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Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition)

Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition)

Titel: Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swetlana Alexijewitsch
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mich irgendwie abzulenken, brachten sie mir Blumen. Mama pflückte mir meine geliebten Glockenblumen ... Das Kleid, das ich bei der Gestapo angehabt hatte, bewahrte Mutter auf. Selbst als sie starb, lag es noch unter ihrem Kopfkissen. Bis zu ihrem Tod ...
    Zum ersten Mal stand ich wieder auf, als ich unsere Soldaten sah. Plötzlich sprang ich, die über ein Jahr lang fest gelegen hatte, auf und rannte hinaus auf die Straße: ›Ihr Lieben! Meine Allerliebsten ... Ihr seid wieder da ...‹ Die Soldaten trugen mich zurück in unsere Hütte. Im Überschwang lief ich am zweiten und am dritten Tag ins Wehrkomitee: ›Gebt mir was zu tun!‹ Sie sagten meinem Vater Bescheid, und er kam mich abholen: ›Kind, wie bist du bloß hergekommen? Wer hat dir geholfen?‹ Meine Kraft reichte nur für ein paar Tage. Dann kamen die Schmerzen wieder. Die Qualen. Ich schrie tagelang. Wer an unserer Hütte vorbeiging, betete: ›Herr, nimm ihre Seele zu dir oder hilf ihr, dass sie sich nicht so quält.‹
    Gerettet hat mich der Heilschlamm von Zchaltubo. Und der Wille zu leben. Leben, leben und sonst nichts. Ich habe noch gelebt. Gelebt wie alle anderen auch ... Vierzehn Jahre habe ich in der Bibliothek gearbeitet. Das waren Jahre voller Freude. Meine allerschönsten Jahre. Doch jetzt ist mein Leben nur noch ein einziger Kampf gegen die Krankheiten. Das Alter, da können Sie sagen, was Sie wollen, ist ein übles Ding. Dazu noch die Krankheiten. Und die Einsamkeit. Die langen schlaflosen Nächte ... So viele Jahre sind vergangen, aber mein schlimmster Albtraum, von dem ich in kaltem Schweiß aufwache ... Ich erinnere mich nicht an Anjas Familiennamen ... Ich weiß nicht mehr, von wo sie stammte, aus der Gegend von Brjansk oder von Smolensk. Aber ich erinnere mich, wie sehr sie sich gegen das Sterben sträubte. Sie legte die molligen weißen Hände hinter den Kopf und rief durch das Fenstergitter: ›Ich will leben!‹ Ich weiß nicht, wem ich davon erzählen soll ... Wie ich ihre Angehörigen finden kann ...
    Sehen Sie, Sie weinen ... Ich habe ihre Angehörigen nicht gefunden ... Jedem, der weint, erzähle ich von ihr ...«
    Sofja Mironowna Wereschtschak , Untergrundkämpferin
    »Nach dem Krieg erfuhren wir von Auschwitz, von Dachau ... Ich erschrak: Wie schlimm können Menschen sein ... Wie danach weiterleben? Und ich sollte bald entbinden ...
    Da wurde ich in ein Dorf geschickt, Unterschriften für die Volksanleihe sammeln. Der Staat brauchte Geld, die Betriebe mussten wieder aufgebaut werden.
    Ich kam an – das Dorf existierte nicht mehr, alle lebten in der Erde ... In Erdhütten ... Eine Frau kam heraus, ihre Kleidung sah zum Fürchten aus. Ich kroch in die Erdhütte, da saßen drei Kinder, alle halb verhungert. Sie zerstieß etwas im Mörser, irgendwelches Grünzeug.
    Sie fragte mich: ›Du kommst sammeln für die Anleihe?‹
    ›Ja.‹
    ›Geld habe ich keins, aber ich habe ein Huhn. Ich geh mal zur Nachbarin, sie wollte es gestern haben – wenn sie es mir abkauft, dann gebe ich dir das Geld.‹
    Noch heute habe ich einen Kloß im Hals, wenn ich davon erzähle. Ihr Mann war gefallen, sie hatte nur noch ihre drei Kinder und nichts als dieses eine Huhn, und das verkaufte sie, um mir das Geld zu geben. Wir sammelten damals Bargeld. Sie war bereit, alles herzugeben, Hauptsache, es war Frieden, damit ihre Kinder am Leben blieben. Ich erinnere mich noch an ihr Gesicht. Und an alle ihre Kinder ...
    Ich gewann die Menschen wieder lieb. Ich vertraute ihnen ...«
    Klara Wassiljewna Gontscharowa , Flak-Soldatin

»Mama, was ist ein Papa?«
    Sie haben vom Krieg erzählt als Soldaten. Und als Frauen. Nun erzählen sie als Mütter ...

Vom Baden eines Kindes und von einer Mama,
die aussieht wie ein Papa
    »Ich renne ... Wir sind mehrere. Wir laufen weg ... Wir werden gejagt, beschossen. Und dort steht meine Mutter, die MP s sind schon auf sie gerichtet. Aber sie sieht uns weglaufen. Und ich höre ihre Stimme, sie ruft etwas. Hinterher erzählten mir die Leute, was sie rief. Sie rief: ›Gut, dass du das weiße Kleid anhast und die weißen Schuhe. Dich wird ja niemand mehr umziehen.‹ Sie war überzeugt, dass ich getötet würde, und freute sich, dass ich weiß gekleidet war ...
    Es war ganz still ... Sie hatten plötzlich aufgehört zu schießen. Ich hörte nur meine Mutter rufen. Oder vielleicht schossen sie doch? Ich erinnere mich nicht ... Ich erinnere mich nur an Mutters Stimme ...
    Im Krieg ist meine ganze Familie umgekommen. Als der

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