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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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Menschen, war berührt von Magie und gesegnet mit einer Anmut, die sie nur bewundern konnte. Sie waren ganz anders als die Ungeheuer aus den Legenden. Ein Leben unter den Vis Sestani mochte besser sein als alles, was ein Kind von ihr in einem Dorf haben konnte – vor allem, wenn ihr nächstes Kind wie Aubry in einem ungesegneten Bett geboren wurde. Odosse hatte keinen Ehemann und nur geringe Aussichten darauf, einen zu finden, da sie bereits den Bastard eines anderen Mannes auf dem Rücken trug. Sie konnte sich im Hinblick auf das Leben, das ihren Kindern bevorstand, nicht selbst etwas vormachen.
    Nein, sie weigerte sich nicht um ihres Kindes willen. Sie weigerte sich um ihrer selbst willen.
    Odosse konnte sich nicht vorstellen, ein Kind zur Welt zu bringen, es großzuziehen, es zu lieben und es dann Fremden zu überlassen, die an dem Tag, an dem es der Mutterbrust entwöhnt wurde, kommen konnten oder ein Jahr später oder zehn Jahre später. Ihr Kind zu lieben, das war keine bewusste Entscheidung; sie hatte Aubry vom ersten Augenblick an grenzenlos geliebt, als sie sein schreiendes, verhutzeltes Gesicht gesehen hatte, und sie konnte sich nicht vorstellen, für irgendein Kind, das sie vielleicht noch gebären würde, weniger zu empfinden.
    Vielleicht – vielleicht – ginge es, wenn die Vis Sestani den Säugling in dem Augenblick der Geburt einforderten, sodass sie nie die Gelegenheit bekäme, sein Gesicht zu sehen oder ihn in den Armen zu halten und das winzige Herz schlagen zu fühlen … Vielleicht hätte sie ihren Preis dann zahlen können. Aber nicht, wenn sie das Kind erst lieb gewonnen hatte. Aubry war noch kein Jahr alt, und er war bereits ihre ganze Welt; Odosse konnte unmöglich ein Kind hergeben, das sie fünf Jahre lang in den Armen gehalten hatte. Eine solche Trennung würde ihr das Herz brechen.
    Sie konnte es nicht tun. Selbst wenn es Wistan das Leben kostete.
    Odosse fütterte Aubry mit einem weiteren Bröckchen zerkauten Wildbrets, eine Fingerspitze voll diesmal, und gab noch etwas für Wistan in warmes Wasser. Sie wusch und wickelte beide Babys so sorgfältig, als seien sie aus pelossanischem Kristall gemacht, dann legte sie die beiden zum Schlafen in weiche Kaninchenfelle, aber die nächtlichen Rituale trugen nichts dazu bei, den Schmerz der Schuld in ihrer Kehle zu lindern. Jeder Bissen Essen, den sie Wistan mit großer Mühe zwischen die Lippen schob, jedes Stückchen Fell, das sie um ihn schlang, war eine Erinnerung daran, dass es in ihrer Macht stand, mehr für ihn zu tun, und dass sie sich geweigert hatte.
    In dieser Nacht dauerte es lange, bis der Schlaf kam.
    Am Morgen erreichten sie eine Abzweigung der Straße und trennten sich von den Vis Sestani. Es gab keinen förmlichen Abschied. Odosse wollte ihnen nicht gegenübertreten, nicht in dem Wissen, dass sie Wistans letzter Hoffnung Lebewohl sagte, und Brys hatte niemals eine freundliche Beziehung zu ihnen gehabt. Die Wagen rollten einfach weiter und ließen sie zurück. Brys und Odosse machten sich auf den Weg nach Süden, zu Karchels Turm, von wo aus es weiter in das ferne Seewacht gehen sollte, und das Sternenvolk ritt nach Osten davon. Binnen einer Stunde waren die Wagen mit ihren Glöckchen außer Sicht, und sie waren wieder allein auf der Straße.
    Mittags begann es zu schneien. Die ersten verstreuten Flocken verdichteten sich schon bald zu einem Vorhang, den der Wind verwehte und der die Mähne des Pferdes weiß färbte und auf Odosses Wimpern klebte. Kleine Verwehungen türmten sich auf Brys’ Schultern; die Straße verschwand unter einer Decke aus Schnee. Odosse senkte den Kopf und trottete halb blind hinter Brys her; die Umrisse des großen Mannes waren ihr einziger Führer durch den Sturm.
    Schneewolken verbargen die Sonne und warfen ein Leichentuch über die bewaldeten Hügel. Die Abenddämmerung kam früh. Odosse stellte ihr Zelt unter einer Gruppe von Bäumen auf, deren Äste über ihnen dicht ineinander verwachsen waren, während Brys fast eine Stunde darauf verwandte, Zweige zu hacken und als Windschutz für das Pferd zwischen gebeugte junge Stämmchen zu flechten. Er band eine Wolldecke über den Rücken des Tieres und schob eine Hand unter die Stricke, um sich davon zu überzeugen, dass sie es nicht wund rieben, dann schüttelte er eine großzügige Menge Hafer in den Futtersack.
    »Den brauchen wir für Haferschleim«, protestierte Odosse, als sie sah, wie viel Brys dem Pferd gab.
    »Bei diesem Wetter braucht es den

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