Der Kronrat (German Edition)
Triebe. Die Menschen erfreuten sich an dem schönen Wetter, und wohin ich sah, lachten die Gesichter, als gäbe es keinen Krieg und keinen Nekromantenkaiser, der die Welt erdrücken wollte.
Mich erfreuten schönes Wetter und freundliche Gesichter wenig, jedes Lachen, das ich hörte, jeder Sonnenschein drückte mir noch mehr aufs Gemüt, bis ich den Drang verspürte, mit dem Kopf voran gegen die Festungsmauer zu rennen. So absurd der Gedanke auch war, er spiegelte wieder, wie ich mich fühlte: als ob nichts, das ich tat, einen Sinn ergab.
Solche Gefühle waren mir fremd. Ich hatte schon als Kind gelernt, dass es Dinge gab, die einen Menschen stark bedrückten, aber auch, dass es keinen Sinn hatte, sich von ihnen beherrschen zu lassen. Man musste tun, was man tun musste, und auf einen besseren Tag hoffen. Rellin hatte den Anfang gemacht, ich übernahm nach ihr und schalt mich selbst einen Idioten, aber es half nicht viel. Ich war geneigt, Streit zu suchen, was aber nicht klüger war, als mir den Schädel an der nächsten Mauer zu zerbrechen.
17. Apfeltabak
Santer fand mich im Innenhof der Zitadelle, bei meinem alten Freund, dem Karpfen, der mich noch immer ignorierte.
»Es ist kalt in Eurer Heimat«, sagte er lächelnd und setzte sich neben mich auf die Bank. »Ich bin froh, zurück zu sein, auch wenn ich sagen muss, dass diese Donnerfeste mich beeindruckt. Man macht gute Fortschritte dort, und wenn man Langeweile hat, gibt es einen netten Sport. Spinnenjagd. Es trifft nicht ganz meinen Geschmack, dafür traf ich dann eine Elfe, die sich für einen Werwolf hält. Euer Freund Eberhard hat jemanden geschickt, die Messe in der Donnerfeste zu übernehmen, und täglich treffen Kämpfer und Flüchtlinge dort ein.«
»Hm«, meinte ich und sah dem Karpfen zu.
»Gestern Nacht war es am besten, da tanzten Rentiere auf den Wänden, und Bären haben in der Messe aufgetischt, außerdem gingen die weiblichen Soldaten trotz der Kälte nackt im Brunnen baden.«
»Das ist gut«, meinte ich und fragte mich, warum ein Karpfen immer an der Wasseroberfläche zu kauen schien.
Santer lachte schallend. »Habt Ihr auch nur ein einziges Wort vernommen?«, fragte er, als ich ihn überrascht ansah. »Mann, was ist mit Euch? Man könnte meinen, Ihr hättet Liebeskummer.«
Ich seufzte, vielleicht entsprach das ja den Tatsachen.
»Ihr mögt recht haben«, gab ich dann zu. »Seit meine Gefährtin die Krone trägt, gibt es eine Grenze, die nicht überschritten werden darf. Es bedrückt mich, das ist gewiss.«
Er sah mich verwundert an. »Aber es ist doch die Maestra Leandra di Girancourt, die nun die Krone Illians tragen soll, nicht wahr?«
»So ist es«, meinte ich müde. »Es ist auch mein Entschluss gewesen, doch es fällt mir schwer, sie aufzugeben.«
»Das verstehe einer«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Ich hätte schwören können, dass Ihr die Sera Helis liebt. Selbst Desina meinte, dass es eine Freude wäre, euch beide zusammen zu sehen.«
»Da kann man sich leicht täuschen«, sagte ich ungehalten. »Man könnte auch meinen, dass Ihr Desina liebt.«
Er nickte bedächtig. »Ihr seid übel gelaunt, Ser General. Wenn es Euch dann besser geht, keilt ruhig aus, aber wenn es Euch nichts nützt, dann lasst es sein. Ich habe ein breites Kreuz und kann einiges vertragen, aber hütet Eure Worte den Seras gegenüber. Vor allem bei Desina wünsche ich, dass Ihr Euch beherrscht.«
»Warum?«, fragte ich kühl. »Habe ich einen wunden Punkt getroffen?«
»Ja«, sagte er, stand auf und sah dabei gar nicht freundlich drein. »Wenn Ihr wollt und es Euch hilft, werfe ich Euch gern zu dem Karpfen, mit dem Ihr reden wollt. Es könnte Euch das Gemüt kühlen. Es ist so, wie Ihr vermutet, und es schmerzt, weil es keine Lösung gibt. Also verschont mich mit Euren spitzen Worten! Aber auch ich habe recht, nicht wahr? Was auch immer Ihr getan habt, die Sera liebt Euch und wird Euch verzeihen, wenn Ihr sie darum bittet.«
»Es gibt nichts zu verzeihen, sie ist Königin, und mein Weg führt mich von ihr weg. Mehr ist es nicht.« Ich sah müde zu ihm auf. »Verzeiht, Santer, ich war ungerecht, ich weiß auch nicht, was mit mir ist.«
»Ihr seid dumm, das ist es«, meinte er hart. »Ich kann Euch Eure Worte leicht verzeihen, mir ergeht es nicht viel anders als Euch. Auch eine Sera kann alles verzeihen, nur nicht, dass man nicht weiß, dass man sie liebt.«
Damit drehte er sich um und ließ mich sitzen, was mir in der letzten Zeit zu oft
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