belletains Arme senkten sich. »Ich habe überdacht, was ich dir sage,
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