Der Kruzifix-Killer
Geld hinblättern. Er befühlte den anderen Umschlag in seiner Jackentasche. Hallo, neuer Wagen , dachte er und grinste breit.
Culhane vermutete, dass das Mädchen auf dem Foto in Schwierigkeiten steckte. D-King war ziemlich gut zu seinen Mädchen – schöne Wohnungen, teure Klamotten, Drogen gratis, ein Leben wie ein Superstar. Er hatte noch nie gehört, dass eine von ihnen abgetaucht wäre.
Er könnte damit anfangen, die Krankenhäuser zu checken, aber das würde eine Ewigkeit dauern. Er überlegte kurz, zog dann sein Handy heraus und rief Peter Talep an, einen guten Freund bei der Vermisstenstelle des LAPD.
»Peter, hier ist Mark vom Drogendezernat, wie geht’s? Sag mal, könntest du mir einen kleinen Gefallen tun …«
Die Abteilung für vermisste Personen beim LAPD war 1972 eingerichtet worden. Ihr Zuständigkeitsbereich war das gesamte Stadtgebiet von Los Angeles. Über fünfundzwanzig Detectives kümmerten sich dort um vermisst gemeldete Erwachsene. Peter Talep war einer von ihnen.
Peter und Culhane trafen sich in der Eingangshalle des South Bureau Police Departments an der 77th Street. Wenn Culhane Peter bitten wollte, inoffiziell in der Vermisstendatenbank nach jemandem zu suchen, musste er ihm eine gute Geschichte auftischen, sonst riskierte er hochgezogene Augenbrauen. Also erzählte er ihm, Jenny sei eine seiner wichtigsten Informantinnen aus der Drogenszene und irgendwann im Lauf der letzten zweiundsiebzig Stunden verschwunden. Culhane wollte, dass Peter über den Zugang seiner Abteilung die Krankenhausdatenbank überprüfte.
»Hast du ein Foto von dem Mädchen?«, fragte Peter.
»Leider nicht, deswegen muss ich selbst mit dir die Daten durchgehen. Fotos von Informanten können einem einen Haufen Scherereien einbringen«, log Culhane. Wenn D-King die Sache verschwiegen behandelt wissen wollte, wäre es keine so gute Idee, Peter das Foto zu geben.
»Na gut, wonach suchen wir?«
»Eine Frau, kaukasischer Typ, ungefähr drei-, vierundzwanzig, blond, blaue Augen, sieht umwerfend aus. Wenn du ein Foto von ihr sehen würdest, wüsstest du sofort, was ich meine«, sagte Culhane mit einem verschmitzten Grinsen.
»Wann hattest du das letzte Mal Kontakt zu ihr?«
»Letzten Freitag.«
»Hat sie vielleicht Familie in der Nähe, irgendwen, der sie als vermisst melden würde?«
»Nein, ich glaube nicht, sie lebt allein. Ihre Familie ist von außerhalb.«
»Fester Freund oder Ehemann?«
»Nein.«
»Das heißt, niemand würde sie vermisst melden? Du bist der Erste?«
»Genau«, bestätigte Culhane.
»Also, wenn sie am Freitag verschwunden ist, dann bist du viel zu früh dran«, sagte Peter und schüttelte den Kopf.
»Wie meinst du das? Wieso zu früh?«
Peter rollte sich auf seinem Schreibtischstuhl vom Computer weg. »Sämtliche Einträge, die wir in unserer Datenbank haben, beziehen sich auf Personen, die von irgendjemandem vermisst gemeldet wurden – einem Familienangehörigen, dem Freund, wem auch immer. Normalerweise bringen die Leute ein Foto mit und füllen dann eine Vermisstenmeldung aus, du kennst ja das Prozedere. Und diese Meldung wird dann in die Vermisstendatenbank eingespeist. Wenn jemand nicht vermisst gemeldet wird, gibt’s auch keinen Eintrag.«
»Ja, aber was ist mit nicht identifizierten Personen, zum Beispiel namenlose Einlieferungen in den Krankenhäusern?«
»Die gibt’s eigentlich nicht oft.«
»Mag sein. Aber es gibt sie doch, oder?«
»Schon, aber dann müssten sie entweder bewusstlos sein oder unter Amnesie leiden. In diesem Fall würde das Krankenhaus für gewöhnlich zwischen sieben und vierzehn Tage warten, bevor sie den Patienten tatsächlich als namenlos bezeichnen und uns melden. Dann gleichen wir das Bild, das uns das Krankenhaus geschickt hat, mit der Datenbank ab, und wenn sich da kein Treffer ergibt, wird das Foto in die Datenbank für nicht identifizierte Personen eingespeist. Das heißt, wenn sie am Freitag verschwunden ist und niemand sie als vermisst gemeldet hat, dann ist es viel zu früh, um in der Datenbank nach ihr zu suchen. Falls sie bewusstlos in irgendeinem Krankenhaus liegt oder das Gedächtnis verloren hat, musst du entweder warten, bis sie wieder zu sich kommt, oder Krankenhaus für Krankenhaus abklappern, oder du kannst in zwei Wochen wieder bei mir nachfragen.«
»Mist!«
»Tut mir leid, Mark, aber ich fürchte, ich kann im Moment nichts für dich tun.«
»Schon gut. Trotzdem danke.«
Vor dem Gebäude des South Bureau Police
Weitere Kostenlose Bücher