Der Kruzifix-Killer
Ladens, doch Garcia kümmerte sich erst einmal um den Wein.
»Entschuldigen Sie, wo ist bitte das Weinregal?«, fragte er.
»Ganz hinten«, sagte die blonde Verkäuferin mit einem erneuten Lächeln.
Die Auswahl war zwar nicht grandios, andererseits war Garcia ohnehin kein Experte auf diesem Gebiet. Er traf seine Wahl nach dem Preis. Je teurer, umso besser sollte er sein , dachte er sich. Dann ging er zu den Blumen zurück und suchte einen schönen Strauß mit Rosen aus.
»Das wäre alles«, sagte er und legte die Sachen auf die Theke.
»Das macht dann bitte 40,95 Dollar.«
Garcia reichte ihr drei Zwanzig-Dollar-Scheine.
»Sie ist eine beneidenswerte Frau«, sagte die blonde Verkäuferin, als sie ihm das Geld reichte.
»Wie bitte?«
»Die Dame, für die die Blumen sind … sie ist zu beneiden.« Sie lächelte erneut, und Garcia fiel auf, wie jung und hübsch sie aussah.
»Oh! Danke!« Er errötete.
»Wohnen Sie hier in der Gegend?«
»Ähm … nein, ich musste nur noch schnell ein paar Sachen besorgen. Das hier liegt auf dem Heimweg«, log er.
»O … wie schade, aber vielleicht kommen Sie ja wieder einmal vorbei?«
Garcia hatte keine Antwort darauf, also lächelte er nur verlegen.
Als er zu seinem Wagen ging, sinnierte er über die kleine Begegnung gerade eben nach. Er konnte kaum glauben, dass die Verkäuferin ihn angemacht hatte. So etwas war ihm seit einer Ewigkeit nicht mehr passiert.
Außer einem nagelneu aussehenden Chevy-Van war sein Wagen der einzige auf dem Parkplatz. Er machte die Beifahrertür auf und deponierte die Rosen vorsichtig auf dem Sitz. Seine Gedanken kehrten zu den Ereignissen des Tages zurück. Er konnte es noch immer nicht richtig fassen, dass Jenny Farnborough und Victoria Baker sich derart ähnlich sahen. Garcia glaubte nicht an Zufälle, aber er glaubte auch nicht, dass das gleichzeitige Verschwinden der beiden Frauen geplant gewesen war. Der Killer behielt seine Opfer nicht lange. Wenn er sie verschleppt hatte, tauchten sie binnen weniger Tage verstümmelt und tot wieder auf. Vicki Baker war sein Opfer gewesen, Jenny Farnborough war vermutlich nur verschwunden.
Auf einmal fiel Garcia ein, dass sie D-King immer noch beschatten ließen. Angesichts der sich überstürzenden neuen Erkenntnisse der letzten Stunden hatte er komplett vergessen, die Beschattung abbrechen zu lassen. Sie war ja jetzt nicht mehr nötig. Er griff zu seinem Handy, um die Sache sofort zu erledigen, und suchte im Adressbuch nach der Nummer. So vertieft, wie er war, bemerkte er nicht, wie jemand hinter ihn trat. Als er die Spiegelung der dunklen Gestalt auf seinem glänzenden Wagen wahrnahm, war es bereits zu spät. Bevor Garcia sich herumdrehen und seinem Angreifer stellen konnte, spürte er einen scharfen Stich seitlich im Hals.
Das Mittel wirkte fast sofort. Garcia verschwamm alles vor den Augen, und er spürte, wie seine Knie unter ihm nachgaben. Sein Handy fiel zu Boden – er hörte noch den krachenden Aufschlag. Er versuchte, sich an seinem Wagen festzuhalten, doch es war schon zu spät. Der Fremde zog ihn bereits zu dem parkenden Van hinüber.
54
J erome hatte noch eine Station vor sich, eine Person, die er aufsuchen wollte, bevor er nach Hause fahren und wieder eine alptraumhafte Nacht verbringen würde. D-King hatte ihm einen Auftrag gegeben, nur einen – die Leute zu finden, die Jenny entführt hatten.
Er hatte schon viele Leute sterben sehen, auf viele verschiedene Arten, und nicht wenige davon durch seine eigene Hand. Es hatte ihm nie etwas ausgemacht. Der sterbende Ausdruck auf ihren Gesichtern war ihm nie im Gedächtnis haften geblieben, doch die Szenen von der DVD, die er mit D-King in der Limousine gesehen hatte, ließen ihn nicht mehr los. Er schlief schlecht und aß kaum noch. Er vermisste Jenny. Er hatte sie gern gemocht: immer ein Lächeln auf den Lippen, immer positiv. Egal, wie schlimm eine Situation zu sein schien, Jenny fand immer eine gute, eine lustige Seite daran.
Inzwischen war Jerome seit fast zwei Wochen an der Sache dran. Er hatte von jedem noch so schmutzigen seiner Kontakte aus der Unterwelt einen Gefallen eingefordert. Jede Information hatte zum nächsten Drecksack geführt. Der neueste auf seiner Liste war ein heruntergekommener Junkie namens Daryl.
Das Netz aus Schmutz um das Geschäft mit Snuff-Movies war dicht gewebt. Niemand schien irgendetwas zu wissen, und wenn doch, dann redeten sie nicht. Die Information, die Jerome bekommen hatte, lautete, dass
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