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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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gefischt, in den er gestern abend gefallen und ertrunken ist.«
    »Den Tobias? Wer war das?«
    »Ach, es war wohl ein leichtfertiger, alter Mensch, der sich den bösen Trunk angewöhnt hatte und nicht davon lassen wollte, und wenn man's recht bedenkt, ist es vielleicht ein Glück für ihn und uns alle, daß ihn der liebe Herrgott zu sich genommen hat; wenn es nur nicht auf eine gar zu traurige Weise geschehen wäre. Und dann waren wir doch miteinander Geschwisterkind, und gestern noch hat ihn der gnädige Herr aus dem Hofe schaffen lassen, weil er im Trunke heraufgekommen war und sich wohl unanständig oder unehrerbietig betragen hatte.«
    »Das tut mir recht leid, Sibylle,« sagt« Georgine, »jetzt aber seien Sie so gut und schicken Sie das Frühstück für den Herrn herauf – Sie haben doch das blaue Zimmer heizen lassen?«
    »Ach du mein Himmel, das habe ich in dem Schreck ganz vergessen!«
    »Dann müssen Sie es hier hereinschaffen. In die eiskalte Stube können wir den Herrn nicht führen.«
    »Soll gleich alles besorgt werden!« rief Sibylle, die in dem Augenblicke selbst den armen Tobias über das Frühstück vergaß. Im nächsten schoß sie auch schon wieder den Gang entlang, und Herr von Silberglanz atmete freier. Vergebens suchte er aber das Gespräch auf den früheren Gegenstand zurückzulenken; Georgine wich ihm entschieden aus, und bald wurden draußen wieder Schritte laut, denn die Hausmagd kam mit den bestellten Speisen, deckte den Tisch mit zwei Kuverts und blieb, auf Georginens Befehl, im Zimmer, falls noch etwas gebraucht werden sollte, bis ihr Gast gegessen und getrunken hätte. Georgine selber nippte nur an einem Glase Wein, das Herr von Silberglanz für sie eingeschenkt.
    Erst wie er abgegessen, verließ die Magd das Zimmer wieder, um das Geschirr fortzutragen, und Georgine wandte sich jetzt an ihren Gast: »Herr von Silberglanz,« sagt« sie, und so kalt und ruhig sie dabei blieb, bebte doch ihre Stimme und verriet die Aufregung, in der sie sich befand, »ich muß Sie jetzt bitten, mich zu verlassen und heute nicht zu mir zurückzukehren.«
    »Dein ganzen Tag nicht – und wollen Sie meinen Tod?«
    »Lassen Sie jetzt ihre Übertreibungen,« unterbrach ihn die Frau,und ihre Brauen zogen sich finster zusammen, sollte ich noch in den Fall kommen, Ihren Beistand in Anspruch zu nehmen, so müssen Sie dabei wie ein Mann, nicht wie ein junger verliebter Geck handeln, und vor allem dürfen wir hier keinen Verdacht erregen. Sind Sie in eigener Equipage gekommen?«
    »Nein, mit einem Lohnkutscher von der letzten Eisenbahnstation.«
    »Desto besser. Haben Sie irgendeinen vernünftigen Vorwand, sich heute den Tag über hier im Orte aufzuhalten?«
    »Vortrefflichen,« lautete die rasche Antwort, »ich erkundige mich nach den Kornpreisen und sehe mir das Getreide an, kaufe auch, wenn ich es zu einem annehmbaren Preise bekommen kann, und adressiere es an eine Firma in ***.«
    »Sehr gut. Auf wie lange haben Sie Ihren Kutscher gemietet?«
    »Auf unbestimmte Zeit; ich kann ihn gleich wieder fortschicken, oder ihn und seine Pferde so lange behalten, wie und wohin ich sie brauche. O, wenn ich hoffen dürfte ...«
    »Meinen Sie es ehrlich und aufrichtig mit mir?«
    »Können Sie zweifeln, holdeste der Frauen?« rief Herr von Silberglanz, und schien nicht übel Lust zu haben, sich wieder auf ein Knie vor ihr niederzulassen; Georginens Ernst aber hielt ihn zurück.
    »Wollen Sie mir nur meiner selbst, nicht anderer eigennütziger Absichten wegen helfen?« fuhr die Frau fort.
    »Aber, teuerste Georgine.«
    »Antworten Sie mir klar und deutlich auf die Frage.«
    »Ich beschwöre Sie.«
    »Ja oder nein!«
    »Ja denn; können Sie etwas anderes glauben?«
    »Gut,« erwiderte die junge Frau, indem ein tiefer Seufzer ihre Brust hob, »ich will es wagen.«
    »Befehlen Sie über mich.«
    »Jetzt nicht. Tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe. Beschäftigen Sie sich heute ausschließlich mit dem Getreide in Schildheim. Morgen früh aber vor Tage schicken Sie Ihren Kutscher mit dem Gepäck nach Hottweil, der nächsten Eisenbahnstation. Ich selber werde Ihnen heute abend spät noch eine Kiste und einen Koffer hinuntersenden, die er mitnimmt.«
    »Sie machen mich zum Glücklichsten der Sterblichsten!« rief von Silberglanz, der über diese rasche Wendung wie den kaum geahnten, seine kühnsten Hoffnungen überschreitenden Erfolg selber so erstauntwar, daß er keine Worte fand, seine Bereitwilligkeit auszudrücken. »Und

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