Der Kristallstern
sie.
»Hast du eine Familie?« fragte Han plötzlich.
Ihr Gesichtsausdruck wurde hart. »Du weißt, daß ich eine Familie hatte, bevor du mich kennenlerntest. Du weißt, daß das Imperium…«
»Ich meine jetzt«, sagte er sanft. »Das Imperium ist lange her. Bist du allein? Hast du nicht jemanden gefunden?«
»Ich werde immer alleine sein«, sagte sie. »Ich werde nie wieder…« Sie unterbrach sich und schüttelte den Kopf. »Ich werde immer alleine sein. Wenn ich mir das nicht geschworen hätte, Solo, wäre ich nie von dir weggegangen.«
»Du machst dir selber etwas vor«, sagte Han.
»Das meinst du«, sagte Xaverri. »Aber stell dir mal vor: Wenn dein Alptraum Wirklichkeit gewesen wäre…«
Han versteifte sich. Er lehnte die Möglichkeit so vehement ab, als ob die bloße Vorstellung sie verwirklichen könnte.
»Es war nur ein Traum!«
»Wenn dein Alptraum Wirklichkeit gewesen wäre – würdest du dich dann nicht davor schützen, ihn noch einmal zu erleben? Gleichgültig, wie viele Jahre seitdem vergangen wären?«
»Es war nur ein Traum!« sagte Han abermals. Das Wissen um seine totale Verwundbarkeit überkam ihn, noch stärker als in der Nacht zuvor. Er stellte sich vor, wie es sein würde, wenn er nie wieder in der Lage wäre, Leia in die Arme zu nehmen, seine Kinder zu herzen, ihr Gekicher zu hören oder ihre feuchten Kinderküsse in seinem Gesicht zu spüren.
Sie sind sicher, sagte er sich wieder. Sicher auf Munto Codru.
»Dein Erlebnis war ein Traum, Solo.« Xaverri erhob sich. »Meins war Wirklichkeit.«
Sie ließ ihn allein. Die Tür schloß sich leise hinter ihr.
Han schleuderte die Decke auf den Boden und stand auf. Mit bestrumpften Füßen klopfte er an die Tür von Lukes Zimmer und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten.
Alle Fenster und Vorhänge waren geöffnet. Der Weiße Zwerg, der Kristallstern, strahlte im Zenit, als er den Orbit der Crseih-Station kreuzte. Das Schwarze Loch, der lodernde Mahlstrom, ging auf. Selbst unsichtbar, drehte es sich im Zentrum seiner turbulenten Akkreszenzscheibe, die freigesetzte Energien explosionsartig ausstieß. Licht aus zwei Richtungen durchflutete das Zimmer. Allmählich überstrahlte das Licht der Akkreszenzscheibe das des Weißen Zwergs und badete den Fußboden in greller Helligkeit und scharfen Schatten.
Luke saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Balkon und wandte Han den Rücken zu. Er sagte nichts.
3PO straffte sich. Der Droide hatte den Tisch mit Standardrationen aus dem Millennium Falken gedeckt. Handtücher aus dem Badezimmer dienten als Servietten.
Eine Vase mit grotesk verwachsenen Blumen bildete den Mittelpunkt des Tischs. Vor Generationen, als die Crseih-Station noch richtig gewartet wurde, mochten die Blumen noch einer erkennbaren Spezies angehört haben. Im Laufe der Jahre jedoch, als die Strahlungsschilde immer unzuverlässiger wurden, hatten sie mutiert und sich in dickblütige Monstrositäten verwandelt, die an rohe Leberscheiben, infiziert mit giftgrünen Tumoren, denken ließen.
»Master Han, haben Sie Hunger?« fragte 3PO. »Ich habe einen leichten Brunch vorbereitet. Wenn wir Master Luke wachrütteln könnten…«
»Ich hatte Hunger«, sagte Han. »Bis ich diese Blumen gesehen habe. Schmeiß die Dekoration weg, ja?«
»Aber Sir, sie sind recht reizvoll…«
»Sie sind das verdammt Häßlichste, was ich seit Oetrago gesehen habe.« Han setzte sich. »Und sie riechen!«
»Es sind Blumen, Sir«, sagte 3PO mit schmerzerfüllter Stimme. »Sie müssen riechen. Ich wollte nur etwas Heiterkeit ins Zimmer bringen und mußte, wenn ich es so ausdrücken darf, bei ihrer Beschaffung den Zorn unseres Wirts auf mich nehmen.«
Na toll, dachte Han, sagte es aber nicht laut. Noch ein Posten auf unserer Rechnung.
Er ging zur Terrassentür. »Luke, Frühstück!«
Han setzte sich an den Tisch und öffnete die unappetitliche Standardpackung. Wann habe ich dieses Zeug zum letzten Mal ausgewechselt? dachte er. Er blickte auf das Datum der Packung und verzog das Gesicht.
»3PO, warum hast du nicht etwas von dem richtigen Essen aus dem Falken geholt?«
»Weil es nicht mehr frisch war, Master Han.«
»Das ist das hier auch nicht.«
»Natürlich nicht, Sir. Es sind Konserven.«
»Das ist lächerlich. Ich werde uns eine anständige Mahlzeit bestellen.«
»Das ist unmöglich, Sir. Unser Wirt, der Herbergsvater, besteht auf sofortiger Barzahlung.«
Han seufzte und fand sich mit diesem schrecklichen, wenn auch nahrhaften
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