Der Kronrat (German Edition)
meiner Heimat zehn, die ihm als Leibgarde dienen sollten. Die Kämpfe um diese Ehre waren hart, doch das Glück war mir gewogen, als Letzter der zehn wurde ich dazu bestimmt, für ihn sterben zu dürfen. Ich erhielt den Armreif meiner Würde und ging stolz und von vielen beneidet an Bord des Schiffs des Prinzen. Ach, Havald«, seufzte er, »es war ein glorreicher Tag, der beste meines Lebens! Aber bald zeigte sich, dass diese Reise unter einem ungünstigen Stern stand. Der erste Teil der Reise verlief ganz nach Wunsch, doch kurz vor Aldar begann das Unglück. Der Mast brach, und wir mussten in Aldar warten, bis ein neuer angefertigt werden konnte. Vier Wochen später als geplant liefen wir dann endlich aus, doch jetzt begann die Zeit der Stürme. Einer ereilte uns kurz vor Janas, und als die Wolken sich verzogen, wussten wir, dass uns die Götter nur verspotteten, denn der neue Mast war jetzt ebenfalls gebrochen, das Schiff so zerschlagen, dass es kaum mehr schwamm, und am Horizont erblickten wir die Segel der Piraten. Unter anderen Umständen hätten wir über sie gelacht, doch bei einem waidwunden Schiff fanden auch diese Hyänen der Meere ihren Mut.« Er ballte seine Fäuste, sah auf sie hinab und entspannte sich mit sichtlicher Mühe, bevor er mit rauer Stimme weitersprach. »Doch es war nicht alles verloren. Es waren nur zwei Schiffe, und wir entschieden uns, sie anzugreifen, bevor sie damit rechnen konnten. Zweimal zehn von uns gingen ins Wasser und warteten auf den Feind, und als er näher kam, um das Schiff anzugreifen, griffen wir die Ruder und stürmten an Bord. Zehn von uns gegen einhundert oder mehr … Niemals wieder habe ich einen solchen Kampf gesehen! Schwer verletzt überstanden der Prinz, ich und zwei meiner Kameraden diese Schlacht. Auch wenn die anderen beiden nicht überleben würden, so hatten wir doch gesiegt. Auch das andere Schiff brannte, und schon wollten wir jubeln, als ein drittes Schiff herankam. Wir hatten Zeit genug erkauft, den Mast zu kappen, der Prinz ließ die Ruder ausbringen und gab den Befehl zum Angriff, und ich sah noch, wie er auf den Gegner deutete, aber dann ereilte mich ein Unglück. Ein Tau, das im Kampf beschädigt worden war, riss, und eine Rah fiel auf mich, um mich halb zu zerschlagen und fast in Soltars Arme zu schicken. Als ich wieder zu mir kam, waren meine Kameraden an ihren Wunden gestorben, ich war allein auf einem Schiff voll von Toten, von den anderen und auch vom Schiff des Prinzen gab es keine Spur. Ich weiß nicht mehr, wie ich an Land gelangen konnte, doch ich schaffte es irgendwie. Wochenlang irrte ich umher, bis ich dann Gasalabad erreichte, eine Stadt, so fremd wie keine andere. Dort dann traf ich einen aus meinem Land, und der erzählte mir, dass der Prinz den Tod gefunden hatte. Man hatte die Reste seines Schiffs zerschlagen an der Küste gefunden.« Seine Augen waren tränennass, und seine Lippen bebten, als er mühsam weitersprach. Er griff nach meiner Hand, umfasste und presste sie so hart, dass ich um meine Knochen fürchtete, doch ich wollte sie ihm nicht entziehen. »Ich hatte vor allen Göttern geschworen«, fuhr er mit gebrochener Stimme fort, »dass ich vor dem Prinzen sterben würde. Dass es anders kam, ist eine Schande, die keiner gleichkommt, die du kennst. Kein Nordmann kann so leben, und ich entschloss mich, meinem Dasein ein Ende zu setzen. Aber dann kam die letzte Schande über mich, denn ich vermochte es nicht zu tun. Was ich tat, Freund Havald, ist das schlimmste aller Verbrechen: Ich fürchtete den Tod und ließ meinen Prinzen vor mir sterben.« Er schüttelte langsam den Kopf und sah mich mit treuen Hundeaugen an. »Ich bin schuldig, Havald, und selbst du kannst hier nichts tun. Ich bin froh darum, dass ich nun sterben werde, es erfüllt mich mit Abscheu, dass mir der Mut fehlt, mich selbst zu richten.«
»Deshalb also warst du so erpicht darauf, im Kampf zu sterben«, sagte Serafine leise, während ich versuchte zu verstehen, was er mir sagen wollte.
»Aye, Helis«, gab er leise Antwort. »Auch meine Prahlerei hat darin ihren Ursprung, und die Jagd nach jedem Weiberrock. Meine Schande lastet schwer auf mir, der Tod macht mir Angst und ist doch eine Sucht. Nur zwischen den Lenden einer Frau spüre ich das Leben und kann vergessen, für einen kurzen, glorreichen Moment! Nur dort finde ich Erlösung, bis die Verzweiflung wiederkehrt!« Er seufzte tief und lang. »Es ist wahr, Havald«, gestand er. »Ich bin froh, dass das Spiel nun
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