Der Krieger und der Prinz
nicht nötig, damit dieser Ghaole allein und dem Untergang geweiht war.
Der Anblick erfüllte Albric gleichzeitig mit Demut und Stolz. Hoffnung blühte in seiner Brust auf, strahlend und heiß wie das Lodern von Celestias heiligem Licht. Das waren die Macht und der Ruhm der Göttin, der er abgeschworen hatte. Das bedeutete es, ein gerechter Mann zu sein. Es trieb ihm beinahe Tränen in die Augen, dazustehen und den Mut des Verbrannten Ritters zu beobachten. Weshalb war er so sehr vom Weg abgekommen? Weshalb hatte er vergessen? Warum?
Neben ihm schlug Severine die Kapuze zurück und schritt voran. Albric folgte ihr, erneut sehr zögernd. War er noch immer würdig, neben dem Verbrannten Ritter zu stehen? Er zog sein Schwert, hielt es jedoch locker in der Hand, sodass die Spitze beinahe durch den Schnee schleifte.
»Eine beeindruckende Darbietung«, sagte Severine, als sie auf die Lichtung trat. Die drei überlebenden Ghulhunde schlichen neben ihr her. Der Ghaole, der in Kellands Mauer gefangen war, kreischte und zuckte und war außerstande, sich zu befreien. »Ich kann erkennen, warum meine Herrin dich haben will.«
»Dann komm und hol mich«, knurrte der Verbrannte Ritter. Schweiß perlte auf seiner dunkelbraunen Haut und hing wie Tau an seinen Zöpfen, aber er schien nicht müde zu sein. Er legte beide Hände um den Griff seines Schwerts mit dem Sonnenzeichen und stieß die Spitze in die Erde. Zwischen seinen Fingern pulsierte der goldene Knauf bei jedem Schlag seines Herzens, jedes Mal heller als zuvor: einmal, zweimal und ein dritter Pulsschlag, der die Lichtung mit einem weißen Strahlen erfüllte, blendend wie Sonnenlicht auf Schnee. Albric ertrug es kaum aufzublicken; es war, als starrte er in die Sonne, ohne zu blinzeln. Es war ein Leuchten, das zu gewaltig war, als dass sterbliche Augen ihm standhalten konnten.
Er wandte den Blick von dem glänzenden Ritter ab und sah stattdessen zu den Ghulhunden hinüber. Ihr Balg warf im Sonnenlicht Blasen, und sie starben an Ort und Stelle. Ihre bleiche Haut knisterte, warf Wellen, verbrannte dann zu grauer Asche und fiel vom Fleisch ab. Verwitterte Muskeln verbrannten ebenfalls und zerfielen, als Celestias Zorn ihre Leiber zerriss. Die Ghaole warfen die Vorderläufe hoch, um ihre Augen vor einer Sonne abzuschirmen, die herabgekommen war und sie verzehren wollte, und die Macht des Verbrannten Ritters versengte jene Pfoten zu blanken weißen Knochen.
Selbst Severine knirschte im Angesicht des Gemetzels mit den Zähnen. Ihr unversehrtes Auge wurde schmal; das kristallene flammte auf. »Alles zu seiner Zeit. Zunächst könnte ich mich ja fragen, warum Ihr allein gekommen seid.«
Auf der Lichtung zerfielen die verwundeten Ghaole an der Mauer, die der Verbrannte Ritter aus Licht gewoben hatte, zu Asche. Die anderen setzten ihren stockenden Vormarsch fort, weit nach vorn gebeugt, als müssten sie gegen einen schneidenden Wind angehen. Mit jedem mühsamen Schritt verloren sie mehr von ihrer Haut. Einer hechelte mit herausgestreckter Zunge, und das Sonnenfeuer brannte sie ab, sodass sie wie ein Band, das eine Brise losgerissen hatte, hinter dem Ghul her flatterte.
Aber Severine erhob mit eiserner Unversöhnlichkeit die Stimme.
»Ich könnte mich fragen«, fuhr sie fort, »ob Ihr Eure Gefährtin zurückgelassen habt, um sie zu schützen … oder weil Ihr Euch die Ablenkung nicht leisten konntet.« Sie vollführte eine kleine, boshafte Geste mit der verstümmelten Hand. Für einen winzigen Moment zögerte der Verbrannte Ritter, aber dann riss er das Schwert hoch, um einen unsichtbaren Schlag zu parieren. Hätte wirklich jemand zugeschlagen, so wäre der Hieb von seiner Klinge nach links abgelenkt worden … und noch während der Gedanke ihm kam, sah Albric, wie der Ghaole vor ihm, links von Kelland, sich kreischend zusammenkrümmte. Die langen Knochen seiner Läufe zersprangen, und die haarlose Haut flog in Tausenden Fetzen durch die Gewalt des Hiebs davon.
Severine schien nicht zu bemerken, dass ihr Zauber nicht gewirkt hatte. »Ich könnte mich fragen«, sprach sie unerbittlich weiter, »ob Ihr sie zurückgelassen habt, weil Ihr sie liebt.«
Der Ghulhund mit den gebrochenen Läufen brach in einer Wolke aus Funken und Flammen zusammen. Das Geräusch seines Sturzes schien das einzige auf der Welt zu sein. Jetzt waren nur noch zwei übrig. Aber nach Severines Worten flackerte Kellands Licht kurz, und Albric spürte den Widerhall des kurzen Zweifels bis in die Knochen,
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