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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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zuschaute … dort draußen würden sie vielleicht alle drei töten müssen, statt nur das Kind zu holen. Und es würde ihr ähnlich sehen, drei Morde zu inszenieren, wo einer genügt hätte. Es würde ihr sehr ähnlich sehen.
    Albric spuckte auf den gefrorenen Boden und verfluchte die Nacht und die Kälte und den Tag, an dem er zum ersten Mal von Weidenfeld gehört hatte.
    Das Mädchen, wer immer es auch war, bedeutete ihm oder seinem Lord überhaupt nichts. Es war wahrscheinlich irgendein armes, unwissendes Dorfmädchen, das Brys als Amme in Dienst genommen hatte. Höchstwahrscheinlich hatte sie keine Ahnung, in was sie da hineingestolpert war. Albric hatte auch für Brys Tarnell nicht viel übrig. Der Mann war ein umherreisender Söldner ohne Familie, ohne Mitstreiter und fast ohne gesellschaftliches Ansehen. Er war ein landloser Ritter, dem ein Toter seine Sporen verliehen hatte, und er konnte nichts tun, was Albrics Lord geschadet hätte.
    Keiner von ihnen müsste sterben, um Leferics Herrschaft zu sichern. Nur das Kind. Nur Wistan.
    Und doch würde wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zukunft das Blut aller drei Menschen an seinen Händen kleben und wahrscheinlich auch das des verdammten, dummen Bäckers. Er spuckte abermals aus und setzte Severine auf seine Liste der Flüche. Er war ein Ritter. Es war seine Pflicht, die Untertanen seines Lords zu beschützen, nicht, sie zu ermorden. Nicht, wenn es nicht notwendig war. Nicht um ihretwillen.
    Wie als Antwort auf Albrics Flüche schwang die Tür der Bäckerei endlich auf. Licht und Wärme ergossen sich in die Nacht: Die Wärme von heißen Ziegelsteinöfen, das Licht von Laternen, die das Einritzen der rohen Laibe ebenso beleuchteten wie das knusprige Goldbraun ihrer frisch gebackenen Krusten. Ein Mann mit Holzbein kam herausgehumpelt und stellte das Holzbein in die Tür, damit sie offen blieb, während er sich mit zwei großen Körben in den Armen die Stufe hinunterließ. Er hatte den Bauch eines Mannes, dem seine eigenen Waren schmeckten, und im Dahingehen murmelte er ständig Flüche, mit denen er sein Holzbein beschimpfte.
    Auf seine Last konzentriert und wahrscheinlich geblendet von dem plötzlichen Wechsel der Lichtverhältnisse schaute der Bäcker überhaupt nicht auf, als Albric von der Ladefläche des Wagens stieg und auf ihn zuging.
    »Guten Morgen, mein Freund«, sagte Albric. Er blieb im Dunkeln und hielt das Gesicht in den Schatten. Immerhin bestand die geringe Chance, dass diese Begegnung gut verlief, und er wollte den Mann nicht töten müssen, nur weil dieser sein Gesicht gesehen hatte.
    »Morgen ist es, allerdings. Was den nächsten Teil betrifft, bin ich mir nicht so sicher«, erwiderte der Bäcker. Er stellte seine Körbe ab, spähte in die Dunkelheit, stemmte die Fäuste in die Hüften und rollte die Schultern nach vorn, um seine Muskeln spielen zu lassen. Trotz seines gewaltigen Bauches zeigte der übrige Körper nur wenig Fett, und seine Arme waren dick wie die eines Schmieds. »Könnte sein, dass Ihr einfach weiterziehen solltet.«
    »Könnte sein, dass ich das tun werde«, sagte Albric. »Ich wäre glücklich, genau das zu tun, wenn du mir einige Fragen beantwortest.«
    »Welche Fragen?«
    »Vor nicht allzu langer Zeit hat ein Mädchen für dich gearbeitet. Reizlos, braunes Haar, trug gern ein weißes Band darin. Manchmal hat sie auf ihren Runden ein Baby mitgenommen. Sieht so aus, als wäre sie verschwunden. Irgendeine Ahnung, wohin sie gegangen ist?«
    Unter seinem Stoppelbart biss der Bäcker die Zähne zusammen, so fest, dass Albric es erkennen konnte, obwohl der Mann mit dem Rücken zum Licht stand. »Lasst sie in Ruhe. Mag sein, dass sie in was drinsteckte, aber sie ist ein gutes Mädchen, und Ihr solltet sie in Ruhe lassen.«
    »Ich versuche nur, ihr zu helfen«, sagte Albric und wünschte sich sehnlichst, den Mann so weit zu bringen, dass er ihm glaubte. Es kam der Wahrheit näher, als er ahnen konnte.
    »Das könnte sein. Freund. Aber hilfsbereite Menschen sprechen einen Mann im Allgemeinen nicht mitten in der Nacht an, also stört es Euch hoffentlich nicht, wenn ich da ein wenig skeptisch bin. Jetzt scheint mir, dass Ihr Eurer Wege gehen solltet. Ich habe zu arbeiten.«
    »Das ist wirklich schade.« Geschmeidig wie Seide glitt Albric hinter ihn und schlug ihm eine Hand auf den Mund, während er seine Kehle in der Beuge seines anderen Arms zerquetschte. Der kräftige Schlag mit einem Knüppel auf den Kopf hätte vielleicht

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