Der Kronrat (German Edition)
als Erste das Schweigen. »Die ganze Zeit hielt sie sich an Steinherz geklammert, als ob sie ohne das Schwert zerbrechen würde.«
»Sie war noch nicht einmal wütend«, meinte ich bedrückt. »Nicht ein einziger Funken lief an ihr entlang.« Ich seufzte. »Es lag nie in meiner Absicht, sie zu verletzen, das zumindest sollte sie wissen.«
»Sie weiß es«, sagte Serafine sanft. »Ich bin mir dessen sicher.«
Ich wollte nur, ich wäre es auch.
»Das ist die neue Königin von Illian? Die Maestra, von der man in der Donnerfeste erzählt, Leandra di Girancourt?«, fragte Ragnar ungläubig. »Was hast du gemacht? Sie aus deinem Bett geworfen?«
»Sie bot mir die Position an ihrer Seite an, doch ich lehnte ab«, sagte ich müde. »Aber sie schien das zu verstehen.«
»Aha«, meinte er und sah zu Serafine. »Die Krone ist das eine Ding, doch du hast sie auch als Frau verschmäht. Ein Wunder, dass sie dir nicht an die Kehle ging.«
»Ich hatte keine Wahl«, meinte ich und massierte mir die Schläfen.
»Du hast wählen müssen, und es wird Folgen haben«, meinte Ragnar. Er schaute zu Serafine, die bleich und still am Fenster stand. »Aber ich kann deine Wahl verstehen.« Er richtete seinen Blick auf mich. »Was meinte sie damit, dass du die Tempel erschüttert hast?«
»Wir fanden die Spuren einer alten Schandtat«, erklärte Serafine an meiner Stelle. »In Wahrheit war es kaum Havalds Schuld. Er war einfach nur zugegen.« Sie seufzte. »Niemand sprach bisher über das, was wir fanden. Wir selbst wissen es auch noch nicht einzuordnen. Wir erfuhren kürzlich, dass vor Jahrhunderten ein Nekromant, der mächtig genug war, selbst Askannon die Stirn zu bieten, aus einem Tempelbann entkam.«
»Und wer ist er?«, fragte Ragnar neugierig. »Hat man von ihm wieder gehört?«
»Nein«, antwortete ich. »Für einen Moment dachte ich sogar, es wäre der Nekromantenkaiser selbst, doch das Wirken dieses Nekromanten reicht noch weiter zurück. Er ist ein Stein in einem Mosaik, dessen Bild wir noch nicht sehen können.«
»Aber ihr wisst, wer dort entkommen ist?«
»Den Namen wissen wir noch nicht, nur dass er einer der ältesten und mächtigsten der verfluchten Seelenreiter ist«, sagte Serafine besorgt. »Ein Mann, den Askannon einmal besiegte, aber nicht erschlagen konnte. Anstatt selbst zu sterben, gab der Seelenreiter die Leben auf, die er gestohlen hatte. Man sperrte ihn deshalb unter dem Tempel des Göttervaters ein, in der Hoffnung, dass er dann dort sterben würde. Aus Rache über eine gerechte Bestrafung und aus Wahn befreite ihn ein Schüler der Eulen, den diese aus dem Turm geworfen hatten, nachdem er sich an einer Frau verging. Schlimmer noch, der Verfluchte entkam, ohne dass es jemand bemerkte. Es dauerte über achthundert Jahre, bis wir die Tat entdeckten.« Sie kam zu mir und setzte sich neben mich auf das Bett. »Wovon wir aber getrost ausgehen können, ist, dass er ein Teil des Ganzen ist. Askir ist das Ziel des Nekromantenkaisers, und dass hier ein Seelenreiter so lange unter Qualen gefangen war, kann kein Zufall sein. Er wird nicht eher ruhen, bis die Ewige Stadt vernichtet ist«
»Da hat er viel zu tun«, meinte Ragnar und lachte bitter. »Was ihr mir von dem Verfluchten erzählt …« Er seufzte. »Es hat wohl immer alles einen Anfang im Kleinen, den man nicht sofort sieht.«
»Wohl wahr«, sagte ich leise. »Da fällt mir noch etwas ein. Wir erhielten eine Warnung, dass ein Nekromant sich als Gesandter deiner Heimat tarnt. Wer es ist, wissen wir noch nicht, wir wollten uns darum noch kümmern.«
»Soll ich euch helfen, ihn zu erschlagen?«
»Nein«, sagte ich. »Du kennst diese Art von Feind nicht und weißt nicht, welche dunkle Magie er beherrscht, da hilft auch deine Axt dir kaum. Aber vielleicht kannst du mit gebotener Vorsicht herausfinden, wer es ist.«
»Da trifft es sich doch vorzüglich, dass wir bei meinen Landsleuten heute so viele gute neue Freunde gefunden haben«, meinte Ragnar bitter.
»Vielleicht kannst du die Wogen ja noch glätten. Wir wissen, dass der Verfluchte erst im Gefolge eures neuen Königs nach Askir kommen wird. Ein wenig Zeit bleibt uns also noch. Wenn du etwas herausfindest und uns nicht finden kannst, greife ihn nicht selbst an. Wende dich besser an Leandra.«
»Die Königin aus Eis? Warum sollte ich das tun?«
»Weil sie weiß, wie man einen Nekromanten stellt, und sie ein Bannschwert trägt. Sie ist nicht so, wie sie dir heute erschien.«
Er seufzte. »Ich sollte
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