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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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Preise leisten kannst. Ardasische Ausbildung kommt nicht billig. Für uns andere ist Lilli Rotrock ein gutes Haus.« Renshil betrachtete den sich drehenden Würfel. Offensichtlich hatte er Brys in Verdacht zu betrügen, und genauso offensichtlich kam er nicht dahinter, wie er das anstellte.
    Brys hätte fast Mitleid mit dem Mann gehabt. Stattdessen schob er die Würfel der Taverne beiseite und holte die eigenen aus der Tasche. »Mir gefallen diese Würfel nicht. Sie waren die ganze Nacht lang gegen mich. Ich würde lieber mit meinen eigenen spielen.«
    Beim Anblick der neuen Würfel leckte Renshil sich nervös die Oberlippe. Sie waren aus weichem, goldfarbenem Kopalharz geschnitzt und leuchteten im Licht der Fackeln wie polierte Edelsteine. Brys hatte sie unter einem Glas, das der Sonne ausgesetzt war, erhitzt, sodass sie an einer Seite schwerer wurden und er immer gewann, und er hatte es mit Bedacht so ungeschickt angestellt, dass der Betrug ins Auge springen musste. Jeder Falschspieler, selbst ein Anfänger, wüsste, wonach er Ausschau zu halten hätte, und selbst wenn er nichts über Kopalharz wusste, würde er merken, dass etwas bei diesen exotischen, juwelenartigen Würfeln, die immerzu die glückbringende Acht zeigten, nicht stimmte, und Verdacht schöpfen.
    »Keine Lust mehr?«, fragte Brys und sah den anderen Mann fest an.
    »Doch, doch.« Renshils Zunge schoss hervor und berührte abermals seine Oberlippe. »Doch. Spielen wir!«
    Sie spielten drei Runden, lange genug, um die Handvoll ehrlicher Spieler von ihrem Tisch zu vertreiben, lange genug, dass selbst der begriffsstutzige Ludd merkte, dass da etwas nicht stimmte. Renshils Miene verdüsterte sich mit jedem Wurf von Brys, der wieder die glücksbringende Acht zeigte.
    »Ich könnte behaupten, dass du betrügst«, sagte der Mann mit dem Babygesicht, nachdem er die letzten seiner Gewinne dieser Nacht und die Hälfte seines Einsatzes verloren hatte, als wieder die Acht gekommen war.
    »Ich könnte das Gleiche von dir behaupten«, erwiderte Brys.
    Ein angespanntes Schweigen legte sich über den Tisch, wie die Stille vor dem Ausbruch eines Gewitters. Ludd rückte ein Stück zurück und murmelte Entschuldigungen, die außer ihm niemand hören konnte. Renshil musterte Brys verdrossen und hielt die Hände unterm Tisch geballt.
    Obwohl Brys unbewaffnet war – demonstrativ unbewaffnet; er hatte Beil und Jagdmesser im Gebrochenen Horn zurückgelassen, denn er wollte sich ja ausrauben lassen –, war er immer noch einen Kopf größer als Renshil und wog fast anderthalbmal so viel wie der kleinere Mann, wobei das zusätzliche Gewicht aus Muskeln bestand. Die Schwielen an der Schwerthand und die Narben auf den Knöcheln ließen kaum einen Zweifel daran, wie er diese Muskeln einsetzte.
    Das Bier hatte Renshil nicht so viel Mut gemacht. Er ließ sich schlaff in seinen Stuhl zurücksinken. »Das ist nicht nötig. Aber ich werde auch nicht mehr mit dir spielen. Nimm deine Würfel und geh.«
    Was Brys auch tat. Er unternahm einen kurzen Spaziergang, um den Rauch der Taverne aus seinen Lungen zu vertreiben, entleerte in einer dunklen Gasse seine Blase und horchte dabei die ganze Zeit über auf Schritte hinter sich. Aber Renshil kam nicht. Offenbar suchte er keine Rache für seine Demütigung und das verlorene Geld. Daher betrat Brys eine andere Taverne, um abermals zu betrügen und betrogen zu werden.
    Zweimal wiederholte er das Spiel, und zwei weitere seiner Opfer stellten ihn nicht zur Rede, nachdem er ihnen das Geld abgenommen, sie lautstark des Betrugs bezichtigt hatte und draußen in dunklen Gassen einladend umhergeschlendert war. Schließlich nahm Brys enttäuscht seine Gewinne und machte sich durch die schlafende Stadt in östlicher Richtung auf den Weg zu Merrygolds Bordell. Für das, was er brauchte, hatte er mehr als genug gewonnen, also war die Nacht nicht völlig vergeudet.
    Es war weit nach Mitternacht, als er Mistress Merrygolds vergoldete Türen erreichte. Kamelien mit glänzenden Blättern wuchsen um ihr Haus, längst ihrer Blüten beraubt, aber immer noch wohlriechend. Angeblich hatte Mistress Merrygold die Pflanzen unter großen Kosten aus ihrer Heimatstadt Amrali mitgebracht, wo sie Zeichen für die Kamelienhäuser waren – keine bloßen Bordelle wie im Norden, sondern Schreine, in denen der Schönheit und dem sinnlichen Ergötzen gehuldigt wurde. Dort praktizierten Kurtisanen Musik, Tanz und die fleischlichen Künste mit der gleichen Hingabe wie die

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