Der Kruzifix-Killer
zu lösen. Wenn es nur immer so einfach wäre!
Garcia war zum Detective befördert worden, kurz nachdem man das erste Opfer gefunden hatte, und er verfolgte den Fall damals so genau wie möglich. Als Mike Farloe verhaftet und in den Medien als Kruzifix-Killer präsentiert wurde, wunderte Garcia sich, wie jemand, der eine so geringe Intelligenz zu besitzen schien, es geschafft hatte, sich derart lange einer Festnahme zu entziehen. Garcia erinnerte sich, wie er zu dem Schluss gelangt war, dass die Polizisten, die mit dem Fall betraut waren, nicht besonders gut sein konnten.
Als er sich jetzt die Pinnwand mit den Fotos ansah, überkam Garcia eine Mischung aus Erregung und Angst. Nicht nur, dass er jetzt ein führender Ermittler in einem Serienmörder-Fall war, nun war er ein führender Ermittler im Kruzifix-Killer-Fall. Das hatte fast etwas Unwirkliches.
Hunter schaltete seinen Computer an und sah zu, wie der Bildschirm zum Leben erwachte. »Verkraftest du das alles, Grünschnabel?«, fragte er Garcia. Er spürte das Unbehagen seines Partners angesichts der Fotos.
»Was? O ja, klar«, erwiderte Garcia und wandte sich zu Hunter um. »Das ist eine ganz eigene Kategorie des Bösen.«
»Das kannst du laut sagen.«
»Was bringt jemanden dazu, solche Verbrechen zu begehen?«
»Also, wenn du die klassischen Motive für Mord willst, dann wären das: Eifersucht, Rache, Gier, Hass, Angst, Mitleid, Verzweiflung, Vertuschung eines anderen Verbrechens, Vermeidung von Schande oder einer Bloßstellung oder das Streben nach Macht.« Hunter schwieg einen Moment. »Was Serienmörder antreibt, sind Motive wie: andere zu manipulieren, zu beherrschen, zu kontrollieren, sexuelle Befriedigung oder schlicht und einfach Lust am Töten.«
»Dieser Killer scheint das Ganze zu genießen.«
»Stimmt. Es verschafft ihm eine Befriedigung, allerdings nicht sexueller Art. Ich würde sagen, er genießt es, zuzusehen, wie Menschen leiden.«
»Er?«, fragte Garcia gespannt.
»Die Art der Verbrechen legt den Schluss nahe, dass der Killer männlich ist.«
»Inwiefern?«
»Zunächst mal ist die überwiegende Mehrzahl von Serienmördern männlichen Geschlechts«, erklärte Hunter. »Weibliche Serienmörder töten fast immer aus finanziellen Motiven, für einen materiellen Gewinn. Das kommt zwar auch bei männlichen Serienkillern vor, ist aber eher selten. Dafür stehen bei Männern sexuelle Motive ganz oben auf der Liste. Forschungen haben außerdem ergeben, dass weibliche Serienkiller normalerweise Menschen töten, die ihnen nahestehen, also den Ehemann, Familienmitglieder oder Menschen, die von ihnen abhängig sind. Männliche Killer dagegen töten häufiger völlig Fremde. Des Weiteren töten Frauen eher leise, mit Gift oder auf andere unblutige Weise, z.B. durch Ersticken. Bei Männern dagegen zeigt sich eine größere Bereitschaft, den Prozess des Tötens mit Folter oder Verstümmelung zu verbinden. Wenn Frauen sadistische Morde begehen, dann meist in Zusammenarbeit mit einem Mann.«
»Unser Killer arbeitet aber allein«, schloss Garcia.
»Jedenfalls haben wir keinen anderweitigen Hinweis. Dann kommt der Aspekt der körperlichen Stärke hinzu. Für die meisten Kruzifix-Morde war ein gewisses Maß an Körperkraft notwendig, vor allem, wenn die Opfer an einen anderen Ort getragen werden mussten. Womit ich nicht sagen will, dass eine Frau dazu nicht in der Lage wäre, allerdings müsste sie ziemlich stark und fit sein. Wenn man all diese Überlegungen zusammennimmt, gelangt man zwangsläufig zu dem Schluss, dass der Killer männlich sein muss.«
Die beiden Detectives schwiegen eine Weile. Garcia wandte sich wieder zu den Fotos um. »Und was haben wir nun zu den bisherigen Opfern? Was für eine Verbindung gibt es?«, fragte er, begierig, mit der Arbeit anzufangen.
»Keine.«
»Wie bitte? Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?«, sagte Garcia kopfschüttelnd. »Du willst doch wohl nicht sagen, dass du und dein Team zwei Jahre an diesem Fall gearbeitet habt, ohne irgendeine Verbindung zwischen den Opfern herstellen zu können?«
»Doch. Genauso ist es.« Hunter stand auf und trat zu Garcia vor die Pinnwand. »Sieh dir die Fotos an. Was, würdest du sagen, ist die Altersspanne der Opfer?«
Garcias Blick wanderte von Bild zu Bild und ruhte auf jedem für einige Sekunden. »Ich bin nicht sicher, aber ich würde schätzen, so Anfang zwanzig bis Mitte sechzig.«
»Ziemlich weit, oder?«
»Schon, ja.«
»Und was, würdest du sagen, ist der
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