Der Kruzifix-Killer
über ihre Arbeit bei der Bank kennengelernt. Ein charmanter, großgewachsener Playboy mit blonden Locken, der gerade eben durch den Tod seines Vaters, eines Immobilienmillionärs, ein beträchtliches Vermögen geerbt hatte. Da er ein Einzelkind war und seine Mutter bereits im Alter von fünf Jahren verloren hatte, war er der alleinige Erbe.
Ian hatte noch nie gut mit Geld umgehen können, und wäre es nach ihm gegangen, hätte er vermutlich sein ganzes Vermögen an den Blackjack- und Roulette-Tischen in Las Vegas und Atlantic City verspielt, doch aus irgendeinem Grund hatte er auf den Rat seines besten Freundes gehört und beschlossen, einen Teil des Geldes anzulegen.
Ian war völlig ahnungslos in diesen Dingen. Er hatte noch nie einen Cent gespart, geschweige denn investiert, doch sein bester Freund kam ihm auch hierbei zu Hilfe. Er schlug ihm vor, sich die Angebote der Union Bank of California zur »Vermögensplanung« anzusehen.
Angesichts der Summe, die Ian anlegen wollte, stellte ihm die Bank mit Freuden Rebecca Morris als seine persönliche Anlageberaterin zur Seite.
Ihre Beziehung war zunächst strikt beruflicher Natur gewesen. Allerdings war Becky sehr schnell angetan von Ians Naivität in Finanzdingen und seinen charmanten blauen Augen. Ihre anfänglich noch schüchterne Zuneigung füreinander war beiderseitig. Ian war fasziniert von der süßen, eins fünfundsechzig großen Brünetten. Sie war attraktiv und intelligent und besaß einen laserscharfen Humor. Nach nur einer Woche war Ians Interesse von Beckys Finanzwissen auf Becky selbst übergesprungen. Täglich rief er sie an, fragte nach Tipps für den Finanzmarkt, Anlageempfehlungen, egal was, Hauptsache er kam in den Genuss ihrer Stimme. Und das wusste sie.
Obwohl Ian Tasker unleugbar ein Playboy und selbsternannter Frauenheld war, verschwanden seine Arroganz und sein überzogenes Selbstbewusstsein in Beckys Gegenwart. Becky war anders als all die blutsaugenden Frauen, die er sonst so kennengelernt hatte. Ihr Interesse an seinem Geld schien rein professionell zu sein. Nach knapp zwei Wochen nahm er endlich all seinen Mut zusammen und fragte sie, ob sie Lust hätte, mit ihm auszugehen.
Es war beileibe nicht das erste Mal, dass Becky von Bankkunden auf eine private Verabredung eingeladen wurde. Meistens von verheirateten Männern. Sie hatte immer höflich abgelehnt. Auch Ians Playboyallüren waren nicht gerade das, was sie sich unter einem potentiellen Beziehungskandidaten vorstellte. Und doch beschloss sie, diesmal ihre eigene Regel – »keine privaten Kontakte mit Kunden« – zu brechen.
Der Abend war so vollkommen, wie sie es sich nur hätte erträumen können. Ian hatte ein kleines Restaurant am Meer in Venice Beach ausgesucht, und zunächst wusste Becky nicht recht, was sie davon halten sollte, dass er für den Abend das gesamte Restaurant nur für sie beide gemietet hatte. War das nun ein Trick, um sie zu beeindrucken, oder hatte er wirklich eine romantische Ader? Doch im Verlauf des Abends fühlte sich Becky mehr und mehr zu ihm hingezogen, zunächst von seinem jungenhaften Charme und lebenslustigen Naturell, schließlich jedoch von seiner überraschend anregenden Gesellschaft. Ian war ohne Zweifel sehr von sich eingenommen, aber er war auch clever, witzig, nett und unterhaltsam.
So zog ihr erster gemeinsamer romantischer Abend eine Kette von weiteren nach sich, und mit jedem neuen Rendezvous blühte ihre Bekanntschaft auf. Mit seiner ungenierten Art eroberte er ihr Herz im Sturm, und als er schließlich die entscheidende Frage in der Pause zwischen einem Lakers-Spiel live im landesweiten Fernsehen an sie richtete, war Becky die glücklichste Frau in Los Angeles.
Gegen seinen Willen bestand sie auf einem Ehevertrag: Sie liebe ihn und nicht sein Geld, sagte sie.
Ihre Ehe setzte dort ein, wo ihre Verabredungen aufgehört hatten. Alles schien perfekt. Ian war ein aufmerksamer und rücksichtsvoller Ehemann, und Becky kam sich vor wie in einem Märchen. Zwei Jahre lang lebte Becky ihren Traum. Den Traum vom vollkommenen Glück, den Traum, mit jemandem zusammen zu sein, dem man wichtig ist und von dem man geliebt wird. Doch dann nahm das Schicksal eine drastische Wendung.
Vor ziemlich genau zweieinhalb Jahren war Ian aus purem Pech an dem sprichwörtlichen falschen Ort zur falschen Zeit gewesen. Auf dem Heimweg von seiner Freitagnachmittags-Golfpartie hatte Becky ihn angerufen und gebeten, bei einem Liquor-Store vorbeizufahren und eine
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