Der Kronrat (German Edition)
»Fahre fort.«
»Helgs besitzt ein Kontor im Hafen«, nahm Santer den Faden wieder auf. »Dort arbeiten neun weitere für ihn, außerdem unterhält er Verbindungen zu den Banden am Hafen. Und er benutzt hin und wieder zwei Knochenbrecher, um Schulden einzutreiben.« Er klappte das Leder wieder vor und sah über die Straße zu dem Haus des Händlers. Wir standen auf dem Dach eines Hauses gegenüber; den Bewohnern war diskret nahegelegt worden, für die nächste Zeit auf des Kaisers Kosten einen Urlaub in der Außenstadt zu nehmen.
Neben Serafine, Santer, Desina und mir war auch ein kleiner Korporal der Seeschlangen anwesend, Fefre, der Freund Santers. Fefre hatte eine Tenet Seeschlangen dabei. Zusammen mit einer Tenet der Bullen sollten sie den Ansturm wagen. Wenn wir wussten, wie und wann. Es war die vierte Glocke, Mittag, und die Sonne meinte es gut mit der Stadt, aber nicht mit uns, denn die Wolken und der Regen des Vormittags wären uns lieber gewesen.
»Ein unangenehmer Geselle«, stellte Desina fest. »Aber davon gibt es viele. Er wäre eher aufgefallen, wenn er sich anders verhalten hätte. Was wissen wir von den Bediensteten?«
»Nicht besonders viel«, sagte Santer und blätterte durch die Seiten. »Einer seiner Diener wurde dreimal verhaftet, er war in Schlägereien verwickelt und hat einmal einem Schuldner ein Bein gebrochen. Er kam mit dreißig Peitschenhieben davon, seitdem war er entweder gesetzestreu oder vorsichtig. Hier haben wir etwas. Der Koch. Man hat ihn schon zweimal bei Versammlungen gesehen, die in dem Verdacht standen, Gottesdienste für den Namenlosen zu sein, doch jedes Mal, wenn wir zugegriffen haben, gab es einen anderen Grund für die Zusammenkunft. Einmal eine Orgie, das zweite Mal war es ein verbotener Wettkampf mit Klingen.«
Ich schaute wieder zum Haus des Kaufmanns. Jetzt, wo sich die Aufgabe stellte, dort schnell einzudringen und den Verfluchten zu überraschen, musste ich zugeben, dass die Bauweise ihren Zweck erfüllte.
»Ist er in seinem Kontor?«, fragte ich.
»Ja«, meinte Santer. »Er hat die Angewohnheit, mittags eine Pause zu machen. In etwa einer halben Kerzenlänge wird er nach Hause kommen.«
Fefre nickte. »Wir haben die Wahl, in sein Haus einzudringen, und zu hoffen, dass er es nicht bemerkt, wenn er das Tor öffnet, oder ihn auf der Straße abzupassen. Er hat immer zwei Wachen dabei, ihnen sind nur Lederknüppel gestattet, aber es gibt eine Anzeige gegen einen von ihnen, weil man ein Kurzschwert bei ihm fand. Aber keiner weiß, welche Kräfte der Verfluchte besitzt, und wenn wir ihn auf der Straße greifen, besteht die Gefahr, dass Bürger zu Schaden kommen. Das ist der Grund, weshalb wir hier auf ihn warten«, erklärte der Korporal. »Am Hafen herrscht zu großes Gedränge, hier ist es ruhiger.«
»Wir könnten auf Sera Zokora warten«, schlug Serafine vor. »Sie besitzt ein Blasrohr und Pfeile mit einem Schlafgift, das sich auch gegen Verfluchte schon als hilfreich erwies.«
»Sie ist ein hochgestellter Gast. Orikes wäre ungehalten, würde ihr etwas geschehen«, widersprach die junge Eule. Sie sah zu mir hin. »Gleiches gilt für Eure Königin. Sie und die Sera Zokora sind zu wichtig für die Kaiserstadt, als dass wir sie gefährden sollten. Dennoch ist es eine gute Idee, ihn zu betäuben.« Desina sah grübelnd zu dem Haus hinüber, dann auf die Straße hinab, in der mäßiger Betrieb herrschte. »Ich werde ihn auf der Straße stellen«, entschied sie. »Da drüben«, sagte sie und wies mit ihrer Hand den Ort. »An der Ecke. Die Schützen sollten ein gutes Schussfeld haben. Zwei Bullen, die sich auf diese Bank dort setzen und Würfel spielen und in ihrer Pause zechen. Der Krugverkäufer … Seht Ihr ihn?«
Ich nickte, ein älterer Mann mit einer Krücke, der neben einem Karren stand und den Passanten seine Krüge anpries. »Gebt ihm Gold und kauft ihm seinen Karren und diese dreckige Robe ab. Wir tauschen ihn gegen einen Soldaten aus. Im Karren kann er seine Armbrust unterbringen.«
»Wie willst du ihn betäuben?«, fragte Santer.
»Ein Donnerschlag«, erklärte sie. »Es ist ein sehr lauter Donner, so laut, dass er ihn für einen oder zwei Lidschläge lang betäubt und niederwirft. Es wird auch die Leute auf der Straße treffen, aber damit sind sie aus dem Schussfeld.« Sie sah zu mir. »Wir werden uns auf ihn werfen, ihn festhalten und versuchen, ihm diese Fesseln anzulegen. Alle. In der Hoffnung, dass eine von ihnen helfen wird. Wenn nicht, dann
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