Der Kruzifix-Killer
Flasche Rotwein mitzubringen.
Während er das wenig eindrucksvolle Wein-Sortiment durchsah, bemerkte er nicht, dass zwei neue Kunden mit Eishockey-Masken den Laden betreten hatten. Dieser spezielle Laden war bereits mehrfach ausgeraubt worden, allein im letzten Monat zweimal. Der Besitzer hatte inzwischen genug von der, wie er es nannte, »Unfähigkeit der Polizei«. Wenn die Polizei seinen Laden nicht beschützen konnte, dann musste er es eben selbst tun, hatte er beschlossen.
Ian hatte sich endlich für eine Flasche australischen Shiraz entschieden, als er auf einmal lautes Geschrei aus dem vorderen Bereich des Ladens hörte. Erst dachte er, es wäre nur ein Kunde, der sich lautstark über etwas beschwerte, doch dann erhitzte sich die Situation schneller als normal. Er spähte vorsichtig um die Regalecke, hinter der er stand. Die Szene, die sich ihm bot, hatte fast etwas Tragikomisches. Die beiden maskierten Männer standen mit gezogenen Pistolen vor dem Ladenbesitzer und zielten auf ihn, während der Besitzer mit seiner Doppelflinte im Anschlag abwechselnd auf den einen, dann wieder auf den anderen zielte.
Instinktiv wich Ian einen Schritt zurück, um sich hinter einem Ständer mit Brandy und Whisky zu verstecken. Doch aus Nervosität stolperte er beim Zurückgehen und stieß an den Whiskyständer, wodurch zwei Flaschen zu Boden fielen und zerbarsten. Der unerwartete Lärm ließ alle herumfahren, und die beiden maskierten Männer eröffneten im Schreck das Feuer in Ians Richtung.
Da die beiden Maskierten einen Sekundenbruchteil lang abgelenkt waren, erkannte der Ladenbesitzer seine Chance und schoss auf den einen der beiden, der näher bei der Tür stand. Die Wucht des Geschosses schleuderte den Mann durch die Luft und blies ihm den Kopf weg. Glassplitter von der Eingangstür flogen wie ein Hagelsturm durch den Raum. Der zweite Maskierte geriet beim Anblick seines geköpften Komplizen in Panik. Bevor der Ladenbesitzer dazu kam, sein Gewehr auf den zweiten Mann zu richten, hatte dieser zweimal seine Waffe abgefeuert und sein Ziel beide Male in den Bauch getroffen.
Der Ladenbesitzer taumelte nach hinten, fand jedoch noch die Kraft und Zeit, den Abzug seiner Flinte zu drücken.
Die ersten Kugeln hatten Ian allesamt verfehlt und nur einige Brandy- und Whiskyflaschen hinter ihm zerschossen. In seiner Panik stolperte er erneut und griff im Fallen nach dem ersten möglichen Halt. Das Einzige, was er zu fassen bekam, war der Flaschenständer selbst. Wie eine Ladung Ziegel stürzte er auf Ian nieder und krachte ihm auf die Beine. Rund um ihn gingen Flaschen zu Bruch. Für Ian hätte all das immer noch ein glückliches Ende nehmen können, wäre der Flaschenständer nicht ausgerechnet gegen eine Insektenlampe an der Wand gekracht, die sofort zu Bruch ging und Funken schlug. Der Alkoholcocktail, in dem Ian lag, entzündete sich wie Benzin.
Die Ampel sprang auf Grün, und Becky fuhr an, während sie verzweifelt gegen die Tränen ankämpfte.
Fast zweieinhalb Jahre lang hatte Becky keine Verabredung angenommen, und selbst jetzt war sie sich noch unsicher, ob sie wirklich wollte. Der Schmerz über Ians Verlust war immer noch lebendig.
Schließlich hatte Becky im Supermarkt um die Ecke Jeff kennengelernt. Dort ging sie zweimal die Woche auf dem Heimweg vom Büro einkaufen. Es war eine zufällige Begegnung gewesen. Becky hatte nach einer reifen Melone für ein neues Salatrezept gesucht und sich dabei von einer Frucht zur nächsten durchgearbeitet: eine jede in beide Hände genommen, sie einmal prüfend gedrückt und sich dann ans Ohr gehalten und sie geschüttelt.
»Suchen Sie nach der mit dem Überraschungsgeschenk drin?«, waren die ersten Worte, die Jeff an sie gerichtet hatte.
Sie musste lächeln. »Ich bin Schlagzeugerin. Melonen eigenen sich prima als Maracas.«
Jeff runzelte die Stirn. »Wirklich?«
Becky lachte. »Tut mir leid. Das war nur ein Scherz. Ist mein Humor – trocken wie die Wüste. Nein, ich versuche nur, eine gute Melone zu finden … eine reife.«
»Nun, dann kommen Sie mit Schütteln nicht weiter.« Sein Ton war kein bisschen besserwisserisch. »Das Geheimnis dabei ist der Geruch. Wenn Sie daran riechen, werden Sie feststellen, dass manche einen süßeren, reiferen Geruch besitzen. Das sind die reifen Früchte«, sagte er, hielt sich zur Demonstration eine Melone an die Nase und sog ihren Duft ein. »Zu süß sollten sie allerdings auch nicht riechen. Dann sind sie nämlich schon
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