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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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sein Ziel erreicht hatte. Um Heimlichkeit bemühte sich der Verbrannte Ritter nicht. Er folgte der Spur, die sie für ihn gelegt hatte, geradewegs den Hügel hinauf. Sein Umhang mit dem Sonnensymbol und seine dunkle Haut verrieten jedem, wer er war. Er hielt sein Schwert und seinen Schild in Händen und trug Kettenhemd und Beinlinge aus Silberketten; und er kam allein.
    Hätten sie Pfeile gehabt, so hätten sie ihn von der Waldgrenze aus beschießen können. Es war noch früher Morgen; sie hatten die Sonne im Rücken, und dem Verbrannten Ritter schien sie in die Augen, dazu blendeten ihn der grelle Himmel und der frisch gefallene Schnee. Es wäre ein Kinderspiel gewesen, ihn niederzuschießen. Mirri hätte es tun können, selbst mit ihrem verwundeten Arm.
    Severine tat es nicht.
    Mit wachsendem Unbehagen beobachtete Albric, wie der Verbrannte Ritter unter den blattlosen Bäumen für eine Weile außer Sicht geriet. Die Krähen hockten noch immer in den Ästen; die Dornenlady konnte ihn nach wie vor beobachten.
    »Zieht Euch zurück!«, befahl Severine einige Momente später. »Er kommt.«
    »Warum ergreift Ihr ihn nicht jetzt schon?«, fragte Albric. Was hatte sie Schlimmes mit dem Mann vor, wenn sie sich gegen den einfachen Mord entschied?
    Die Dornenlady zuckte die Achseln. »Er ist nicht so ungeschützt, wie er aussieht. Unter der offenen Sonne wacht seine Göttin über ihn. Aber er wird im Schatten zu uns kommen … und ich habe noch andere Gründe zu warten.« Sie schlüpfte zurück durch das Unterholz und glitt völlig lautlos über ineinander verschlungene Dornensträucher und knirschenden Schnee.
    Albric zog sich langsamer und mit mehr Lärm zurück. Er war tüchtig im Wald, aber kaum ein Waldspäher aus Nordmarchain; er hatte nicht die Gabe, so etwas leise zu tun, selbst wenn er es versucht hätte. Und das tat er nicht. Als er sich auf die Lichtung zurückzog, zertrampelte er Blätter und vereiste Zweige und erlebte einen kurzen Moment der Wonne, als die Dornenlady bei seiner Ankunft die Lippen zusammenpresste.
    Er sah die Ghulhunde vortreten und die Lichtung unter den Ahornbäumen umkreisen, während er und Severine sich tiefer in den Wald zurückzogen. Es waren mehr, als er erwartet hatte. Fünf, nicht zwei. Ein sechster sprang herbei und schloss sich ihnen an. Dann ein siebter. Sie hatte außer den Pilgern noch weitere Männer getötet, um so viele Ghulhunde zu erschaffen. Albric wusste nicht recht, ob er erleichtert sein sollte, weil er mit diesen Toten nichts zu tun gehabt hatte, oder angewidert, weil er keine Gelegenheit gehabt hatte, das Gemetzel zu verhindern.
    »Ich habe geglaubt, Ihr hättet sie hinter dem Säugling her geschickt«, murmelte er, als die Ghulhunde herauskamen. Drei gegen einen, damit wäre der Verbrannte Ritter vielleicht fertig geworden. Drei gegen zwei, gewiss, wenn Albric sich ihm anschloss. Aber sieben gegen einen bedeutete den Tod für den einen, selbst wenn er sterblichen Männern gegenüberstand, und Ghulhunde starben nicht so einfach. Sieben gegen zwei war nicht viel besser. Wieder verfluchte er Kelland dafür, dass er seine Bogenschützin zurückgelassen hatte. Was war nur in den Mann gefahren?
    »So viele Ghaole braucht es nicht, ein Kind zu töten«, flüsterte sie, und die Worte waren kaum zu verstehen in dem Wind, der durch die Äste pfiff. »Und Ihr habt mich daran gehindert, den Rest zu töten, nicht wahr? Also habe ich die meisten meiner Schoßtiere in meiner Nähe gehalten.«
    Ein Krachen zwischen den Bäumen hinderte Albric an einer Antwort. Sir Kelland schlug das Unterholz mit seinem Schild beiseite und trat auf die Lichtung. Schnee füllte die Ritzen in seinen Beinschienen; falls er diesen Morgen überlebte, würde er Stunden damit zubringen müssen, den Rost auf seiner Rüstung abzuschmirgeln.
    Der Ritter zögerte beim Anblick des Zelts auf der leeren Lichtung, aber einen Moment später ging er weiter. Er trat neben den flatternden Zelteingang und schob ihn mit der Spitze seines Schwerts auf. Als kein Armbrustbolzen herausgesirrt kam, spähte er durch die Öffnung. Was immer der Verbrannte Ritter dort sah, er zog sich mit einer Grimasse zurück. »Dorne!«, brüllte er. Ein Strahl des Sonnenlichts flammte hell auf, als er die Klinge des Ritters traf. »Komm heraus! Ich weiß, dass du hier bist! Ich spüre dich. Komm heraus!«
    Severine blieb, wo sie war, dieses seltsame, kleine Lächeln nach wie vor auf den Lippen. Ihre Ghulhunde griffen an.
    Sie sprangen in

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