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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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geschah.
    »Er hat recht«, meinte Zokora hinter mir. »Du bist dumm. Weil deine Pfeife dir beim Denken hilft, habe ich sie dir mitgebracht.« Sie hielt mir die Pfeife und einen prall gefüllten Tabaksbeutel hin. »Du scheinst sie nötig genug zu haben. Die Pfeife lag in deinem Zimmer, den Tabak habe ich von Helis gestohlen. Sie suchte gestern fast drei Kerzen lang den Markt nach Bessareiner Apfeltabak ab und traut sich nun nicht, ihn dir zu geben.«
    »Was machst du hier?«, fragte ich, während ich Tabak und Pfeife entgegennahm. Serafine hatte drei Kerzen lang nach meinem Tabak gesucht?
    »Du hast nach mir verlangt, wenigstens sagte man mir das.« Sie lehnte sich neben mich an die Bank. »Wir haben solche Fische auch«, stellte sie fest und deutete auf den Karpfen. »Sie sehen genauso aus, nur sind sie bleich, haben keine Augen und lange Zähne.«
    »Dann sehen sie nicht genauso aus.«
    »Doch. Nur anders. Du siehst die Dinge einfach falsch.« Sie wandte sich mir zu. »Wenn du mich suchst, kann es sein, dass du etwas von mir willst, wenn nicht, gehe ich am besten wieder, bevor du auch mich zum Weinen bringst. Die Gefahr sehe ich als gering an, doch bei Leandra und Helis ist es dir gelungen.«
    »Warum sollten sie weinen?«, fragte ich überrascht.
    Zokora schüttelte den Kopf. »Leandra weint, weil sie einen Traum aufgeben muss, aber das hat sie schon lange gewusst. Es kam nur zu schnell, und sie weiß, dass es keinen Weg daran vorbei gibt. Serafine weint, weil sie ihre Hoffnung verlor und glaubt, du liebst sie nicht. Vielleicht sollte ich ebenfalls mit dem Weinen beginnen, weil deine Dummheit so schmerzhaft ist. Meinem Volk ist die Liebe verboten, und doch hast du gesehen, dass ich sie verstanden habe. Du hingegen predigst sie und bist blinder noch als dieser Fisch.«
    »Er ist nicht blind.«
    Sie funkelte mich an. »Du verstehst nichts. Oder ist es so, dass du nicht verstehen willst ? Jeder hat es gesehen. Leandra zuerst, auch Nataliya erkannte es, Sieglinde wusste es sogar vor allen anderen. Selbst ich habe es erkannt. In dem Moment, in dem Helis’ Seele zurück in ihren Körper fand, warst du verloren. Vielleicht bist du so sehr gewohnt, dich gegen deinen Gott zu stemmen, dass du dich auch Astartes Segen verweigerst. Nur zu, schau, wohin dich das führt! Aber wenn du weinen willst, dann ruf nicht mich dazu herbei, ich habe dafür nicht die Geduld.« Sie funkelte mich weiter zornig an. »Ich werde mir nicht die Mühe machen, mich zu wiederholen. Was du tust, ist mir egal, doch wenn wegen dir jeder nur herumläuft, als wären ihre Pilze vom Mehlfraß befallen, dann stört mich das auf Dauer auch. Also, wenn du etwas Sinnvolles von mir willst oder du mir auf meiner Suche nach Furchtbann helfen willst, dann bist du willkommen. Wenn du mir aber nur aufs Gemüt gehen und mich mit deiner Dummheit belasten willst, bleib fern von mir.«
    Damit trat sie hinter mich, doch als ich mich umdrehte, war sie nicht mehr da. Ich sah zu dem Karpfen hin und wusste nicht, was ich denken sollte, als ihre Stimme mich erneut erschreckte.
    »Helis ist in ihrem Zimmer und sucht diesen Tabak ganz verzweifelt. Du könntest sie beruhigen.«
    »Ich …«, begann ich und drehte mich um, doch sie war schon wieder verschwunden, »… bin dir dankbar.«
    »Ich weiß«, sagte Zokora hinter mir. Wieder fuhr ich herum, doch da war sie nicht.
    Ich schaute erneut zu dem Karpfen hinüber, der nach Zokoras Meinung so wenig von der Liebe verstand wie ich. Vielleicht hatte sie recht. Was wusste ich schon von der Liebe?
    Der Tag, an dem ich geboren wurde, war der Tag, an dem die Belagerung meiner Heimatstadt Kelar begann. Gerade, als ich alt genug geworden war, mich einen Mann zu nennen, erhielt ich Soltars Schwert und ging durch sein Tor. Danach war alles anders. Man nannte mich einen Helden, und es stieg mir zu Kopfe. Es gab eine junge Frau, die mir gefiel, und ich machte ihr den Hof.
    Ich lehnte mich auf der Bank zurück und versuchte mich daran zu erinnern, wie sie ausgesehen hatte. Ich sah ihr Lächeln vor mir, als sie mir einen Apfel reichte, und ihr goldenes Haar, doch ihr Name fiel mir nicht mehr ein. Sie gebar mir ein Kind. War es dieses Kind, das in Verlmont an der Pest starb, oder dessen Enkel? Zweiunddreißig Jahre lang war die Sera mit dem goldenen Haar meine Frau gewesen. Ich erinnerte mich an ihren Duft, an Abende in unserem kleinen Haus, in dem Seelenreißer fast vergessen über dem Kaminsims hing. Ich erinnerte mich daran, wie sie alt

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