Der Kristallstern
konnte sich nicht vorstellen, die dornigen Blätter ausrupfen zu wollen.
Es gab nichts, worauf man spielen konnte, nur den nackten Canyonsand, der die Treppengrube umgab, und den Zaun, der sie alle einsperrte.
Jemand stieß Jaina von hinten an. Das rotgoldene Zentaurenkind trippelte vor ihr. Ihre Seiten und der Rücken hatten weiße Flecken. Samtene Buckel über ihren Schläfen bohrten sich durch ihre wilden, lockigen Haare.
»Du bist anders«, sagte das rotgoldene Kind.
»Ich bin Jaina.«
»Ich bin Lusa.« Lusa warf einen schiefen Blick auf den Wyrwolf. »Beißt er?«
»Nein, er hat nur große Zähne. Siehst du meine Brüder irgendwo?« Jaina blickte um sich, aber es hielt sich nur etwa die Hälfte der Kinder auf dem Spielplatz auf, die im Versammlungsraum gewesen waren.
Lusa nahm Jainas Hand. »Jeden Tag mischen sie uns durcheinander. Jeden Tag ist es anders. Morgen sind deine Brüder in dieser Gruppe, ich aber nicht. Morgen bist du in ihrer Gruppe, aber ich bin immer noch hier.«
Jaina brauchte ein Weilchen, um Lusas Redeweise zu begreifen.
Sie erzählt mir verschiedene Dinge, die passieren könnten, dachte sie. Aber das ist in Ordnung. Es sind wenigstens keine schrecklichen Dinge. Abgesehen davon, daß ich Jacen jetzt sehen möchte, nicht morgen oder übermorgen. Und ich möchte wissen, ob es Anakin gutgeht.
Hand in Hand gingen Jaina und Lusa über den Platz. Alle paar Schritte machte Lusa einen Hüpfer, sprang in die Luft und landete auf allen vier Füßen.
»Ich möchte rennen«, sagte sie traurig, als sie sah, daß Jaina sie neugierig beobachtete. »Ich möchte galoppieren und umherspringen.«
»Ich auch«, sagte Jaina. Sie sprang in die Luft, wie Lusa, und landete auf beiden Füßen. Es war nicht so wie rennen, aber es half. Der Wyrwolf sah zu.
Das Spielfeld endete zehn Schritte vor dem Zaun. All die anderen Kinder wanderten umher, aber keins von ihnen betrat den verbotenen Grenzstreifen.
Jaina machte einen Schritt darauf zu.
»Nicht!« sagte Lusa und hielt ihre Hand fest. »Der Drache… er wird dich fressen.«
»Ich möchte den Drachen sehen«, sagte Jaina.
Dann dachte sie: Warum sollte ich überhaupt daran glauben, daß hier ein Drache ist? Hethrir hat mir gesagt, daß Mama tot ist. Das glaube ich nicht. Ich glaube nichts von dem, was er sagt. Ich glaube nichts von dem, was der gemeine, garstige Tigris sagt.
Sie sah sich nach Tigris um, aber der war verschwunden. Ein paar gelangweilte Helfer standen zusammen und quatschten, ohne den Kindern viel Aufmerksamkeit zu schenken.
»Da draußen ist kein Drache«, sagte Jaina.
»Es ist einer da!« sagte Lusa. »Ein Drache lebt dort. Der Sand verbirgt den Drachen.«
Jenseits des Zauns hatte der Wind den Sand zu niedrigen Dünen zusammengetrieben.
»Da ist kein Platz für einen Drachen, um sich zu verstecken«, sagte Jaina.
Sie machte einen weiteren Schritt nach vorne.
Eine riesige Echse schoß aus dem Sand hoch. Sie brüllte. Das Gebrüll war wie Donner, wie Wind.
Sand wirbelte rings um die Echse hoch, regnete über den Zaun und in Jainas Haare.
Sie kreischte vor Angst und Entzücken. Der Wyrwolf bellte. Die anderen Kinder rannten davon, zurück zur Sicherheit der Treppengrube. Jaina wollte bleiben, wo sie war, auf dem verbotenen Gelände, um zu sehen, was der Drache tun würde. Lusa zog sie aus dem Gefahrenbereich. Sie versuchte, den ganzen Weg zur Treppe im Laufschritt zurückzulegen, und zerrte Jaina hinter sich her. Aber Jaina zerrte in die entgegengesetzte Richtung und brachte sie beide zum Stehen.
Nicht weit von der verbotenen Sandfläche entfernt, drehten sie sich um, um nach dem Drachen zu sehen.
Es war so, als ob Jaina plötzlich unsichtbar geworden wäre. Der Drache kauerte auf allen vieren, sein mächtiger Schwanz peitschte hin und her. Er grollte. Er blickte in diese Richtung, dann in jene. Er war schön, dachte Jaina, nicht sehr anmutig, aber voller Kraft. Er hatte dicke, muskulöse Beine und einen kurzen, kräftigen Schwanz mit einem Stachel an der Spitze. Sein riesiger, langer Kopf bestand größtenteils aus Rachen. Große Kiefer und große, starke, triefende Zähne.
Seine Schuppen sahen aus wie glänzende Perlen, schwarz und braun und rosafarben.
»Er versteckt sich im Sand«, sagte Lusa. »Der Sand sieht aus wie seine Schuppen.«
Der Drache schnaufte und blinzelte. Er wich ein paar Schritte zurück, ließ den Schwanz hin und her pendeln. Er grub sich eine Kuhle und benutzte seine großen Füße, um Sand über seinen
Weitere Kostenlose Bücher