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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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zu tun?“
    „Miss Niobe, Sie ahnen nicht, was alles für uns auf dem Spiel steht, und glauben Sie mir, wüssten Sie es, würden Sie sich wünschen, es wäre anders.“
    Er sah mich prüfend an, und einen Moment lang erwiderte ich nichts. Ich versuchte, nicht eingeschnappt zu sein, aber ich war es.
    „Ich bin kein kleines Mädchen mehr.“
    Er hob die Stimme. „Doch, das sind Sie, und wie Sie gestern Nacht zutreffend feststellten, es wird auch nie anders sein. Es ist alles wie damals.“ Er griff nach seinem Tee und verschüttete ein wenig davon.
    Ich biss die Zähne zusammen. Wollte er mich provozieren, wie in Sir Malcolms Arbeitszimmer? Oder ärgerte er sich über sich selbst, weil er mir schon zu viel enthüllt hatte? Es war schwer zu sagen, jetzt, da er wieder sein Auge trug. Einen Augenblick nur glaubte ich, eine Ahnung seiner Verärgerung zu erhaschen, die an den Stromschnellen seines Auges vorbei zu mir strömte. Er musste sehr nervös sein, sonst hätte ich sie gar nicht bemerkt. Ich hatte ihn noch nie so erlebt. Fürchtete er, die Kontrolle zu verlieren? Ich nahm an, das war die größte Angst, die Bailey hatte.
    „Was wollte der Batsman von Ihnen?“, fragte ich unvermittelt.
    Er nahm es zuerst nicht wahr, dann aber zuckte er zusammen und warf mir einen prüfenden Blick zu.
    „Wer?“
    „Der Batsman“, entgegnete ich leise. „Er war hier. Er wollte Sie sprechen, aber ich habe mich um ihn gekümmert.“
    Er murmelte eine Verwünschung, dann beruhigte er sich wieder. „Da haben Sie also gesteckt – und wir haben uns Sorgen gemacht! Mrs. Lincoln berichtete, wir hätten hohen Besuch gehabt. Sie versäumte aber zu erwähnen, dass Sie ihm Ihre ... besondere Fürsorge haben angedeihen lassen.“
    „Ich habe ihm nicht meine ...“
    „Was hat er Ihnen erzählt?“, unterbrach er mich.
    „Ich habe nichts verraten!“, sagte ich. „Er hat viele Drohungen vom Stapel gelassen. Er weiß von der Loge und wohl auch von den Artefakten.“ Dass er einen Shila trug, verriet ich ihm nicht – nicht, solange Bailey mich hinhielt. „Seine Leute haben einen Stützpunkt im Restaurant gegenüber dem Palast.“
    Bailey pfiff durch die Zähne. „Mr. Soyers Symposium“, sagte er. „Sieh an.“
    „Er sagte, seine Aufgabe sei es, das Empire vor fremden Mächten zu schützen.“
    „Das ist die Aufgabe eines Batsman. Er schützt sein Wicket.“
    „Insbesondere den Palast.“
    „Das sagte er?“
    Ich nickte. „Er gehört zum Wachpersonal. Oder eher, er ist das Wachpersonal.“
    „Hat er auch gesagt, vor wem oder was er den Palast zu beschützen gedenkt?“
    „Ich fürchte, da hat er uns gemeint.“
    Bailey trommelte ungehalten auf dem Tisch.
    „Was will er von uns? Worum geht es?“
    „Die Regeln für Cricket sind sehr kompliziert“, brummte er. „Umso mehr, als sich mittlerweile mehr als nur zwei Teams auf dem Spielfeld tummeln. Ich frage mich ...“
    Ich wartete geduldig, aber aus seinem Schweigen wurde eine Ahnung und aus der Ahnung Gewissheit: Ich würde keine Antworten von ihm bekommen.
    Bailey hatte mir mein Leben lang nur Fragen gestellt und mich reich belohnt, wenn ich die richtige Antwort wusste. Ich glaubte aber nicht, dass er je gelernt hatte, selbst Antworten zu geben. Sein Leben hatte sich immer nur um neue Fragen gedreht. Wahrscheinlich konnte er nicht anders.
    „Ich werde gehen“, sagte ich.
    Er sah überrascht auf. „Wohin?“, fragte er.
    Ich zuckte die Schultern. „Nach Hause. Den Shah füttern. Hier werde ich offensichtlich nicht mehr gebraucht.“
    Ich stand auf, und er erhob sich, um mich zur Tür zu begleiten. Ich konnte sehen, wie sein gesundes Augen zuckte und er sich mit der Zunge über die trockenen Lippen fuhr. Er traute dem Braten nicht, so viel war sicher.
    „Miss Niobe ...“
    „Sorgen Sie sich nicht!“, beruhigte ich ihn und drückte ihn kurz. Vielleicht drückte ich ihn ein wenig zu herzlich und etwas zu rücksichtslos. Ein kurzer Schmerzenslaut entfuhr ihm, aber ich überging es lächelnd. „Sie gehen zu ihren Brüdern und klären, was es zu klären gibt oder was Sie sonst im Tempel zu tun haben. Ich gehe nach Hause und halte mich bedeckt, bis ich von Ihnen höre, dass die Sache ausgestanden ist und Sie den Spitzbuben das Handwerk gelegt haben.“
    „Das wäre wirklich ausgezeichnet“, zweifelte er. „Sind Sie sicher, dass ...“
    Ich legte ihm den Finger an die Lippen und strahlte ihn an. „Genug der Worte. Sie haben Ihren Standpunkt klargemacht, und Ihr Wunsch ist

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