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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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Ohren.
    Merrygold überwachte ihren Besitz von einem schlichten Thron aus: ein exotischer Stuhl, der einer flachen, gepolsterten Schale auf einem runden Gestell aus Rohr ähnelte. Das Kissen war aus dunkelrotem Samt, und an seinen Säumen baumelten goldene Seidenquasten; das Gestell war vergoldet, und aus dem hinteren Teil ragte ein großer Fächer aus bunt schillernden Pfauenfedern. Auch der Stuhl stammte angeblich aus Amrali. Er war eines der seltsamsten Möbelstücke, die Brys je gesehen hatte, aber dank Merrygold erschien er eher reizvoll als absurd.
    »Jadhavi Merrygold«, sagte er und schritt mit offenen Armen auf sie zu. »Ihr seid liebreizender denn je.«
    »Brys Tarnell«, erwiderte sie und erhob sich mit sinnlicher, fließender Anmut. Ihr schwarzes Haar fiel ihr in einer Woge dunkler Locken bis ins Kreuz. »Ich hielt Euch schon für tot.«
    »Tut mir leid, wenn ich Euch enttäusche.«
    »Ihr enttäuscht mich niemals.« Sie lächelte und ergriff seine Hände in einer halb förmlichen Geste. Jadhavi Merrygold war groß für eine Frau; ihr Kopf reichte ihm bis übers Kinn. Ihre Augen waren grün wie junge Blätter, heller als die seinen und gesprenkelt mit Gold. Sie hatte sie mit Kajal umrahmt, um zu betonen, dass sie leicht schräg standen, und außerdem Goldglimmer auf ihre Lider gestäubt, um das Funkeln zu unterstreichen. Zwischen ihren Brüsten glänzte ein dolchförmiger Peridot an einer goldenen Kette.
    »Freut mich, das zu hören. Dann wird es Euch nichts ausmachen, für ein Weilchen mit mir nach oben zu gehen.« Er sah sie zögern. »Ich habe Geld. Eure Mädchen werden gewiss eine halbe Stunde allein zurechtkommen.«
    »Mit einer halben Stunde schmeichelt Ihr Euch vielleicht selbst«, murmelte Merrygold, führte ihn jedoch die Treppe hinauf.
    Blenden aus durchbrochenem Sandelholz bedeckten im ersten Stock die Türen und verliehen dem Gemisch der Parfüms der Frauen einen Unterton östlicher Würze. Die Holzarbeit war sehr gut und sehr teuer.
    »Die sind neu«, bemerkte Brys, als sie an den Türen vorbeikamen.
    »Das Schicksal hat es gut mit uns gemeint.« Sie schob einen silbernen Schlüssel in ein kleines, diskretes Schloss hinter der Sandelholzblende an einer Tür am Ende des Flurs, öffnete sie und bedeutete ihm einzutreten. Daraufhin folgte sie ihm und schloss die Tür hinter sich wieder ab.
    Es war ein ardasisches Teezimmer, kein Schlafzimmer. In der Mitte stand ein lackierter Tisch mit Einlegearbeiten, umgeben von farbenprächtigen Seidenkissen. In einer Nische in einer der Wände stand ein Teegeschirr in den dunklen, meergrünen Schattierungen des feinsten khartorlischen Porzellans.
    Dieses Porzellan war mehr wert als sein Gewicht in Gold. Brys stieß einen leisen Pfiff aus. »Das Schicksal hat es gut mit Euch gemeint.«
    Merrygold folgte seinem Blick und zuckte die Achseln. »Es ist eine sichere Form, mein Geld aufzubewahren. Jeder Dieb will Gold oder Juwelen stehlen, aber niemand hier erkennt den Wert von Selas Amat. Alles, was diese Barbaren sehen, ist ein Set von Ausbildungswerkzeugen für meine Mädchen.«
    »Und Ihr bildet sie in Selas Dun aus?« Lachfältchen legten sich um seine Augen.
    »Natürlich. Die meisten dieser Mädchen sind arm und ungebildet. Aus ihnen werden niemals echte Kurtisanen, fürchte ich, aber es besteht kein Grund, sie nicht etwas gutes Benehmen zu lehren. Es verleiht ihnen Würde und facht das Begehren der Männer an … also kann ich meine Preise erhöhen und gleichzeitig meiner Kunst Ehre erweisen.«
    »Immer eine Romantikerin, das ist meine Merrygold. Da wir gerade von Romantik sprechen. Ich habe etwas für Euch.« Brys streckte ihr den Beutel hin, der den größten Teil seiner Gewinne dieser Nacht enthielt.
    Merrygold nahm ihn geschickt entgegen, wog ihn in der Hand und ließ ihn in eine verborgene Falte ihres Kleides gleiten. Dann verzichtete sie auf den samtenen Reiz ihrer Stimme und klang lediglich müde und ein wenig furchtsam. »Was wollt Ihr? Ich habe keine Neuigkeiten von Veladi.«
    »Es geht nicht um sie. Habt Ihr in den letzten Wochen irgendwelche seltsamen Kunden gehabt? Ihr oder eins der Mädchen?« Man konnte sich auf drei Möglichkeiten verlassen, wie ein Söldner sein Geld verschwenden würde: Würfelspiel, Bier und Huren. Weder das Würfeln noch das Trinken hatte nützliche Informationen zutage gefördert, also blieben nur noch Mistress Merrygold und ihresgleichen. Wenn sie nichts gesehen hatte, dann waren die Mörder von Weidenfeld entweder

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