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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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„Wenn ich Ihnen sonst noch ...“
    „Eigentlich suche ich einen alten Bekannten“, warf ich ein. „Man sagte mir, ich würde ihn hier treffen. Sein Name ist Royle.“
    „Captain Royle?“, staunte der Junge.
    „Wenn er es mittlerweile zum Captain gebracht hat“, sagte ich.
    „Sie kennen einander?“
    Ich schlug die Augen nieder. „Das war vor ziemlich langer Zeit und in einem wärmeren Land.“ Ich hoffte, meine Lügen ergäben Sinn, während ich mir alle Mühe gab, die Traumbilder mandeläugiger Schönheiten anzusprechen, die dieser Junge wie die meisten jungen Soldaten in sich trug. „Er sagte, wenn ich je nach England käme ...“
    „Sie haben ihn verpasst.“ Er gab sich Mühe, bedauernd zu klingen, aber er war ein schlechter Schauspieler. „Er ist vor ein paar Minuten gegangen.“
    „Wissen Sie vielleicht, wohin?“
    „Nun, ich denke doch, nach Hause, Ma ’ am.“
    „Wissen Sie, wo das ist?“
    Er zögerte. Ich sah, wie er mit einem Kloß in seiner Kehle haderte.
    „Stimmt etwas nicht?“, fragte ich. „Augenblick. Sie haben da etwas.“ Ich griff über die Bar, tat, als entferne ich etwas aus seinem Haar, und stellte sicher, dass meine Finger etwas länger als nötig seine Wange berührten. „So“, schmunzelte ich. „Schon besser.“
    „Ma’am“, sagte der Junge, „ich hoffe, ich bin nicht indiskret, aber zu Hause wartet eine Frau auf den Captain. Sie lieben einander sehr.“
    „So“, sagte ich und versuchte, weder zu beruhigt noch zu betrübt zu klingen. „Eine Frau. Gut für ihn! Ich will ihm nur meinen Dank und meine Grüße bestellen. Außerdem habe ich noch etwas, das er vermissen wird. Glauben Sie mir, ich kann sehr diskret sein.“ Ich zwinkerte.
    „Daran zweifle ich nicht, Ma’am“, versicherte er mir. Dann notierte er etwas auf einem Zettel und reichte ihn mir. Ich warf einen Blick darauf: Es war eine Adresse in der Nähe des Regent’s Park. Ich lächelte und steckte den Zettel ein.
    „Sie sind ein guter Mann.“
    „Meine Schicht endet in einer halben Stunde“, befleißigte er sich. „Wenn Sie wollen ...“
    „Ihre Schicht endet jetzt, Sergeant“, sagte ein Mann, der von hinten an uns herangetreten war. Ich zuckte zusammen, denn ich hatte ihn zu spät bemerkt. „Ihr Bruder wird jeden Augenblick eintreffen. Vorher machen Sie mir aber noch einen Egg Nogg.“
    „Natürlich, Sir.“ Der Jüngling war genauso erschrocken wie ich.
    Der Neuankömmling trat neben mich an die Bar und legte seinen Hut ab. Dann grinste er mich an. Er war ein kleiner Mann mit sanften Zügen und langem dunklem Haar, das er mit Pomade nach hinten gekämmt hatte. „Wir hatten noch nicht das Vergnügen“, sagte er und streckte mir die Hand hin. „Archie.“
    Ich fixierte ihn und versuchte zu erraten, was er im Schilde führte. Er hatte eine angenehme Stimme und machte keinen gefährlichen Eindruck, aber etwas in mir sträubte sich, ihn zu berühren. Dann erkannte ich, was es war:
    Auch er trug einen Shila.
    Bedächtig schlang ich den Schal um meinen Hals und ging auf Abstand.
    Seufzend ließ er die Hand sinken und griff stattdessen nach dem Glas, das der Barkeeper ihm reichte. Eierfarbener Schaum blieb an seiner Oberlippe hängen, als er trank, und ich roch den starken Alkohol.
    „Ich wollte gerade aufbrechen“, sagte ich dem Barkeeper. „Vielleicht wollen Sie mich begleiten?“ Der Barkeeper senkte betreten den Blick.
    „Ich könnte Sie begleiten“, erbot sich Archie heiter. „Sie könnten mir Frühstück machen. Wo pflegen sie normalerweise zu frühstücken?“
    Ich wollte mich umdrehen, aber Archie packte mit einer schnellen Bewegung meinen Arm und hielt mich fest. Ich hätte versuchen können, einen Hebel anzusetzen, aber ich wollte nicht schon wieder in aller Öffentlichkeit für Furore sorgen.
    „Versuchen Sie nicht, dem Batsman ein Bein zu stellen“, raunte er. „Das Innings ist fast vorüber.“
    „Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, protestierte ich. „Lassen Sie mich los!“
    Einige Bedienstete wurde auf uns aufmerksam, griffen aber nicht ein. Archie schmunzelte, dann lockerte er seinen Griff. Ich warf einen bösen Blick in die Runde, dann machte ich mich aus dem Staub, ehe er beschloss, seine Meinung zu ändern.
    Auf der Treppe kam mir ein weiterer rothaariger Kellner entgegen, und fast hätte ich vor Schreck laut aufgeschrien, denn er glich dem Barkeeper wie ein Ei dem anderen, wenn man von einigen auffälligen Blessuren in seinem Gesicht absah.
    Zwillinge!
    Ich

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