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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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brachten diesen Mann hierher, damit ihm Gerechtigkeit widerfahren möge. Wenn ich kein Messer gehabt hätte oder meine Freunde nicht bei mir gewesen wären, wäre niemand gekommen. Die Dörfler wollten nicht, dass wir ihn mitnahmen, und Eure Höflinge haben mir die Unwahrheit darüber gesagt, zu welcher Stunde ich kommen sollte, um Zeugnis abzulegen. Sie sagten, ich sollte bei Dunkelheit kommen, und jetzt ist es noch nicht einmal Mittag, und dieser Mann steht vor Euch. Dafür klage ich Euren Hof der Lüge und der Feigheit an, Lord Leferic.«
    »Habt Ihr noch etwas anderes zu sagen?«, fragte Leferic. Als Cadarn den Kopf schüttelte, wandte Leferic sich dem rundgesichtigen Mann zu, der mit geradem Rücken vor seinem Stuhl stand. »Ihr, Lusian von Kleinwald. Ihr seid vor diesem Gerichtshof des Mordes angeklagt. Was habt Ihr zu sagen?«
    Der stämmige Mann blinzelte und schien überrascht zu sein, dass er gemeint war. »Ich bitte um Vergebung, Lord?«
    »Was habt Ihr zu sagen?«, wiederholte Leferic mit Stahl in der Stimme. »Verteidigt Euch, wenn Ihr wollt. Beteuert Eure Unschuld, wenn Ihr könnt. Anderenfalls braucht das Gericht nichts anderes zu erwägen als das Wort und die Ehre des Mannes, der Euch eines Verbrechens bezichtigt.«
    »Aber ich habe niemals ein Verbrechen begangen.« Lusian klang aufrichtig verwirrt. Er rieb sich die Hände, eher verwundert als nervös. »Sie haben Euren Bruder getötet, Mylord. Seine Ehefrau und seinen kleinen Jungen. Sie schulden uns Blut. Dieser große Bursche hier, der davon spricht, wie sehr ich mich schämen sollte, ein Mädchen und einen Jungen getötet zu haben, der noch nicht seinen ersten süßen Traum hatte – ich bitte um Vergebung für meine ungehobelten Worte, Lord –, nun, ihre Leute haben ein Baby getötet, das noch nicht aus den Windeln war. Wo ist ihre Schande? Wo ist jemand, der sie vor Gericht zerrt? Und außerdem waren sie auf unserer Seite des Flusses, und höchstwahrscheinlich haben sie spioniert, daher sehe ich nicht, dass ich überhaupt ein Verbrechen begangen haben sollte.«
    »Der Gerichtshof ist anderer Meinung.« Leferic hob die Stimme, um sich in dem Gemurmel Gehör zu verschaffen, das durch seine Halle schwappte, diesmal mit einem dunkleren Unterton der Unzufriedenheit. »Ich habe meinen Bruder von Herzen geliebt. Ich betrauere jede Stunde seinen Tod. Aber die Ermordung von Kindern wird diese Tragödie nicht leichter machen. Töten wird kein Töten ungeschehen machen. Wir haben keinen Beweis dafür, dass mein Bruder durch die Hand Langmyrs gestorben ist. Wir wissen, dass sie ein Dorf verloren haben. Bis wir mehr haben als einen Verdacht – bis wir wissen, dass Langmyrner Galefrids Blut vergossen haben –, müssen wir glauben, dass ihre Kinder nur Kinder sind und nicht schuldig dieses Verbrechens. Dieser Gerichtshof befindet Euch des Mordes für schuldig, Lusian von Kleinwald. Macht Euren Frieden mit den Göttern. Am Morgen werdet Ihr auf den Richtblock gehen.«
    Der Lärm in der großen Halle war zu einem Aufruhr angeschwollen, und plötzlich ertrug Leferic es nicht mehr länger. Er erhob sich und stolzierte vom Podest herunter, sodass die Wimpel an den Wänden hinter ihm flatterten. Er hatte keine klare Vorstellung davon, wohin er gehen wollte, nur dass es ein ruhiger Ort sein musste, weit entfernt vom Hass seiner Lehnsmänner, weit entfernt von Lusians Verbrechen und den Waffen, die über den Fackeln der großen Halle hingen, grimmige Trophäen aus Jahrzehnten des Blutvergießens. Es war keine Überraschung, dass seine Füße sich seiner Turmbibliothek zuwandten und dem gleichen unfehlbaren Instinkt folgten, der Tauben in ihre Verschläge brachte und Silberrücken in die Flüsse ihrer Geburt. Heim.
    Er hatte seit der Nachricht von Galefrids Tod die Bibliothek nicht mehr betreten, und als er es jetzt tat, war der Raum kalt und grau. In der Luft hing Feuchtigkeit. Leferic hielt einen Funken an die Holzscheite im Kamin und nährte die winzige Flamme mit Zweigen und getrockneter Distelwolle, bis sie stark genug war, um hell zu brennen. Dann richtete er sich auf und ließ den Blick über die Bücherregale an den Wänden seines Turms schweifen. Sie waren seine ältesten Freunde. Abgesehen von Albric waren sie seine einzigen Freunde. Einige waren uralte Reliquien, die an ihrem Platz zerfielen; sie hatten Generationen nachlässiger Lords überlebt, die zugelassen hatten, dass Mäuse an ihren Einbänden nagten und sich Staub auf ihren Einbänden sammelte,

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