Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
die Tür. »Vergesst nicht, dass sie ihr Leben bald auch mit und für euch aufs Spiel setzen. Stirbt einer der Verbrecher im Kampf um das Geborgene Land, hat er meiner Ansicht nach alle Schuld vor Vraccas beglichen und kann mit erhobenem Haupt an die Esse treten, anstatt die Kohle für andere schleppen zu müssen.« Laut warf er die Tür ins Schloss.
»Hussa, da hat er gekniffen«, lachte Ingrimmsch zufrieden. »Das hat ihm gar nicht geschmeckt, dem schlauen Herrn König.«
»Es war unklug, ihn zu reizen. Wir sind auf ihn angewiesen.« Tungdil stimmte Gemmils Ausführungen in einigen Punkten heimlich zu; Traditionen zu bewahren war nicht immer gut. Er rutschte von seiner Liege und stellte sich neben den Freund, der ihm eine Decke umhängte. »Aber unsere Mission scheint von Erfolg gekrönt zu sein. Damit ist wenigstens der Tod unserer Begleiter nicht umsonst gewesen.«
Sie knieten sich vor dem Feuer nieder, das in dem kleinen Kamin brannte und für angenehme Wärme sorgte, und beteten zu ihrem Gott, damit er die Gefallenen gnädig in der Ewigen Schmiede aufnähme.
Tungdils Gedanken schweiften bald zu den Ausgestoßenen.
Er hätte sehr viel dafür gegeben, einen Blick auf eine Stadt von ihnen zu werfen. Hatten sie ihren eigenen Baustil entwickelt, oder blieben sie dem Althergebrachten treu? Diese und Dutzende von anderen Fragen mussten vorerst unbeantwortet bleiben, mindestens solange, bis die Schlacht gegen die letzte große Orkhorde des Geborgenen Landes geschlagen war. Sein Entschluss, durch dieselbe Tür wie Gemmil zu schreiten und in das geheime Reich zu gehen, sei es auch nur für wenige Sonnenumläufe, stand fest.
Sein Wissensdurst setzte sich dort durch, wo ein Zwerg wie Ingrimmsch angewidert verlangte, in sein Heimatgebirge zurückzukehren. Er fand die Vorstellung spannend, Neues zu erkunden und daraus zu lernen. Eine solche Zange beispielsweise, wie die Helfer der Chirurga sie benutzt hatten, um das Kettenhemd zu sprengen, sah er zum ersten Mal.
Sein Freund hatte das Gebet beendet, er stand auf und schlenderte zur Nische, wo man etwas zu essen für sie bereitgestellt hatte. Hungrig schlug er die Zähne ins Brot und winkte nach Tungdil.
»Komm schon, du musst auch was essen«, sagte er undeutlich mit vollem Mund und schaffte es tatsächlich, Brösel in seinem Bart zu verteilen. »Es wird kein leichter Rückmarsch mit deinen Verletzungen. Aber du wirst von Myrmianda gut versorgt werden.«
    Wie gut, dass mich die Pfeile trafen, dachte er unwillkürlich und sah das Gesicht der Chirurga vor sich. Sogar ihr Wangenflaum war schlohweiß, mit einem leicht silbrigen Einschlag …
Das schlechte Gewissen überkam ihn, hielt ihm anklagend die Züge von Balyndis und sein erst kürzlich gegebenes Treueversprechen vor. Es gilt nichts mehr, sie hat einen anderen, mit dem sie durchs Leben geht, sagte er sich. »Ja.
    Sie wird schon dafür sorgen, dass ich auf den Beinen bleibe«, gab er leichthin zurück und gesellte sich zu Boïndil, um die Speisen zu kosten.
    »Kochen können sie ganz gut«, gestand Ingrimmsch den Freien zu. Seine Wangen drohten zu platzen, so voll gestopft hatte er sie. »Dennoch ist mir nicht ganz wohl dabei, Seite an Seite mit einem Zwerg zu kämpfen, der vielleicht wegen Mord oder Totschlag aus seinem Stamm verstoßen wurde.« Er biss herzhaft in ein Stück Käse, das einen Geruch verströmte, der sogar stinkende Orks betäubt hätte. »Es war rechtens, dass sie verbannt wurden.« Er hörte auf zu kauen und schaute zu Tungdil. »Es war doch rechtens oder, Gelehrter?«, vergewisserte er sich.
    Tungdil nickte schwach. Dann täuschte er vor, den Mund voll zu haben, und labte sich an dem Krug mit kräftigem Schwarzbier.
    In Wahrheit brachten ihn die Ausführungen Gemmils zum Sinnieren.
Leider ergaben einige Aussagen tatsächlich Sinn – jedenfalls für ihn, der es gewohnt war, bei Menschen zu leben, die gern über etwas stritten und es aufgrund ihrer Stellung als Gelehrte gewohnt waren, selbst die unerschütterlichsten Dinge in Zweifel zu ziehen. Stillstand hatte es bei LotIonan niemals gegeben. Traditionelle Zwerge glichen eher den Gebirgen, in denen sie lebten: starr, unbeweglich, beharrend.
Boïndils Kiefer mahlten langsamer als vorher, seine Augen starrten abwesend auf die Wand, auch er schien mit Nachdenken beschäftigt. »Ich frage mich«, sagte er unvermittelt, »ob es Vraccas' Wille ist, dass wir das Feuer der Veränderung aus der Esse der Verbannten hinüber ins Graue Gebirge tragen, damit auch

Weitere Kostenlose Bücher