Der Kulturinfarkt
– ein Eingriff in den Markt, sie bestimmt den Umfang eines Angebots, dessen Preis und wie es sich zum Konkurrenzangebot verhält. Wirtschaftliche Parameter verändern sich für alle Marktteilnehmer, wenn manche von ihnen öffentlich gefördert werden und andere nicht, oder auch wenn Marktteilnehmer in unterschiedlichem Umfang gefördert werden. Das ist besonders bei Angeboten relevant, die einander ähnlich sind. Das eine passiert dann immer: Wo gefördert wird, werden nicht geförderte, ähnliche oder für Nachfrager ähnlich erscheinende Angebote im Markt erschwert, verdrängt, gar verhindert.
Ordnungspolitik klingt wie ein halb versunkener Begriff aus einem Einführungskurs in die Volkswirtschaft aus den fünfziger Jahren. Der Begriff bezeichnet in einem weiter gefassten Sinn staatliche Maßnahmen, die der Aufrechterhaltung und der Regelung der inneren und äußeren Ordnung, der (Rechts-)Sicherheit und des Wirtschaftslebens dienen. Im engeren Sinn meint Ordnungspolitik alle staatlichen Maßnahmen, die auf Rahmenbedingungen des Wirtschaftens, auf Erhalt, Anpassung und Verbesserung der Wirtschaftsordnung gerichtet sind. Alle rechtlichen Regelungen, um Transparenz und Fairness im Wettbewerb zu gewährleisten, gehören beispielsweise hierher. Unter marktwirtschaftlichen Vorzeichen kommt es darauf an, dass die Wirtschaftssubjekte eine gleiche Ausgangslage für ihre wirtschaftliche Betätigung finden.
Hinter dem Begriff steht ein auch kulturpolitisch höchst relevanter Ansatz für öffentliches Handeln. Die Tätigkeiten von privaten Wirtschaftssubjekten und Staat nachvollziehbar und sinnvoll abzugrenzen ist ein wichtiges Thema von Ordnungspolitik. Nach dem Lehrbuch hätte der Staat sich darauf zu beschränken, den Rahmen für das Handeln der Privatsubjekte zu setzen, also zum Beispiel Kartelle zu verbieten und dieses Verbot durchzusetzen, Monopole zu vermeiden oder, wo sie unvermeidlich sind, zu regulieren, Marktzugänge zu ebnen. In der Praxis ist der Staat in seinem meritorischen Handeln Teilnehmer im Markt, er handelt selbst als Wirtschaftssubjekt, konkurriert mit Privaten. Gleichzeitig setzt er die Regeln für diese Konkurrenz. Der potenzielle Interessenkonflikt zwischen staatlichen Instanzen als kulturellem Akteur auf der einen und dem Staat als Garant einer kulturpolitischen Marktordnung auf der anderen Seite lässt sich nicht auflösen, solange öffentliches Geld meritorisch ausgegeben wird. Nur ein sensibles Verhalten der öffentlichen Geldgeber kann hier Verzerrungen verhindern.
An einigen Beispielen sei dargestellt, wie ordnungspolitische Sensibilität die derzeitige Förderpraxis beeinflussen kann.
Wo eine öffentliche Subvention dazu führt, dass privatwirtschaftliche Angebote in der kulturellen Bildung (etwa: privater Musikunterricht) durch öffentlich geförderte Angebote (etwa: kommunal finanzierter Musikschulunterricht) verdrängt werden, ist abzuwägen, ob die gewünschten kulturellen Wirkungen tatsächlich rechtfertigen, dass Verwerfungen im Markt hergestellt werden, die sich bis in die wirtschaftlichen Chancen von Künstlern hinein auswirken. Es kann ja sein, dass die Qualität des Musikschulunterrichts für das öffentliche Musikschulsystem spricht. Es kann aber auch sein, dass die Musikschulen und ihre Verbände solche Qualität behaupten, um die Institution und deren Arbeitsbedingungen zu erhalten.
In der Theaterförderung agieren die öffentlichen Hände derzeit mit sehr verschiedenen Instrumenten. Zunächst zu den freien Theatern. Theatergruppen wird eine Produktionsförderung gegeben; Gegenstand der Förderung ist dann die Inszenierung. Theater werden durch Sachleistungen unterstützt, etwa indem sie zu vergünstigten Bedingungen Zugang zu Probebühnen erhalten; Fördergegenstand sind hier Arbeitsbedingungen, je nach Fördervereinbarung unabhängig von einem konkreten Projekt. Ein dritter Zugriff ist die Förderung von Abspielungen, teils direkt über eine Theatertruppe, teils durch die Unterstützung des Abspielorts, teils indirekt durch die Subventionierung von Abspielorten (Gastspielhäusern, Festivals, soziokulturellen Zentren etc.). Geht man noch tiefer, kann es weitere Förderungen geben, etwa soziale Vergünstigungen, Stipendien, Preise.
Übersichtlicher ist die institutionelle Förderung öffentlicher Theater. Hier werden Strukturen unterstützt, in denen dann – oft mit unscharf formuliertem Mandat – Theater produziert und abgespielt wird. Die Arbeitsbedingungen hier sind
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