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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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lächelte Georgine. Und wäre Herr von Silberglanz wirklich solch ein Menschenkenner gewesen, wie er eben beschrieb, er hätte das halb höhnische Lächeln, das um die Lippen der jungen Frau spielte, verstehen müssen und nicht zu seinen Gunsten deuten können. So aber fuhr er mit seiner süßesten Stimme fort: »Nur Ihretwegen, holde Georgine, die ganze Reise; nur deshalb, um von ihren Lippen die Bestätigung zu hören und Ihnen meine Hilfe anzubieten oder das Gegenteil zu erfahren und – selig in dem Bewußtsein, Sie glücklich zu wissen – wieder heimzufahren.«
    »Und wie glauben Sie, daß mein Mann eine solche Einmischung in seine Rechte aufnehmen möchte?« sagte Georgine, die indessen aufgestanden war und die Tür geöffnet hatte, um sich zu überzeugen, daß die Wirtschafterin nicht mehr draußen stehe – aber der Gang war leer, und sie nahm ihren Platz wieder ein.
    »Er ist verreist – ich bin ihm unterwegs begegnet,« erwiderte Herr von Silberglanz rasch, »er wird sogar, wie ich unten im Dorfe hörte, vor drei, vier Tagen nicht wieder zurückkehren.«
    »Das ist allerdings so und hat sich zufällig getroffen. Sie aber mußten doch darauf rechnen, ihn hier zu treffen.«
    »Ich habe Glück, gnädige Frau,« schmunzelte Herr von Silberglanz, »wirklich ganz schmähliches Glück, bei allem, was ich angreife, darauf verlaß ich mich stets, und es hat mich noch nie betrogen. Außerdem kennt mich Ihr Herr Gemahl gar nicht persönlich, denn wenn ich Sie in *** aufsuchte, wußte ich es immer so einzurichten, daß er abwesend war. Aber es hätte auch nichts gemacht, wenn ich ihn wirklich zu Hause fand. Um irgend eine Anrede wäre ich nicht verlegen gewesen; konnte ich mich doch den ganzen Weg hierher darauf vorbereiten, und einmal hätte sich schon die Gelegenheit geboten. Sie allein zu sprechen; ich wäre wenigstens nicht eher wieder fortgegangen. So aber half mir mein altes Glück, und Sie können mir ungestört Ihr Herz ausschütten.«
    »Und wenn ich Ihnen nun einfach sage, daß sich jener Herr von Zühbig vollständig geirrt?«
    »Dann glaube ich es Ihnen nicht!« rief von Silberglanz schnell. »Ihr bleiches Antlitz, das sonst in Jugendfrische und Gesundheit gerötetwar, sagt Nein. Ihre matten Augen, der wehmütige, schmerzkündende Zug um den Mund, das alles spricht lauter, als Sie es selbst bestätigen könnten, für meine Behauptung, und wollen Sie jetzt noch leugnen, daß ich recht habe?«
    »Und wenn Sie recht hätten,« sagte Georgine bitter, »was könnten Sie mir helfen?«
    »Was ich Ihnen helfen könnte?« rief Silberglanz erstaunt, »ich liebe Sie – sehen Sie mich nicht so finster an, göttliches Weib – ich bin rein toll vor Liebe, sage ich Ihnen – nicht ruhen und schlafen habe ich können, als ich gehört habe. Sie wären unglücklich – keinen Frieden hat's mir gelassen, bis ich im Wagen saß und zu Ihnen durfte. Und was ich Ihnen helfen kann? – ich habe Geld – ich bin reich – mit Geld ist alles zu machen in der Welt. – Was wollen Sie mehr?«
    Georgine wandte den Kopf von ihm ab und biß ihre Unterlippe; ihr Stolz empörte sich gegen die Liebesbewerbung dieses Menschen, und doch mußte gerade er – gerade jetzt, in diesem Augenblicke ihr nahen, wo ihre Fesseln sie ärger drückten als je. Sie fühlte dabei, daß sie ihrer Bewegung nicht länger Meister war – sie mußte Zeit gewinnen, und aufstehend ging sie zur Tür und zog die Glocke.
    »Was wollen Sie tun?« rief Herr von Silberglanz erschreckt, denn ein ähnliches Glockenzeichen in solchem Moment bildete eine von den Erinnerungen seines Lebens, bei denen er gerade nicht mit Vorliebe weilte.
    »Sie sind so weit gefahren,« antwortete Georgine ruhig, »ich kann Sie doch nicht ohne Frühstück lassen.« »Aber ich gebe Ihnen mein Wort ...«
    »Es ist alles vorbereitet – ich danke Ihnen vorderhand für Ihr freundliches Anerbieten – lassen Sie mir Zeit, darüber nachzudenken.«
    »Aber wenn Monsieur Bertrand zurückkehren sollte?«
    »Sie meinen den Baron von Geyfeln?«
    »Ja – gewiß – versteht sich – wenn der Baron zurückkehren sollte?«
    »Sie sind ja um keine Ausrede verlegen,« lächelte Georgine. »Frühstück für den Herrn,« sagte sie dann laut, als die Wirtschafterin die Zimmertür öffnete, »aber was ist denn, Sibylle, Sie haben ja geweint?«
    »Ach, denken Sie sich nur das Unglück, gnädige Frau,« sagte dieAlte, sich die Tränen trocknend, »den armen Tobias unten im Dorfe haben sie eben aus dem Bache

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