Der Kugelfaenger
Tom wütend an und schnauft schwer. Dann steht er auf und wandert zum Fenster hinüber. „Dass du in deinem letzten Job im Januar versagt hast, hat viel zu viel Wirbel verursacht. Und du hast damit der Firma erheblichen Schaden zugefügt. Es wäre jetzt einigermaßen genug Gras über die ganze Sache gewachsen und nun fängst du schon wieder an, erneuten Staub aufzuwirbeln, indem du einen unserer wichtigsten Kunden durch den Dreck ziehst. Aber das schlimmste ist ja nicht, dass sie über dich herfallen werden, sondern über mich. Über meine Sicherheitsfirma. Die werden uns in der Luft zerreißen.“
Natürlich, seine Firma geht ihm wieder einmal über alles, denkt Tom grimmig. Sogar über seinen eigenen Sohn.
„Aber was ich gerne wissen würde: Warum hast du das getan?
Warum
?“
Tom schweigt beharrlich.
David schüttelt den Kopf, räuspert sich kurz, dann fährt er fort: „Aber kannst du dir vorstellen, was für mich
persönlich
am schlimmsten ist?“ Er setzt sich wieder an seinen Schreibtisch. „Am schlimmsten ist für mich, dass du mich so dermaßen hintergangen hast. Dir hat niemand den Auftrag erteilt, für Kingsley zu arbeiten. Du hast eigenmächtig den Job an dich genommen, während du offiziell Urlaub hattest. Und dass du anschließend versucht hast, diesen ganzen Skandal zu vertuschen, macht es noch schlimmer.“
Tom hebt seinen Kopf und sieht seinen Vater direkt an.
Woher weißt du das?
„Du hast gedacht, wenn deine Isabelle die Kaution stellt, dann fällt das nicht weiter auf. Das blöde ist ja nur, dass mich dieser Anwalt angerufen hat. Ansonsten hätte ich vielleicht nicht davon erfahren. Dir wäre mit Sicherheit etwas eingefallen.“
Tom gibt ihm noch immer keine Antwort. Denn wenn Isabelle die Kaution nicht gestellt hätte, dann wären sie vielleicht heute noch zusammen.
David atmet tief ein. „Wenn ich auf den Rat deiner Mutter hören würde, dann wärst du schon längst arbeitslos. So manche würden nämlich gerne deinen Kopf rollen sehen. Und das dürfte dir weniger gefallen. Und deshalb möchte ich dir noch eine Chance geben, weil du mein Sohn bist. Ich weiß nicht wie viele es bisher schon waren, aber diese hier ist die Letzte. Wirklich die
Allerletzte
.“ David sieht seinen Sohn mit zusammengekniffenen Augen an. „Und wenn du diese auch wieder verspielst wie die anderen, dann sehe ich wirklich schwarz für dich. Kohlrabenschwarz. Ich kenne dann keine Gnade mehr. Und was dann ist, das weist du selbst.“
Tom ballt unwillkürlich die Hände zu Fäusten. Er hasst es, wenn sein Vater so mit ihm spricht. Und vor allem wenn von seiner
Stiefmutter
die Rede ist. Sie mag vielleicht die Mutter von Rusty sein, aber ganz bestimmt nicht die seine!
David sieht Tom unverwandt an. „Ich muss jetzt erstmal Schadensbegrenzung betreiben und deshalb kann ich dich hier überhaupt nicht brauchen. Ich denke, dass es besser ist, wenn du für eine Weile aus New York verschwindest. Du solltest so weit wie möglich weg aus den Staaten. Und darum will ich, dass du so bald wie möglich nach England fliegst und dort deinen Job machst. Und wenn du zurückkommst, können wir
vielleicht
über deine weitere Zukunft bei mir sprechen.“
„Das kann doch nicht dein Ernst sein.“ Tom blickt ihm in seine eingesunkenen Augen.
Oder etwa doch?
Kann er so etwas tun?
Sein Vater sieht schnell zur Seite. „Ich habe von einem Freund aus London eine Nachricht bekommen. Er braucht einen Personenschützer für ein Model. Ich möchte dass du auf diese Frau aufpasst. Und ich will keine Beschwerden hören.“
„Ich habe noch nie auf ein Model aufgepasst“, wendet Tom ein. Er hat nicht vor, sich so leicht geschlagen zu geben.
Sein Vater ist unerweichlich. „Das macht nichts. Ein Model ist auch nur ein Mensch.“ Er lächelt böse, wenn man das überhaupt als
lächeln
bezeichnen kann. „Und reiß dich gefälligst zusammen. Ich möchte nichts Negatives über dich hören. Du wirst dich dort drüben in London bedeckt halten. Du wirst keine Aufmerksamkeit auf dich ziehen. Du wirst dich endlich mal so verhalten, wie es sich für einen Personenschützer gehört. Ach, übrigens: Zieh dir mal etwas anderes an. Du stinkst.“
„Kann ich so ohne weiteres hier abhauen? Ohne Probleme?“
„Ich denke nicht, dass bei dir Fluchtgefahr besteht. Aber wenn es sein muss, werde ich einfach an der richtigen Stelle ein bisschen Druck ausüben.“
„Du willst also, dass ich am Ende der Welt abtauche?“
„Ja, tauch ab, tauch unter,
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