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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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schneller Erfolg gehabt, aber Albric hatte in diesem Fall dem betreffenden Mann stets den Schädel vollständig eingeschlagen, und jetzt war nicht der beste Zeitpunkt für Experimente. Die Blutzufuhr zum Kopf abzuschneiden, ging schnell genug, wie Maols Henker nur allzu gut wussten. Es war nicht die Luft, die abgeschnürt werden musste, es war die große Schlagader an der Seite des Halses.
    Er zählte bis fünfzehn. Dreißig. Fünfundvierzig. Kurz nachdem Albric die erste Zahl erreicht hatte, sackte der Bäcker in sich zusammen, erschlaffte jedoch erst bei fünfundvierzig. Dann hievte er den Mann mit einiger Anstrengung hoch – der Bäcker wog fast so viel wie er selbst –, fesselte und knebelte ihn mit dem Strick, den er unter seinem Umhang bei sich getragen hatte, und stieß ihn auf die Ladefläche seines eigenen Wagens. Albric bedeckte den bewusstlosen Mann mit Körben voller Brotlaibe, die noch heiß waren, und führte den Esel durch die schlafenden Straßen nach Norden. Einfach wie ein Fuhrmann, der seine morgendlichen Runden drehte.
    Er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis der echte Fuhrmann bemerkte, dass sein Wagen fehlte und sein Arbeitgeber verschwunden war. Eine Stunde, vielleicht etwas weniger, falls dieser Morgen so verlief wie die vorangegangenen. Reichlich Zeit also.
    Es wäre genauso einfach gewesen, das Mädchen zu ergreifen, bevor sie verschreckt worden war. Nein, noch einfacher; sie war kleiner, also hätte Albric sich die Mühe mit dem Eselskarren sparen können. Sollte doch die Strahlende den Schnitzer des Ghulhundes und die Anmaßung der Dornenlady verbrennen, die einen schwachsinnigen Toten ausgeschickt hatte, der die Arbeit eines denkenden Mannes erledigen sollte!
    Es wurmte Albric gewaltig, und so ließ er sich von der Ungerechtigkeit und Gemeinheit des Ganzen zum Nordtor tragen. Das war einfacher, als darüber nachzudenken, was geschehen würde, wenn er das Tor passierte.
    Am Tor selbst war kaum ein Laut zu vernehmen. Die einzige Bewegung war das Flackern der Fackeln, die am Ende der Nacht langsam ausbrannten; das einzige Geräusch war das sanfte Knistern brennenden Pechs. Es waren keine gemurmelten Gespräche von Wachen zu hören, die versuchten, den Schlaf abzuwehren, kein Gebell ihrer Hunde beim Herannahen eines Fremden. Eine Krähe, die auf der Mauer hockte, spreizte das Gefieder und setzte sich anders hin, als der Wagen knarrend näher kam, und Albric verzog das Gesicht, als er unter dem Blick des Tieres weiterfuhr.
    Die Krähe war tot. Aus der Ferne hatte er ihre zerfetzten Federn und die klaffenden Augenhöhlen nicht sehen können; Dunkelheit hüllte den Knochen ein, der durch ihren kahlen Schädel ragte, und die trockene Sehne, die sich unter den rissigen Schuppen um ihre Beine schlang. Aber Albric hatte die Kreatur schon zuvor gesehen, ohne dass die Nacht sie gnädigerweise verhüllt hätte, und er wusste, was sie war. Er wusste auch, dass die Wachen und ihre Hunde schliefen – nur schliefen, wenn die Götter gut waren; sie brauchten nicht noch mehr Tote – und dass es unnötig war, leise zu sein.
    Zwei Straßen weiter stellte er den Wagen ab. Er ließ den Esel in seinem Geschirr stehen und die Brotlaibe auf der Ladefläche liegen. Sie würden wahrscheinlich gestohlen werden, bevor die Sonne aufging. Allerdings spielte es keine Rolle. Ein solcher Diebstahl würde die Spur ein wenig verwischen, und die Chancen, dass der Bäcker zurückkehren und sich beschweren würde, wurden mit jedem Augenblick geringer.
    Der Bäcker war wach, als Albric kam, ihn zu holen. Aus seinen Augen sprach Mord, aber die Stricke hielten.
    »Du hättest meine Fragen beantworten sollen«, sagte Albric nicht unfreundlich und hievte ihn aus dem Karren.
    Sie gingen durch das kleine Nebentor. Albric schloss es leise hinter ihnen und bahnte sich einen Weg die Böschung hinab zum Graben innerhalb des Rings von spitzen Pfählen um Tarnebrück. Durch das Gewicht des Bäckers, der sich an seine Schulter lehnte, verlor er das Gleichgewicht und stolperte daher den Hügel zu schnell hinab und brach durch das dünne Eis auf dem Wasser im Graben. Seine Stiefel waren durchnässt, bevor er auf der anderen Seite hinaufkletterte, und Albric verfluchte auch dafür die Dornenlady.
    Dann hatte er die spitzen Pfähle überwunden und ging in östlicher Richtung um die Stadt herum zu der Stelle, wo Severine im Wald wartete.
    Sie leuchtete in der Dunkelheit zwischen dem letzten Sternenlicht und dem Morgengrauen. Leuchtete

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