Der Kronrat (German Edition)
Wort mehr vorher, bevor du noch mehr zerstörst! Götter, Havald, du bist wie die Axt auf einem groben Scheit!« Sie ging unruhig auf und ab und blieb dann stehen. »Kannst du nicht ein einziges Mal lügen?«, fragte sie. »Muss es denn immer die Wahrheit sein?«
»Ich kann mir Lügen nicht mehr merken«, erklärte ich ihr. »Die Wahrheit ist stets besser.«
»Aber man verabreicht sie in kleinen Dosen und nicht mit einer Axt!«, beschwerte sie sich. »Ich werde jetzt gehen, Havald, bevor ich noch an dir verzweifle. Wir treffen uns dann später wieder.« Mit diesen Worten stürmte sie hinaus und warf die Tür heftig hinter sich zu.
Am Fenster hinter mir gab es Bewegung. »Du erstaunst mich immer wieder, Havald«, sagte Zokora, die es sich auf dem Fenstersims bequem machte, als handelte es sich um einen breiten Sessel und nicht um sieben hohe Stockwerke, die sie fallen konnte.
»Wie lange bist du schon hier?«, fragte ich sie gereizt. Ich hatte wenig Lust, nun auch noch ihr Rede und Antwort zu stehen.
»Lange genug. Ich wollte nur nicht stören.«
»Danke«, gab ich bissig zurück. »Was willst du?«
»Dir mitteilen, dass Leandra nicht mehr weint und nun nur noch wütend ist. Das ist gut.«
»Das ist gut?«, fragte ich unverständig.
»Ja«, meinte Zokora. »Sie muss erst wütend sein, damit sie sich später selbst vergeben kann.«
»Sie sich?«, fragte ich erstaunt.
Zokora sah mich an und schüttelte dann den Kopf. »Siehst du es denn nicht? Es war ja auch ihre Wahl. Sie hätte ihren Auftrag und den Thron aufgeben können, um dir zu folgen, sie tat es nicht.«
»Wie hätte sie denn anders entscheiden können?«, fragte ich verblüfft. »Das Schicksal unserer Heimat lastet auf ihren Schultern!«
»Weil sie es so will. Nur deshalb!«, sagte Zokora und schien mir zuzuzwinkern, bevor sie sich nach hinten fallen ließ! Als ich erschreckt zum Fenster eilte und sie nicht zerschmettert im Garten liegend fand, hätte ich sie liebend gern erwürgt.
»Götter!«, rief ich. »Warum machst du das? Willst du mich nur ärgern?«
»Weil ich es kann!«, lachte sie von über mir, wo sie wie eine Spinne an der Wand hing. Bevor ich etwas sagen konnte, zog sie sich über die Dachkante hinweg und war aus meiner Sicht verschwunden.
Ich versuchte mich zu beruhigen und suchte dann Stabsobrist Orikes auf. In seinem Quartier war er nicht, also ging ich hinab zu seinem Amtszimmer. Dort fand ich ihn beschäftigt vor und musste lange genug warten, dass ich ruhiger wurde.
»Kommt herein«, meinte er, als er mir selbst die Tür öffnete.
Er wies mit der Hand auf einen einfachen Stuhl und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Ich sah mich in dem kargen Raum um, der es an Einfachheit mit einer Gebetszelle aufnehmen konnte. Eine Wand war vollends mit einem Regal für Bücher und Schriftrollen bedeckt, die andere zeigte eine große Karte mit den Grenzen des Alten Reichs, eine neuere, kleinere war daneben angeheftet und zeigte Illian und die anderen Reiche meiner Heimat.
Er folgte meinem Blick und lächelte. »Ein Geschenk der Elfen«, meinte er. »Habt Ihr schon mitbekommen, dass die Mauern Eurer Kronburg noch halten?«
»Nein«, sagte ich erleichtert. »Aber das ist gut zu hören. Wie ist die Lage dort?«
»Wenn ich nicht wüsste, dass Elfen zählen können, würde ich sagen, dass sie sich irren. Sie berichteten, dass die Kronburg mit Macht belagert wird und das Heer vor ihren Wällen mehr als dreißigtausend Mann umfasst. Es muss dort einen Fluss geben, der Eurer Kronstadt als Wehrgraben dient. Er ist voll von Leichen, und die Schergen Thalaks schlachten Eure Leute ab und stecken die Köpfe auf Pfähle. Aber Ihr wisst wohl selbst am besten, wie es dort aussieht.«
Ich sah ihn fragend an. »Eure Königin berichtete von einem Traum. Was die Elfen uns berichten, bestätigt jede Einzelheit, die Ihr Eurer Königin erzählt habt. Träumt Ihr öfter wahr? Ist es vielleicht gar ein Talent der Götter?«
»Wenn, dann war es nicht das meine, sondern das der Königin«, sagte ich leise. »Ich träumte immer nur von ihr.«
»Schade, es wäre sicherlich sehr nützlich gewesen.« Er betrachtete die Karte und atmete tief ein. »Die Mauern scheinen noch zu halten, und vielleicht stehen sie lange genug, bis Ihr Eure Legion dorthin führen könnt. Die Kronstadt muss gut gebaut sein, um solch einer Belagerung widerstehen zu können.«
»Wir hatten einen König, der gern baute, er tat nichts anderes, aber das tat er gut.« Ich
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